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Stadtwerke Wie weiter mit der Fernwärme?

Die neue Fernwärme-Satzung ist im Stadtrat Wernigerode knapp durchgefallen. Interview mit Steffen Meinecke, Geschäftsführer der Stadtwerke.

17.12.2015, 23:01

Volksstimme: Die Fernwärmesatzung für Wernigerode ist im Stadtrat gescheitert. Wie kommentieren Sie dies?

Steffen Meinecke: Der Stadtrat hat eine Entscheidung getroffen, wir haben diese zur Kenntnis genommen.

Warum setzen die Stadtwerke auf Fernwärme?

Fernwärme ist in unseren Augen eine sehr umweltschonende und wirtschaftliche Form der Wärmeversorgung. Das Thema Klimaschutz ist welt-, europa- und bundesweit, aber auch hier in Wernigerode auf kommunaler Ebene ein Thema. Die Stadtverwaltung trägt dem Rechnung, die Stadtwerke unterstützen dies. Beim Kunden ist Fernwärme komplett emissionsfrei. Das erhöht die Lebensqualität in der Stadt.

Was sind Vor- und Nachteile der Fernwärme?

Wir sehen in erster Linie Vorteile. Fernwärme hat eine hohe Versorgungsqualität und -sicherheit. Die Preise sind seit mehr als zehn Jahren stabil. Die Belieferung ist sogar so zuverlässig und komfortabel, dass praktisch kein Kunde mehr auf seinen Fernwärmeanschluss verzichten möchte. Unsere Fernwärmekunden sind äußerst zufrieden. Bei Bauarbeiten ist hocheffiziente Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung, wie sie bei uns erzeugt wird, nach dem EEWärmeG (Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich) erneuerbaren Energien gleichgestellt.

Anwohner des Seigerhüttenwegs haben sich dennoch im Vorfeld gegen den Anschlusszwang gewehrt.

Die Anwohner haben geglaubt, dass sie ihre bestehenden Heizungsanlagen stilllegen müssen. Das ist nicht der Fall – es hätte Bestandsschutz gegolten. Wer sich etwa vor zwei Jahren eine neue Heizung einbauen ließ, hätte diese behalten können. Bei Neubauten wäre der Anschluss hingegen Pflicht. Die Satzung, in ihrer aktuellen und neuen Fassung, lässt im Übrigen Ausnahmen zu – wenn man sich komplett mit erneuerbaren Energien versorgt. Die Stadt hätte, wie bei der jetzigen Fernwärmesatzung schon, überdies jederzeit eine Befreiung aussprechen können. Ebenso hätten wir als Stadtwerke aus wirtschaftlichen Gründen einen Anschluss ablehnen können – zum Beispiel, wenn die Zuleitung zu lang und die Kosten unverhältnismäßig hoch wären.

Aber warum soll sich jemand anschließen müssen, der nicht will?

Zwang klingt negativ, ist es aber nicht per se. Anschlusszwänge gibt es zum Beispiel auch beim Trinkwasser sowie bei der Abwasserentsorgung – damit wird die Preisstabilität gesichert. Bei der Wahl der Heiztechnologie trifft jeder Bauherr vor Baubeginn bereits eine Entscheidung. Nach dieser Entscheidung ist ein Wechsel dieser Heiztechnologie nicht mehr ohne Weiteres möglich, man bindet sich an diese meist für viele Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte. Die Fernwärme lebt von hoher Anschlussdichte. Das führt zu günstigen und stabilen Preisen. Nachdem das Gewerbegebiet Smatvelde angeschlossen war, wäre es für uns unkompliziert gewesen, auch den Seigerhüttenweg einzubinden. Wir akquirieren aber auch Fernwärmekunden unabhängig von der Satzung.

Kritiker sagen, die geplante Satzungsänderung bringe kaum Einsparungen beim Kohlendioxidausstoß.

In den Bereichen, die zum Satzungsgebiet hinzukommen sollten, hätten sich die CO2-Emissionen um fast 50 Prozent, also etwa 1.548 Tonnen jährlich, verringert. Das hat eine Studie der Experten des Beratungsunternehmens infas enermetic ergeben. Das wäre und ist aus unserer Sicht ein lohnenswertes Ziel und keineswegs nur eine geringe Einsparung. In Wernigerode zählen bisher zwölf Prozent des Stadtgebietes zum Fernwärmesatzungsgebiet. Nach der Änderung wären es 17 Prozent gewesen. Es gibt auch Städte, deren Fernwärmesatzung 100 Prozent des Stadtgebietes umfasst.

Was sagen Sie zur Kritik, dass sich die Stadtwerke eine Monopolstellung verschaffen wollen?

Eine Satzung ist nicht dazu da, die Interesse Einzelner abzubilden. Das Gemeinwohl hat Vorrang, aber eben auch der Klimaschutz, ebenso wie die Wertschöpfung vor Ort. Wir haben außerdem keine Monopolstellung. Nicht überall, wo Fernwärme anliegt, bestehen Satzungsgebiete. Insofern besteht eine Konkurrenz zu anderen Energieträgern. Mitunter treten wir mit uns selbst in Konkurrenz. Schließlich verkaufen wir auch Erdgas.

Wird es einen neuen Vorstoß in Sachen Fernwärmesatzung geben?

Diese Entscheidung muss die Stadtverwaltung treffen.