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Statistik Bunte Stadt mit Magnetwirkung

Die Bevölkerung schrumpft und altert - auch in Wernigerode. Doch die Geburtenzahl bleibt konstant, und es ziehen mehr Menschen her als weg.

Von Katrin Schröder 30.03.2017, 01:01

Wernigerode l Die Demografie zieht wie ein Gespenst durchs Land. Die Bevölkerung schrumpft, die Menschen werden älter, die Jüngeren weniger. Das gilt auch für Wernigerode – allerdings schlägt die Entwicklung längst nicht so dramatisch zu wie andernorts.

Das können Michael Zagrodnik und Caroline Mudrow mit Zahlen belegen. Die Mitarbeiter der Wernigeröder Stadtverwaltung beschäftigen sich mit Stadtplanung und führen seit 2005 Buch darüber, wie viele Menschen in Wernigerode und den Ortsteilen leben.

Für das Monitoring des Programms „Stadtumbau Ost“ sammeln sie Daten, um den Effekt von Stadtumbauprojekten zu ermitteln. „Daran erkennt man aber auch den Erfolg einer Stadt“, sagt Zagrodnik. Demnach ist Wernigerode eine Erfolgsgeschichte – obwohl auch hier die Demografie zuschlägt.

Denn aus den Zahlen ergeben sich zwei Botschaften. Die erste: „Wir liegen leider im Trend und verlieren seit der Wende ununterbrochen Einwohner“, sagt Michael Zagrodnik. 1995 zählte die Stadt genau 37.385 Einwohner. 20 Jahre später waren es nur mehr 33.530.

Das verwundert nicht beim Blick auf Geburten und Sterbefälle. Pro Jahr werden 230 bis 250 Babys in Wernigerode geboren. Im gleichen Zeitraum sterben 450 bis 500 Menschen.

Relativiert werden die Fakten durch die zweite Botschaft, die besagt: Die Schrumpfkur fällt bisher nicht so radikal wie erwartet. Das zeigt zum Beispiel die Bilanz bei Zu- und Wegzügen. „Seit 2009 fällt sie ausgeglichen oder positiv aus“, betont Michael Zagrodnik. Wer die Zuzügler sind, kann er nur vermuten, aber in Frage kommen Studenten der Hochschule Harz – die sich allerdings nach dem Examen zum Teil verabschieden – und Senioren, die in der Stadt ihren Altersruhesitz wählen. Der durchschnittliche Wernigeröder ist übrigens 47 Jahre alt und damit nur geringfügig älter als der Durchschnittsdeutsche mit 46 Jahren.

Dabei ist die Zahl der Geburten ist weitgehend konstant – und das bei immer weniger Müttern. 2005 sind noch 6654 Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 und 45 Jahren erfasst worden, 2016 waren es lediglich 5105. Das bedeutet: Die Geburtenrate steigt – von 1,22 Kinder pro Frau im Jahr 2010 auf 1,43 im Jahr 2016.

Die positive Entwicklung stellt die Stadtplaner vor Probleme: Lohnt es sich, in den Erhalt und Ausbau von Kindereinrichtungen und Schulen zu investieren? Während mittel- und langfristige Prognosen einen Rückgang der Kinderzahlen vorsehen, sind hier und heute die Häuser voll.

Hinzu kommt, dass mehr Menschen von außerhalb in die Stadt zur Arbeit fahren als umgekehrt. „Viele kommen aus den umliegenden Orten“, weiß Michael Zagrodnik. Er vermutet, dass möglicherweise der eine oder andere seinen Wohnsitz in Wernigerode nehmen würde, wenn die Stadt mehr Wohnraum bieten könnte. Doch neue Wohngebiete auszuweisen, sei nicht einfach. Eine denkbare Erweiterung des Stadtgebiets auf der grünen Wiese müsse beantragt werden, werde streng geprüft und nicht unbedingt genehmigt.

Einwohner gewonnen haben die Ortsteile Benzingerode, Minsleben und vor allem Reddeber, in denen neue Eigenheime entstanden. Silstedt hat die Einwohnerzahl von knapp über 1000 fast gehalten, wohingegen Schierke dramatisch verloren hat – von 920 im Jahr 1995 auf 566 Einwohner im Jahr 2015. Im Vergleich zu anderen Kommunen steht Wernigerode als Ganzes jedoch gut da. Binnen zehn Jahren hat sich die Einwohnerzahl um sieben Prozent verringert. Der Kreisschnitt liegt bei elf Prozent Verlust, der Landesschnitt bei neun.

Die Schlussfolgerung, die die Stadtplaner aus den Daten ziehen, ist positiv. „Der Standort Wernigerode ist attraktiv“, sagt Michael Zagrodnik – wegen der starken Wirtschaft, der Hochschule und anderen weichen, aber wichtigen Standortfaktoren. Dennoch werde Wernigerode weiter Einwohner verlieren – vermutlich bis auf rund 31.000 im Jahr 2030. Doch mit Prognosen sei es so eine Sache, sagt Zagrodnik. „Sie treffen nie ein.“