Tiere Findelkind wird Filmstar

Als Fundtier kam Rotwildkalb Paula 2016 in den Wildpark „Christianental“ in Wernigerode. Jetzt wird sie Filmstar.

Von Uta Müller 02.06.2017, 01:01

Wernigerode l Ganz wie ein Profi besteigt Paula die Rampe in den Anhänger, der sie zu ihrem neuen Zuhause bringt. Gierig macht sich das Rotwildkalb aus dem Wernigeröder Christianental über die Haferflocken her. Paula wirkt entspannt. Anders sieht es bei Diana Heinrichsen und Sven Meichau aus. Die beiden haben das Rotwildkalb mit der Hand aufgezogen. Jetzt heißt es für die Tierpfleger aus dem Wildpark Abschied nehmen.

Raina Schulz, Inhaber einer Filmtierschule, nimmt Paula mit in den brandenburgischen Landkreis Potsdam-Mittelmark. Das Gelände in der Nähe von Altengrabow ist das neue Heim des Kalbs mit den treuen Augen. Momentan leben auf der Ranch neben typischen Bauernhoftieren acht ausgebildete Hunde, zwei weiße Ziegen, Esel, Hühner, ein Muli, Pferd und sogar ein Wildschwein.

In mehr als 100 Filmen und Serien sind die Tiere von Raina Schulz bereits zu sehen gewesen: „Anonymus“ von Regisseur Roland Emmerich, „Die Vermessung der Welt“ und im Kinderfilm „Conni und Co“. Zur Zeit stehen seine Hühner in der Komischen Oper in Berlin für „Carmen“ auf der Bühne.

Seit mehr als 30 Jahren bildet der Tiertrainer Hunde aus. „Inzwischen hauptsächlich für Film, Fernsehen und Bühne“, so Raina Schulz.

Das Schmaltier, wie der weibliche Hirsch in der Fachsprache der Jäger heißt, wurde im vergangenen Jahr als Findelkind im Wildpark „Christianental“ abgegeben. Wahrscheinlich hatte das Kitz seine Mutter bei einem Waldbrand verloren. Paula wurde deshalb mit der Flasche aufgezogen. Laut Sven Meichau würde sie in der freien Wildbahn nicht überleben. „Durch die Handaufzucht ist Paula sehr auf Menschen fixiert“, erklärt Wildpark-Mitarbeiter Frank Lüddecke. Die Prägung sei so stark, dass es für das Kitz sehr schwer war, Kontakt zum Rudel aufzunehmen. Im Christianental teilen sich Rothirsche ein weitläufiges Gehege mit Sika- und Damwild.

„Sie hat sich in der Herde nie richtig wohl gefühlt, hat immer die Nähe zu den Menschen gesucht“, so der Wildparkchef. Im Oktober hat Paula erstmals feste Nahrung in Form von klein geschnittenen Äpfeln, Möhren und Haferflocken zu sich genommen. Sorge hatte Lüddecke, dass sie den Winter nicht überlebt, da ihr Abwehrstoffe aus der Muttermilch fehlten. Im Frühjahr hat sie schließlich begonnen, Gras zu fressen. „Da wussten wir, sie hat es geschafft“, sagt Frank Lüddecke.

Bei Tiertrainer Raina Schulz wird das Waldtier nun auf eine Karriere in Film und Fernsehen vorbereitet. Sven Meichau nimmt schweren Herzens Abschied von seinem Findelkind. „Vielleicht fahre ich sie besuchen, meine Eltern wohnen ganz in der Nähe.“