Tourismus Camping-Boom dank Corona

Camping im Harz liegt voll im Trend. Bis zu 200 Anfragen täglich hat Corina Nitschke für ihren idyllischen Zeltplatz in Schierke.

Von Julia Bruns 29.06.2020, 01:01

Schierke l Die Corona-Krise lässt so manchen Trend wieder aufleben. Derzeit profitiert die Camping-Sparte von den Beschränkungen in der Reisebranche. 200 Buchungsanfragen erreichen allein Corina Nitschke täglich – 24 Stunden, sieben Tage die Woche klingelt das Telefon. „Die Nachfrage ist enorm“, verrät sie. Die Betreiberin von Harz Camping in Schierke freut es. Nach einer langen Durststrecke geht es von Null auf 100: „Vom 21. März bis 15. Mai war nicht ein Gast auf dem Zeltplatz“, blickt sie zurück. In dieser Zeit hätte sich die Tierwelt den Platz zurückerobert. „Besonders auffällig war, dass sich die Vögel in die Nistkästen getraut haben“, sagt sie.

Dann wurden die Reisebeschränkungen gelockert und es durften wieder Menschen aus Sachsen-Anhalt zu uns kommen. Das seien lediglich vier, fünf Gäste gewesen, erinnert sie sich. „Und dann kam der 28. Mai, der Tag, an dem Sachsen-Anhalt wieder für alle offen war. Und von einem Tag auf den anderen war der Platz voll“, sagt sie.

Es seien vor allem Reisende aus Niedersachsen, Hamburg, Braunschweig und Hannover, die die Auszeit in der Natur suchten. Für sie biete Camping gerade aktuell mehrere Vorteile: keine langen Flugreisen in Hotspots in diesem Jahr, dafür Urlaub um die Ecke. Zelten – das ist auch flexibel und günstig. „Das Interesse an Camping hat in den letzten Jahren zugenommen. Schon 2019 war die Nachfrage groß, allerdings über die gesamte Saison verteilt“, sagt Corina Nitschke. Ob das an dem speziellen nordischen Charme oder am allgemeinen Outdoor-Trend liegt, vermag sie nicht zu sagen. Der Zeltplatz am Stern, kurz vor dem Ortseingang zu Schierke, verfügt über mehrere Besonderheiten, wie sie beim Rundgang verrät. So gibt es keine Parzellen. Das Zelt wird dort aufgeschlagen, wo Platz ist. Zudem sei der Platz 365 Tage im Jahr offen. Und ja – es gebe durchaus einige verrückte Camping-Freunde, die im Winter bei Schnee und Eis ihr Zelt aufschlagen. „Die Verweildauer liegt bei etwa drei Tagen. Dies ist kein Platz, auf dem man den Jahresurlaub verbringt“, erklärt sie.

Die Leute kämen vor allem für Kurztrips, erkunden den Brocken und die naheliegende Umgebung. „Die Leinwand-Villa, also das Hauszelt, sieht man hier eher selten bis gar nicht“, sagt sie und lacht.

„Und wir haben nicht einen Dauercamper – andere Plätze leben davon, wir haben 20 000 Übernachtungen pro Jahr.“ Damit sei Harz Camping einer der größten Kurtax-Zahler in der Region.

Inspiriert wurde Familie Nitschke beim Aufbau der Anlage im Jahr 2002 vor allem vom Vorbild Schweden. Die begeisterten Aktiv-Urlauber haben auf ihrem eigenen Platz das verwirklicht, was sie als Camper selbst zu schätzen wussten. Mit dem Fahrrad ist die Familie zum Nordkap geradelt, berichtet Corina Nitschke.

Details wie die schwedenroten skandinavischen Hütten finden sich deshalb ebenso wie drei Schlittenhunde, die aufgrund ihres gehobenen Alters keine Schlitten mehr ziehen müssen. Zuvor befand sich auf dem Gelände ein Forstlagerplatz und zu DDR-Zeiten war dort die Volkspolizei stationiert. Die Familie beräumte das Gelände, baute zwei Übernachtungshütten, Sanitäranlagen, Küche, Rezeption und Entsorgungseinrichtungen und sorgte auch für die nötige Infrastruktur für Wohnmobile und Caravan.

Ärgerlich sei, dass es eine wachsende Zahl wilder Camper gebe, die ihr Wohnmobil an Waldwegen abstellen und Jauche und Müll aus den Chemietoiletten in der Natur entsorgen. „Wir haben in Schierke miterlebt, wie Wohnmobilfahrer ihren Müll an Parkplätzen entsorgt haben“, erinnert sie sich. „Da kam uns die Idee, selbst für die nötige Infrastruktur zu sorgen.“

Beim Zelten selbst gelten die üblichen Hygienevorschriften. In der Küche stehen weniger Stühle, um Abstände einzuhalten, im Bad sind Trennwände zwischen den Waschplätzen aufgestellt worden, und das Urinal ist derzeit gesperrt.