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Verkehr Stadt verteilt 6000 Knöllchen mehr

Fast 26 000 Falschparker ließen sich im vergangenen Jahr von Wernigerodes Politessen ertappen.

Von Ivonne Sielaff 29.01.2020, 01:11

Wernigerode l Wernigerodes Politessen hatten 2019 gut zu tun: Insgesamt 25 857 Falschparker gingen ihnen ins Netz. Die Parkraumüberwacher, wie sie im Verwaltungsjargon heißen, stellten 23 760 Verwarnungen und 2097 Bußgeldbescheide aus. Allein für die Verwarnungen landeten 284 724 Euro im Stadtsäckel - den Parkersündern sei dank.

Häufigstes Vergehen: das Parken ohne Parkschein. Insgesamt 3880 Mal ließen sich Autofahrer dabei erwischen. Es folgen auf den Plätzen zwei bis fünf: Parkverbot für eine Zone (3704), Überschreiten der Parkzeit auf dem Ticket (2235), Parken im absoluten Halteverbot (2197) und Parken ohne Parkscheibe (1591).

Die Anzahl der geahndeten Verstöße ist im Vergleich zu 2018 deutlich gestiegen. Da verteilten die Politessen nur 19 759 Knöllchen – also gut 6000 weniger als 2019.

Wie es zu dem deutlichen Knöllchenplus gekommen ist? Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt Wernigerodes Ordnungsamtschefin Anja Münzberg. Zum Jahresanfang seien zwei neue Mitarbeiter zur Parkraumüberwachung eingestellt worden. Das spiegele sich in den Zahlen wider. Zumal davor bei den Politessen hoher Krankenstand geherrscht habe. Über viele Wochen seien vier bis sechs Kollegen ausgefallen.

Aktuell überwachen insgesamt acht Mitarbeiter des Ordnungsamtes den „ruhenden Verkehr“ – also die parkenden Fahrzeuge in Wernigerode und den Ortsteilen. Sieben Tage die Woche, wochentags von 5 bis 18 Uhr im Dreischichtsystem.

Der Personalstamm sei dank der neuen Kollegen „stabiler“ geworden, schätzt Anja Münzberg ein. „Und das war auch so gewollt.“ In Wernigerodes Altstadt gebe es viele enge Straßen und Kreuzungen. „Wir müssen die Rettungswege freihalten. Das ist oberstes Gebot.“

Das Verkehrsaufkommen in der Stadt sei im vorigen Jahr „unwahrscheinlich hoch“ gewesen“, blickt die Ordnungsamtsleiterin zurück. Sicherlich ein weiterer Grund für den Anstieg von Falschparkern. Es sei leider auch so, dass Autofahrer gutgemeinte Ratschläge oft ignorieren, so Münzberg. „Es interessiert nicht, wenn wir sagen: Sie dürfen da nicht stehen. Sie werden verwarnt.“ Viele Menschen seien heutzutage einfach zu bequem. „Sie wollen alle am liebsten bis vor die Tür fahren.“

Schierke sei einer der Brennpunkte. Oftmals sind die Rettungswege in Brockenstraße, Bahnhofstraße und Barenberg zugestellt. „Solange das Parkhaus und die Parkplätze nicht voll ausgelastet sind, besteht keine Notwendigkeit, sich verkehrswidrig hinzustellen“, sagt Anja Münzberg. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes seien regelmäßig oben. „Wenn schönes Wetter ist, einmal öfter.“ In der Kernstadt konzentriere sich das Falschparken vor allem auf die Marktstraße, die Mittelstraße vor der Bank und den Hasseröder Ferienpark. „Ansonsten verteilt es sich.“

Anja Münzberg sieht einen weiteren Problemfall: Die untere Breite Straße werde sich nach Abschluss der Bauarbeiten zum Schwerpunkt entwickeln. „Aufgrund der breiten Fußwege“, so die Amtsleiterin. „Die laden zum Parken ein.“ Die Straße wird seit einigen Jahren abschnittsweise ausgebaut. Das Verkehrskonzept sieht den Wegfall aller Parktaschen vor – zugunsten des Fußwegs und eines sicheren Streifens für Radfahrer. Die zuletzt vom Stadtrat eingeforderte Tempo-10-Regelung wird derzeit im Rathaus geprüft.

Apropos Tempo: 4797 Mal klickte im vergangenen Jahr die Kamera des städtischen Blitzerautos. 94 599 Euro spülten die Sünder in die Stadtkasse. Etwa 4600 Mal waren sie bis zu 20 km/h zu schnell. 160 Mal hatten Autofahrer bis 30, 22 Mal bis zu 40 km/h zu viel auf dem Tacho. Spitzenreiter im negativen Sinne waren drei Raser, die sich mit 50 km/h zu viel erwischen ließen.

Übrigens: Der bei den Wernigerödern berühmt-berüchtigte graue Caddy wird in Kürze ausgemustert. Das Blitzerfahrzeug und seine Technik haben ausgedient. „Wir haben sie noch mal neu eichen lassen“, sagt Anja Münzberg. Ein weiteres Mal sei dies nicht möglich, weil das Gerät veraltet sei. „Das ist Auslauftechnik.“ So werde es immer schwieriger, den Blitzer warten zu lassen – auch weil es keine Ersatzteile mehr gebe.

Für Temposünder ist das kein Freifahrtsschein. Wie vom Stadtrat beschlossen, wird das Ordnungsamt künftig ein Blitzerfahrzeug samt modernster Technik anmieten. Nach der Ausschreibung seien verschiedene Anbieter getestet worden. „Und wir haben uns entschieden.“ Der neue Blitzer werde wegen Lieferschwierigkeiten aber erst im März erwartet.

„Es ist wichtig, dass wir in der Stadt Präsenz zeigen – vor allem in der Nähe von Schulen und Kindergärten.“ Mit der neuen Technik sei dies nun auch in engen, verwinkelten und kurvigen Straßen möglich. Zum Paket gehöre ein Stativ, das bis zu 200 Meter entfernt vom Fahrzeug aufgestellt werden könne. „Dadurch sind wir flexibler.“

Den Vorwurf der Abzocke mit dem Blitzer lässt Anja Münzberg nicht gelten. „Mit 90 000 Euro bessere ich die Stadtkasse nicht auf.“ Die Tempoüberwachung diene der Prävention. So dürfen Lkw-Fahrer im Mühlental nun mal nur Tempo 30 fahren. Und am Ortseingang dürfe nicht gerast werden, wenn kurz darauf eine Fußgängerampel oder wie aus Richtung Ilsenburg die Oskar-Kämmer-Schule kommt. Münzberg: „Prävention ist wichtig - auch vor dem Hintergrund, dass viele Autofahrer geltendes Recht schlichtweg ignorieren und rücksichtslos sind.“ Kommentar