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Versuchter Mord Messerstecher von Wernigerode vor Gericht

Wegen versuchten Mordes ist ein Mann angeklagt, der in Wernigerode einen 19-Jährigen mit Messerstichen verletzt hat. Das Opfer überlebte.

Von Dennis Lotzmann 01.04.2020, 01:01

Wernigerode l Es war eine Tat, die weit über die Grenzen Wernigerodes hinaus für Entsetzen gesorgt und der Bunten Stadt am Harz überregional Schlagzeilen beschert hat: Die brutale Messerattacke auf einen 19 Jahre alten Mann aus Guinea-Bissau im Oktober 2019 im Wernigeröder Wohngebiet Harzblick. Der junge Asylantragsteller erlitt bei dem Angriff nicht nur zahlreiche Messerstiche im Halsbereich, sondern auch massive innere Verletzungen, nachdem er aus einem Fenster rund acht Meter in die Tiefe gestürzt war. Nur dem schnellen Agieren der Ärzte im Klinikum Wernigerode und später in der Uniklinik Leipzig verdankt der 19-Jährige sein Leben.

Auch sein Peiniger – ein nunmehr 23-jähriger Asylantragsteller aus Mali – hat den Ärzten einen maßgeblichen Fakt zu verdanken: Jenen, dass die Anklage vor dem Landgericht Magdeburg „nur“ auf versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung lautet und nicht auf Mord. Was das Strafmaß bei einem Schuldspruch nach Angaben des Magdeburger Landgerichts-Sprechers Christian Löffler auf die Spanne zwischen mindestens drei und maximal 15 Jahre eingrenzt. Bei Mord hätte der Angeklagte mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen müssen. Hier kann laut Strafgesetzbuch frühestens nach 15 Jahren die Strafaussetzung auf Bewährung geprüft werden.

Auch nach Abschluss der Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft bleiben viele Details rund um die Tat nebulös. Unstrittig ist jedoch, dass ein Beziehungskonflikt Ursache für die brutale Tat war.

Nach Informationen der Volksstimme lebte das Opfer, der 19 Jahre alte Suleymane B., mit einer 23 Jahre alten Frau aus Mali in der betreffenden Wohnung im Harzblick-Wohngebiet zusammen. Der Ex-Partner der 23-Jährigen – ein damals 22-Jähriger aus Mali, der zu diesem Zeitpunkt im bayerischen Pöcking lebte – soll am 15. Oktober 2019 nach Wernigerode gekommen und dabei mit dem 19-Jährigen in Streit geraten sein.

Was genau der Auslöser für den heftigen Konflikt war, ist bislang unklar. Klar ist nur – es drehte sich im Kern um die 23-jährige Frau. Die Situation muss offenbar binnen weniger Augenblicke derart eskaliert sein, dass der 22-Jährige zu einem Messer griff, auf den 19-Jährigen losging und ihm lebensgefährliche Verletzungen im Halsbereich zufügte. Beim Versuch, dem Peiniger zu entkommen, sprang der 19-Jährige in der Wohnung im dritten Geschoss auf eine Fensterbank und stürzte schließlich aus rund acht Metern Höhe in die Tiefe. Laut Zeugen soll der Versuch des Opfers, sich doch noch irgendwie außen an der Fensterbank festzuklammern, auch gescheitert sein, weil der Angreifer wohl weiter mit dem Messer herumfuchtelte.

Und damit nicht genug: Laut Polizei verließ der 22-Jährige nach dem Absturz des Opfers die Wohnung und begab sich in den Innenhof des Wohnkomplexes Unter dem Wulfhorn. Dort soll er auf das schwer verletzt am Boden liegende Opfer erneut mit dem Messer eingestochen haben.

Wenig später konnten alarmierte Polizeibeamte den 22-Jährigen – er hat ebenso wie die 23-Jährige und das 19 Jahre alte Opfer in Deutschland Asyl beantragt – festnehmen. Er saß beim Eintreffen der Beamten noch im Innenhof, hatte das Tatmesser noch bei sich und ließ sich nach Informationen der Volksstimme ohne jede Gegenwehr festnehmen.

Offenbar retteten anschließend nur das schnelle medizinische Eingreifen von einer Notärztin und Rettungssanitätern vor Ort und später eine mehrstündige Not-Operation im Wernigeröder Harzklinikum dem lebensgefährlich verletzten Mann aus Guinea-Bissau das Leben. Dennoch war sein Zustand auch nach der Not-OP zunächst weiter kritisch. Er wurde am Tag nach der Attacke mit einem Hubschrauber in die Uniklinik Leipzig verlegt.

Dass dem nunmehr 23-Jährigen vor dem Landgericht Magdeburg versuchter Mord vorgeworfen wird, hat maßgeblich mit dem Tatmotiv zu tun. Nach Informationen der Volksstimme geht die Staatsanwaltschaft von Eifersucht als Tatmotiv aus. Das würde als niedriger Beweggrund gelten und damit einem klassischen Mordmerkmal entsprechen. Zudem könnte der Fakt, dass der Angeklagte auf das schwer verletzt und wehrlos am Boden liegende Opfer weiter eingestochen hat, als heimtückisch eingestuft werden.

Die Staatsanwaltschaft in Halberstadt machte zu diesem Fall keine weiteren Angaben, da bereits vor dem Landgericht Magdeburg Anklage erhoben worden sei.

Das Opfer überlebte dank der medizinischen Hilfe in Wernigerode und Leipzig seine schweren Verletzungen. Der 23-Jährige Angeschuldigte befindet sich seit der Tat in Untersuchungshaft. Um etwaige weitere Übergriffe aus dem Umfeld des Mannes zu verhindern, sind der 19-Jährige aus Guinea-Bissau sowie die 23-Jährige aus Mali mittlerweile streng abgeschirmt anderweitig untergebracht.

Nach Angaben des Magdeburger Landgerichts-Sprechers prüft das Gericht aktuell die Eröffnung eines Hauptverfahrens. Werde diese Frage bejaht, könnte das Verfahren noch im April vor der Schwurgerichtskammer eröffnet werden.