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Wohnungsnot Das rentable Geschäft mit Urlaubern

Mietwohnungen sind hart umkämpft in Wernigerode. Das könnte an der steigenden Anzahl an Ferienobjekten liegen.

Von Julia Bruns 27.08.2016, 01:01

Wernigerode l Sie heißen „Kleine Bergziege“, „Waldblick“ und „An der Eulenburg“: 1564 Ferienwohnungen gibt es in Wernigerode. Zu viele, fürchtet Thomas Schatz (Linke). „Ich halte es für ein Problem, dass Wohnungen unkontrolliert zu Ferienwohnungen umgenutzt werden“, sagte der Lokalpolitiker im Finanzausschuss. „In der Marktstraße ist gefühlt jedes vierte Haus ein Ferienhaus. Dabei suchen viele Familien verzweifelt nach Wohnraum – und finden nichts.“

„Sie haben völlig Recht“, pflichtete ihm Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) bei. Man habe bereits Wohnungen im dreistelligen Bereich in Wernigerode verloren, schätzt er. „Die Nachfrage nach hochwertigen Ferienwohnungen ist groß.“ Er verwies auf die erheblichen Sanierungskosten von Fachwerkhäusern. „Mieten decken diese Ausgaben nicht, selbst in Wernigerode – einer Stadt mit relativ hohen Mietpreisen.“ Mit Ferienapartments erzielen Eigentümer deutlich höhere Renditen. „Und man bindet sich nicht auf lange Zeit an Mieter.“ In der Stadtverwaltung sei man dabei, dem Problem auf den Grund zu gehen, so Gaffert. „Allerdings sind wir bei vielen Gebäuden froh, dass sie überhaupt saniert werden.“ Laut Hendrik Thurm, für den Eigentümerverein Haus & Grund im Stadtrat vertreten, ließen sich Wohnungen in der Altstadt aufgrund des mangelnden Parkraums ohnehin schwierig dauerhaft vermieten. „Da sagen sich dann Investoren, dass man das Gebäude lieber für Ferienwohnungen nutzt. Für Feriengäste ist es kein gravierendes Problem, wenn kein Parkplatz vor der Tür vorhanden ist.“

Erdmute Clemens, Geschäftsführerin der Wernigerode Tourismus GmbH, geht derweil von einer gewissen Dunkelziffer nicht gemeldeter Ferienobjekte aus. „Ferienwohnungen und -häuser müssen im Gewerbeamt angemeldet werden. Aber es gibt viele Anbieter, die das nicht tun“, sagte die WTG-Chefin im Ausschuss.

Ihre Mitarbeiterin Sabine Krüger ist zuständig für Ferienwohnungen und -häuser in Wernigerode und den Ortsteilen. Sie bezweifelt, dass die Anzahl der Ferienwohnungen dramatisch gestiegen ist. „Es hält sich die Wage: Ältere Vermieter von Ferienobjekten geben Wohnungen auf, die Kinder rücken nach. Die Adressen sind meist die gleichen.“

Sie und ihre Kollegen durchforsten das Internet ständig nach Anbietern, die ihr Gewerbe schwarz betreiben. Auf Portalen wie AirBnB, Fewo-Direkt.de und Booking.com werden tausende Wohnungen und Häuser in Wernigerode und Umgebung angeboten. Viele haben zwei und mehr Schlafzimmer.

Im Buchungsportal der Wernigerode Tourismus GmbH sind derweil 208 Anbieter registriert, die einzelne Kontingente über das Internetportal der WTG vertreiben lassen. Was angeboten wird, sei auffällig hochwertig, sagt Sabine Krüger. „In Wernigerode ist der Ausstattungsstand der Ferienwohnungen auf einem sehr hohen Niveau“, sagt sie.