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Wetter Goldbecker belegt Trend zur Trockenheit

Die Regenmesser des Goldbecker Wettersammlers Jürgen Geidies belegen, dass im Vergleich zu den 1990er Jahren ein Drittel weniger Nass fällt.

Von Karina Hoppe 26.04.2019, 18:00

Goldbeck l April, April, der macht, was er will. Eigentlich verheißt dieser Wetterspruch Abwechslung zwischen trocken und nass, bewölkt und Sonne, Wind und Flaute – April­wetter eben. Davon war dieses Jahr nicht viel zu merken, jedenfalls, was den Niederschlag betrifft. Auf der Goldbecker Scholle regnete es gerade mal einen Liter. Für Jürgen Geidies setzt sich damit nur ein Trend fort, den er signifikant seit 2005/2006 beobachtet. Während vorher eine Jahresniederschlagsmenge von 800 bis 900 Litern normal war, liegt sie jetzt bei 600 bis 700 Litern. Im Dürrejahr 2018 gar nur bei rund 480 Litern. Da ist was in Bewegung. Und Jürgen Geidies hält es fest. Seit 1994, mittels elektronischer und mechanischer Messgeräte für Regen, Wind und Temperatur. „Den gefallenen Schnee rechne ich in Liter um“, sagt Jürgen Geidies. Seines Zeichens Geschäftsstellenleiter der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) in Halle und Magdeburg.

Aber zum Wetter. Dies festzuhalten, bedient sich das Goldbecker Gemeinderatsmitglied auch scheinbar banalen Beobachtungen. „Früher war nach dem Regen die Westwand des Hauses nass, heute ist es mindestens in der Hälfte der Fälle die Ostwand.“ Goldbeck erreichen immer mehr Ost- und immer weniger Westwinde. Will im Großen sagen: „Wir werden hier immer mehr von Ost- denn von Westwetterlagen beeinflusst.“ Von kontinentalem Klima also, was im Sommer warm und trocken und im Winter kalt und trocken ist. Dabei decken sich Geidies‘ Messungen mit den ganzen Wettersendungen, die er sieht. Auch danach hänge diese Verschiebung mit dem Schmelzen des Grönlandeises zusammen. In der Folge werde das Meer an der amerikanischen Ostküste kälter, verliert der Golfstrom an Kraft, sind die Ostwetterlagen schließlich stärker als die Westwetterlagen.

Zu Geidies‘ Feststellungen gehört darüberhinaus, dass der Regen häufig über Gewittergüsse in kurzer Zeit en masse fällt. „Landregen, der gut in die Erde geht, gibt es ja kaum noch.“ So kam etwa knapp ein Viertel des wenigen Niederschlags 2018 in nur drei Stunden herunter. Am 7.  Juli regnete es 65 Liter in zwei Stunden, am 9. August nochmal 44 Liter in einer Stunde, macht 109 Liter – 23 Prozent des Jahresniederschlags. Auffällig überdies, dass der Regen immer weniger in früher niederschlagstypischen Monaten fällt. „Der November wird immer trockener, früher waren 60 bis 70 Liter typisch, heute sind es 20, höchstens 30 Liter.“ Das sei vor allem insofern schlecht, als der Boden etwa im November die Feuchtigkeit besonders gut aufnehmen kann.

Geidies vermutet, dass die Magnetfelder der Hochspannungsleitungen, aber auch die vielen Windkraftanlagen in der Nähe den Trend noch beschleunigen. „Schwächere Wolkenfelder aus dem Westen haben es umso schwerer, an Leitungen vorbeizukommen.“

Seine Beoachtungen hält Geidies mehr oder weniger für die gesamte Ostaltmark für gültig. Aber: Der Trend betrifft nicht alle. „In Hannover regnet es dreimal mehr als hier.“ Man könne in Deutschland von Nordwest nach Südost ein Lineal ziehen. In manchen Gegenden regne es auch mehr als früher, „im Schwarzwald zum Beispiel“. Grundsätzlich steige der Niederschlag in Deutschland seit 1880 kontinuierlich an – nur eben nicht hier. Ein Postdamer Institut habe schon vor gut fünf Jahren Landwirten mindestens in der Altmark, der Prignitz und dem Jerichower Land empfohlen, auf trockenresistenteres Saatgut umzustellen.

Die Temperatur ist in Geidies‘ Beobachtungszeitraum um 0,2 bis 0,4 Grad angestiegen. Dabei gelte: Die April- und Mai­monate werden immer wärmer, Juli und August indes sind gar nicht mehr so heiß.

Trockene Ausreißerjahre gab es immer, zum Beispiel 1991, 1974, 1953, 1958. Jetzt aber seien die feuchten Jahre die Ausreißer. Sagt Jürgen Geidies, der 2010 in Rente geht, also bald noch mehr Zeit fürs Wetter hat. Und zum Schluss noch etwas Hoffnung macht: Die trockenen ersten vier Monate 2019 heißen nicht zwingend, dass es so weitergeht: Im Dürrejahr 2018 fielen von Januar bis April „normale“ 165,5 Liter Niederschlag in Goldbeck. Freilich ist die Vegetation von 2018 schon reichlich vorgeschwächt.