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75. Jahrestag Gedenken an den gestrandeten Zug

Vor 75 Jahren ist in Farsleben ein Zug mit 2500 Juden gestrandet. Zu den Gedenkfeiern im April werden Gäste aus aller Welt erwartet.

Von Gudrun Billowie 01.02.2020, 00:01

Wolmirstedt l Peter Lantos saß in dem Zug, der am 8. April 1945 mit 2500 Juden an Bord von Bergen-Belsen losrollte, am 13. April in Farsleben strandete und nie in Theresienstadt ankam. Er war damals fünf Jahre alt. Inzwischen ist er 80, lebt in London und wird im April erneut nach Farsleben reisen. In der Gedenkveranstaltung am 17. April auf Webers Hof wird er über die Geschichte sprechen.

Diese Gedenkveranstaltung wird vom Verein „Gestrandeter Zug“ organisiert. Sie soll an die Geschehnisse erinnern, den Überlebenden eine Stimme geben. Es gibt sie noch, denn in dem Zug saßen etwa 500 junge Menschen und Kinder, wie Peter Lantos.

Menschen, die dabei waren

Zur Gedenkveranstaltung werden 15 bis 20 ehemalige Zuginsassen erwartet. Sie alle sind inzwischen hochbetagt und reisen trotzdem aus den USA, Israel, Ungarn oder England an, viele bringen ihre Angehörigen mit.

Es ist nicht das erste Treffen von Überlebenden. Der amerikanischen Highschool-Lehrer Matthew Rozell organisiert seit 2007 jährliche Treffen von Überlebenden und amerikanischen Soldaten, die diesen Zug befreit haben. Auch er wird in Farsleben sprechen.

Der letzte dieser amerikanischen Soldaten ist Walter Gantz. Der Sanitäter hatte die Überlebenden in Hillersleben versorgt, wollte ebenfalls zum 75. Jahrestag nach Farsleben kommen. Im November ist er verstorben, Walter Gantz wurde 95 Jahre alt.

Weitere Gäste

Das Schicksal der Juden während der Nazizeit bewegt viele Menschen. Ute Lemper, bekannt aus dem Musical „Cats“, wird während der Gedenkveranstaltung singen. Die Künstlerin lebt in New York und widmet sich unter anderem Komponisten der Zwischenkriegszeit und der Kriegsjahre, kennt das Netzwerk der Überlebenden. Zur Gedenveranstaltung auf Webers Hof zu singen, sei ihr ein Herzensbedürfnis, haben die Mitglieder des Vereins „Gestrandeter Zug“ erfahren. Weiterhin hat der israelische Sänger  Omri Vitis sein Kommen zugesagt. „Er ist in besonderer Weise mit der Geschichte des Zuges verbunden“, weiß Museumsleiterin und Vereinsmitglied Anette Pilz, „seine Großmutter gehörte zum Transport.“ Ebenso hat der Schauspieler Pierre Rieu, Sohn des Geigers André Rieu, angekündigt, dabei zu sein.

Innenminister Holger Stahlknecht ist Schirmherr des Vereins „Gestrandeter Zug“ und wird ebenfalls während der Gedenkveranstaltung reden.

Der Ablauf

Die Gedenkveranstaltung beginnt am Freitag, 17. April, um 13 Uhr auf Webers Hof und wird etwa zwei Stunden dauern. Die Überlebenden, ihre Angehörigen sowie Gäste sollen in der Scheune Platz finden. Das Geschehen soll auf eine Leinwand im Hof übertragen werden, sodass auch weitere Besucher, die innen keinen Platz finden, daran teilhaben können.

Der Gedenkstein

Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung wird der Gedenkstein an den Farsleber Gleisen enthüllt. Der wird in einem regionalen Steinmetzbetrieb beschriftet. Die Inschrift wurde mit einigen der Überlebenden abgesprochen. Sie lautet: „Befreiung - 13. April 1945“, und zwar in deutscher, hebräischer und englischer Sprache.

Diesem Gedenkstein kommt eine besondere Bedeutung zu, denn noch immer kehren Überlebende und ihre Nachkommen an die Stätte ihrer Befreiung zurück. Sie sollen dort einen Punkt finden, an dem sie innehalten können, wo ihr Schicksal buchstäblich in Stein gemeißelt ist.

Die Idee, einen Stein zu setzten, hatte schon vor langer Zeit Ron Chaulet, der in den Niederlanden eine stiftung zur Errichtung eines Gedensteins gegründet hat.

 

Zweite Gedenkveranstaltung

Genaugenommen wird es zwei Gedenkveranstaltungen geben, der Verein „Gestrandeter Zug“ musste bei der Organisation einige Besonderheiten beachten. Der 13. April, der Tag, an dem der Zug 1945 strandete, ist Ostermontag, ungeeignet für eine Gedenkfeier. Am 15. April 1945 wurde das Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit. Dorthin reisen Überlebende und wollen diesen Besuch mit dem Besuch in Farsleben verbinden.

Doch nicht alle können zum 17. April anreisen. Das jüdische Pessach-Fest dauert bis zum 16. April, orthodoxe Juden reisen erst danach und werden bis zum 17. April um 13 Uhr nicht ankommen. Deshalb wird es am Dienstag, 21. April, um 13 Uhr eine weitere Gedenkveranstaltung auf Webers Hof geben.

 

Die Ausstellung

Im Museum wird am Donnerstag, 16. April, um 17 Uhr die Ausstellung „13. April 1945 - Farsleben - Der gestrandete Zug“ eröffnet. Dort spricht unter anderem Micha Tomkiewicz aus New York, der mit seiner Mutter im Zug war.