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Adventsmarkt Missverständnisse bringen das Aus

Der kleine Adventsmarkt im Wolmirstedter Lustgraben wurde abgesagt. Die Enttäuschung war groß. Was war schief gelaufen? Eine Spurensuche.

Von Gudrun Billowie 08.12.2017, 00:01

Wolmirstedt l Die Bewohner des Lustgrabens und ihre Freunde haben das ganze Jahr über voller Freude auf das erste Adventswochenende geblickt. Immer wieder haben sie Papierdiamanten gebastelt, Dekorationsgegenstände aus Holz hergestellt und je näher der erste Advent rückte, um so mehr haben sie sich in ihre Küchen verzogen und Plätzchen und Stollen gebacken, Aufstriche und Schmalz zubereitet. Sogar Bier wurde gebraut, denn aus dem Treber, den ausgelaugten Rückständen des Malzes, wollten sie Brot backen. Zudem besorgten sie sich ein Gesundheitszeugnis aus dem Landratsamt. Doch dann bekamen sie Post aus dem Wolmirstedter Rathaus. Ein Merkblatt.

Darauf waren gesetzliche Bestimmungen aufgeführt, die beachtet werden müssen, wenn Lebensmittel in Umlauf gebracht werden. Unter anderem war dies nur gestattet, wenn diese Lebensmittel in einer Küche zubereitet wurden, die amtlich abgenommen und den Hygienebestimmungen professioneller Küchen entspricht. Ob die häuslichen Küchen diesen Vorgaben genügen, wussten die Lustgrabenbewohner und ihre Freunde nicht, aber ob dieser und anderer Forderungen waren sie ziemlich verschreckt.

Sie überlegten, ob sie ihre Küchen von Hygienefachkräften überprüfen lassen, aber die Weihnachtsleckereien waren zusammengenommen in etwa sieben bis zehn Küchen entstanden und unter diesen Umständen erschien den Lustgrabenbewohnern und Freunden der Aufwand sehr übertrieben. Dennoch haben sie sich mehrmals zusammen mit Rathausmitarbeitern im Landratsamt erkundigt, aber war ist zu keiner Lösung gekommen.

Die Alternative, Weihnachtsgebäck im Supermarkt zu kaufen und im Lustgraben zu verkaufen, erschien ihnen absurd, zumal gerade das Selbstgemachte den Charme dieses kleinen Adventsmarktes versprühen sollte. Das Ende vom Lied: Sie sagten die ganze Aktion ab. Das bedauerten nicht nur die Macher, sondern auch viele Bürger und außerdem standen viele Fragezeichen im Raum. Vor allem die Frage, warum Kuchenbasare zu Schul-, Kindergarten- und Ortsfesten seit jeher dazugehören und dort offenbar bisher niemand Anstoß genommen hat, obwohl auch diese Kuchen in häuslichen Küchen gebacken wurden.

„Offenbar hat es hier ein großes Missverständnis gegeben“, sagt Susanne Ladenthin, die im Landkreis als amtliche Tierärztin im Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung arbeitet. Ihrer Meinung nach sprach eigentlich nichts dagegen, dass die Lustgrabenbewohner und Freunde ihre liebevoll selbsthergestellten Köstlichkeiten verkaufen können. Vorgaben, wie das Kochen und Backen in einer professionellen Küche, greifen in diesem Fall nicht. „Wir unterscheiden, ob solche Aktionen einmalig oder regelmäßig durchgeführt werden“, erklärt Susanne Ladenthin, „das Gesetz bietet die Möglichkeit, dass bei einmaligen Aktionen bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt werden müssen.“ Dazu zählt beispielsweise, dass Kuchen nicht zwingend in einer professionellen Küche gebacken werden müssen.

Der Lustgrabenadventsmarkt, der nur an einem Nachmittag im Jahr offen ist, fällt unter diese Einmaligkeit, so wie andere Vereins-, Straßenfeste oder Schulpartys auch. Natürlich müssen auch dabei hygienische Bestimmungen eingehalten werden. Dazu zählt beispielsweise, dass offen gelagerte Lebensmittel wie Kuchen geschützt werden, damit kein Staub darauf kommt oder niesende Kunden ihnen nichts anhaben können. Außerdem muss eine Handwaschgelegenheit mit fließendem Wasser vorgehalten werden. Dafür genügt in der Regel ein Kanister mit einem Wasserhahn, Seife und Handtuch.

Solcherlei Klarheit wollten zuständige Landkeismitarbeiter bei den Lustgrabenbewohnern und ihren Freunden schaffen, doch da war der kleine Adventsmarkt schon abgeblasen. Die amtliche Tierärztin Susanne Ladenthin empfiehlt, dass sich Veranstalter grundsätzlich im Vorfeld beim Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung erkundigen. „Wir können beraten und helfen. Dazu müssen wir wissen, welche Lebensmittel verwendet werden, dann können wir das Risiko abschätzen.“ Im Hinblick auf den Lustgrabenadventsmarkt sagte sie: „Ich hoffe, dass wir das im nächsten Jahr hinkriegen.“

Die Lustgrabenbewohner und ihre Freunde hoffen das auch. Die Basteleien bieten sie bereits am 17. Dezember in der Zeit von 14 bis 17 Uhr im Museum an. Der Erlös kommt dem Wolmirstedter Jugendverein zugute. Die Plätzchen verspeisen sie vermutlich selbst.