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Ausstellung Herr Lehmann zeigt Medizintechnik

Hartmut Lehmann präsentiert in der Adler-Apotheke Medizintechnik, die aus dem Wolmirstedter Krankenhaus stammt.

Von Gudrun Billowie 21.10.2016, 01:01

Wolmirstedt l Hartmut Lehmann schraubt ein Beatmungsgerät in der Halterung fest. Ein Schild verrät 1975 als Baujahr, das Gerät wurde schon längst aus dem Krankenhausbetrieb ausgemustert. Hartmut Lehmann rettete dieses Beatmungsgerät so wie weitere gefühlt tausend Exponate vor dem Müllhaufen der Krankenhausgeschichte. Nun hat sich für den Sammler gar ein langgehegter Traum erfüllt. Die Geräte, mit deren Hilfe Mediziner einst diagnostizierten, Beschwerden linderten oder heilten, werden nun in einer Dauerausstellung gezeigt.

Die ausgestellte historische Medizintechnik ist eng mit der Geschichte des Wolmirstedter Krankenhauses verbunden. Von Mitte der 60er Jahre an bis zum Ende der DDR-Zeit dienten sie dem Wohl der Patienten. „Die meisten Geräte wurden nach der Wende ausgemustert und durch neue Standards ersetzt“, weiß Hartmut Lehmann.

Hartmut Lehmann kennt viele der Geräte persönlich. 32 Jahre lang hat er sich um die Medizintechnik des Krankenhauses gekümmert und 2007 in den Ruhestand verabschiedet. Als Grundlage für seine Arbeit diente ein Physikstudium, inzwischen bietet die Magdeburger Universität ein Medizintechnikstudium an.

Auch das Arbeitsfeld hat sich gewandelt. Heute wird vieles über Computer geregelt, zu DDR-Zeiten waren Handarbeit und Erfindergeist gefragt. „Wir haben eng mit den Ärzten zusammengearbeitet“, erzählt er. Es kam vor, dass Ärzte bestimmte Vorstellungen äußerten und die Medizintechniker danach die Geräte konzipierten, entwickelten und sogar anfertigten. Die stammten damit quasi aus eigener Krankenhauswerkstatt und wurden viele Jahre verwendet. Andere Geräte wurden im sächsischen Raum, in Polen oder der damals noch existierenden Tschechoslowakei produziert. „Wir haben die Geräte beschafft, das Personal in die Bedienung eingewiesen und am Ende die Geräte auch wieder entsorgt.“

Hartmut Lehmann kann zu fast jedem Gerät eine Geschichte erzählen. Das eingangs erwähnte Beatmungsgerät war sehr hochwertig und wurde von einem Anästhesisten persönlich aus der damaligen Medizinischen Akademie, der heutigen Uni-Klinik, mit nach Wolmirstedt gebracht.

Das älteste Stück der Ausstellung ist jedoch eine Röntgenkugel aus dem Jahr 1935. Sie erfüllte gut vierzig Jahre ihren Dienst, mit ihr wurden bis in die Siebziger Jahre unter anderem Knochenbrüche „fotografiert“.

Stolz ist Hartmut Lehmann auf die Sammlung der Herzschrittmacher. „Sie wurden in Wolmirstedt seit 1979 implantiert“, weiß der Medizintechniker. Die Reihe zeigt, dass sie im Laufe der Jahre immer kleiner wurden. Die größten Schrittmacher wurden „Hallorenkugeln“ genannt, nicht weil sie aus Schokolade hergestellt wurden, sondern weil sie verhältnismäßig voluminös daherkamen und in Halle produziert worden sind.

Schrittmacher werden gewöhnlich rechts unter den Brustmuskel implantiert. „Bei Jägern jedoch links, damit sie weiterhin das Gewehr anlegen konnten.“

Manche Exponate hätten es ohne ihre Geschichte nicht in die Ausstellung geschafft. So wie das Rasiermesserset, mit dem Patienten vor Operationen die Haare entfernt wurden. „Damit hat doch immer der Berthold Müller rasiert“, haben Krankenschwestern erzählt. Der Name des Pflegers steht noch immer auf dem vergilbten Etikett des Messersets.

Hartmut Lehmann möchte, dass ehemalige Krankenhausmitarbeiter ihr Arbeitsleben in der Sammlung wiederfinden, aber sie soll auch jungen Medizintechnikern Wissen vermitteln. „Heute lässt sich oft nicht mehr in das Innere der Technik schauen“, weiß Hartmut Lehmann, „diese alten Geräte sind transparent und die Wirkprinzipien sind noch immer dieselben.“ Das kann helfen, die Funktionsweise heutiger Medizintechnik zu verstehen.

Seine gesammelten Werke hat er zunächst im Krankenhaus aufbewahrt. Beinahe wären sie hinüber gewesen, denn während sie im Chirurgiekeller lagerten, geriet der beim Hochwasser 2002 unter Wasser. Hartmut Lehmann hat alles gerettet, sieben Mal zog die Sammlung um, selbst mit nach Haldensleben, als das Wolmirstedter Krankenhaus die Türen für immer geschlossen hatte. „Ich bin sehr froh, dass nun Apotheker Konrad Riedel diesen Platz dauerhaft neben dem Apothekenmuseum zur Verfügung stellt.“

Die Ausstellung wird das erste Mal am Mittwoch, 26. Oktober, gezeigt. Da der Platz sehr begrenzt ist, bittet Hartmut Lehmann Interessenten jedoch, einen anderen Termin zu vereinbaren. Der Kontakt wird über die Adler-Apotheke vermittelt. Hartmut Lehmann verspricht: „Ich stehe auch kurzfristig für Führungen bereit.“