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Ausstellung Portraits im Wolmirstedter Museum

Im Wolmirstedter Museum ist die Ausstellung "Warum guckst du so?" eröffnet. Hier geht es um Portraits - lange vor den Handy-Selfies.

Von Gudrun Billowie 09.08.2018, 01:01

Wolmirstedt l Die Schlossdomäne hat ihr Gesicht verändert. In den Fenstern und Türen des Museums, des Bürgerhauses und der Bibliothek hängen Portraits. Auf knallfarbigen Untergrund sind Gesichter gedruckt, deren Bilder die Zeit überdauerten. Diese Bilder sind dort nicht zufällig angebracht, sondern weisen auf die neueste Ausstellung des Museums hin. Die heißt: „Warum guckst du so?“

Die Idee dazu kam Museumsleiterin Anette Pilz im Urlaub. „Immer, wenn ich auf mein Handy schaute, hatten mir Freunde Bilder geschickt, die sie in ihren Urlaubsorten zeigten.“ Selfies, diese mit dem Handy geschossenen Selbstportraits, zeigten Freunde-Gesichter vor griechischer, spanischer oder Ostsee-Kulisse. „Da habe ich mich gefragt, wie hat das eigentlich angefangen? Seit wann legen Menschen Wert darauf, ihr Konterfei im Bild festzuhalten?“ Dieser Frage gingen die Museumsmitarbeiter nach und fanden sowohl in ihrem Fundus, in den Archiven anderer Museen als auch bei Bürgern Belege dafür, dass sich Menschen schon immer gerne im Bild verewigen wollten. Doch dieses Privileg gehörte lange den Herrschern.

Am Anfang der Überlieferung standen die Mumienportraits. Die wurden in Ägypten auf die Holztafeln der Mumienumhüllung gemalt. In der Antike folgten Konterfeis auf Münzen und Medaillen, es folgten Ölgemälde hochwürdiger Personen. Ein Magdeburger Sammler hat außerdem Porzellanpfeifen zur Ausstellung beigesteuert. „Die Portraits darauf sind keine Abziehbilder“, betont Anette Pilz, „das ist exakt ausgeführte Lupenmalerei.“

Wer in der DDR gelebt hat, kann sich wohl noch gut daran erinnern, dass die Bilder der Staatsoberen wie Walter Ulbricht, Erich Honecker und Co. in vielen öffentlichen Räumen angebracht waren. Das ist heute nicht mehr üblich. „Herr Stichnoth, wenn Sie Landrat sind, wird Ihr Bild vermutlich nicht in unseren Büros hängen“, stellte Anette Pilz scherzhaft klar.

„Ach, schade“, grinste der Wolmirstedter Bürgermeister und künftige Landrat Martin Stichnoth. Er konterte mit gespieltem Bedauern und schützte ein wenig Neid vor, als er auf das große Ölgemälde schaute, das den Landrat V. Alemann zeigt, der von 1816 bis 1843 lebte.

Ebenso gut gelaunt nahmen die Besucher das Lochbild für eigene Fotografien in Anspruch. Die Museumsmitarbeiter haben dafür aus zwei Biedermeierportraits die Gesichter entfernt, sodass jeder sein eigenes Gesicht dahinein ergänzen konnte.

Mit der Erfindung der Fotografie im Jahr 1839 wurde es im Laufe der Jahre für alle Bevölkerungsschichten möglich, sich selbst für die Ewigkeit darstellen zu lassen. Als Potraitmittel verlor die Malerei ihre Bedeutung. Auf einer Ausstellungstafel steht geschrieben: „Diese schlichten Fotografien erfüllten das Grundbedürfnis eines Portraits: Die Abwesenheit einer Person in Anwesenheit umzuwandeln.“

Warum die Personen auf den Bildern der Austellung „so gucken“ - ob freundlich, grimmig oder triumphierend - bleibt rätselhaft, die Deutung der Phantasie überlassen. Ob Blicke gefährlich sind, beschäftigte im Jahr 1913 ein Breslauer Gericht. Damals fühlte sich ein Herr von einem Schutzmann scharf beobachtet, ärgerte sich und sah seinerseits den Schutzmann von oben bis unten an. Nun fühlte sich dieser gekränkt. Die Sache landete vor dem Kadi, der Herr wurde zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt.