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Bergbau Barbara und das Salz für die Welt

Salz aus Zielitz wird in die ganze Welt verkauft. Über die Bergleute wacht die Heilige Barabara - ihr widmen die Kumpel jedes Jahr ein Fest.

Von Gudrun Billowie 06.12.2019, 16:38

Wolmirstedt l Die gute Nachricht setzte Werkleiter Dr. Holger Hoppe an den Anfang: „Wir hatten in diesem Jahr keinen schweren Unfall.“ Die meisten Jahre enden gut, doch im Bergbau ist das nicht selbstverständlich. Der Werkleiter verhehlt nicht: „Bergbau ist nach wie vor mit Gefahren verbunden.“ Für das Bergmannsglück nannte er zwei Gründe: Wohl, weil die Barbara gut über die Zielitzer Bergleute gewacht hat, aber auch, weil sich alle Mitarbeiter stetig um Arbeitssicherheit und Unfallprävention bemühen.

Die Technik hingegen muckte auf. Im April gab ein Fördermotor am Schacht 1 den Geist auf. Schacht 1, das ist der weiße Turm, auf dem in großen Lettern K+S steht, der für jedermann gut sichtbar ist. Der Motorschaden wurde von den Kollegen schnell repariert, die Produktion lief auf vollen Touren weiter, bis etwa zur Jahresmitte. Da forderte der Weltmarkt weniger Kalisalz, die Produktion in Zielitz wurde gedrosselt.

Grämte das den zweiten Motor des Förderschachtes 1? Er versagte am 2. November seinen Dienst. Die gedrosselte Produktion erweist sich nun als Segen, die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen können in Ruhe erledigt werden. Der Werkleiter rechnet damit, dass Mitte Januar die volle Leistung wieder erreicht wird. Kurzarbeit oder Ähnliches gibt es für die Mitarbeiter nicht. Sie arbeiten an anderen Projekten.

Im Zielitzer Kaliwerk sind gut 1900 Mitarbeiter beschäftigt, die Wirtschaftskraft reicht weit in die Region hinein. Auch deshalb werden stets neue Wege gesucht, die Kalisalzproduktion fortzuführen. Dazu gehört das sogenannte Tomra-Verfahren, das stammt aus dem Diamantbergbau. Durch eine spezielle Aufbereitungstechnik unter Tage wird wertvolleres Salz nach oben transportiert. Das heißt: Mehr Rückstand bleibt im Berg und muss nicht auf der Halde landen. In das Pilotprojekt werden gut fünf Millionen Euro investiert.

Trotzdem: Ohne Halde geht es nicht, wenn auch in den nächsten 30 Jahren noch Kali aus der Zielitzer Grube gefördert werden soll. Nach umfangreichem Genehmigungsverfahren gab das Bergamt im Oktober für erste Arbeiten zur Erweiterung der Halde grünes Licht.

Unter Tage dringen die Bergleute immer weiter in die Tiefe, folgen dem Salz in Regionen, die vor kurzem noch als unerreichbar galten. Das Baufeld 13 ist so ein begehrtes Feld. 1300 Meter unter einer Fläche nördlich des Niegripper Sees lagert hochwertiges Kalirohsalz. Noch vor Jahren wusste niemand, wie Bergleute dort sicher hingelangen können. Nun haben Geologen einen Weg gefunden, der durch die tektonische Aufwölbung, eine Art Beule in der Gesteinsschicht, führt.

Das Zielitzer Salz wird vorrangig als Düngemittel in die ganze Welt verschickt. 45 Prozent der Produktion landen in Südamerika, hauptsächlich in Brasilien, gut 30 Prozent bleiben in Europa, 10 Prozent kauft Asien, die anderen Länder sind „Kleinabnehmer“ (Siehe Grafik).

Fast acht Milliarden Menschen leben auf der Welt. „Wir tragen einen wichtigen Teil zur Ernährung der Weltbevölkerung bei“, betont Dr. Holger Hoppe, „die wäre nicht möglich ohne die Verwendung von mineralischem Dünger.“

Der Werkleiter hofft, dass auch in der öffentlichen Wahrnehmung die Wertschätzung für den Rohstoffabbau steigt, setzt auf den Glauben an Innovation und technischen Fortschritt und bekam dabei Schützenhilfe von Verkehrsminister Thomas Webel (CDU). „Wir sollten nicht alles infrage stellen, was dem Fortschritt dient.“

Es war die 24. Barbarafeier der Zielitzer Bergleute. Superintendent Uwe Jauch vermittelt: „Es ist eine besondere Ehre, Sie immer wieder in der Katharinenkirche zu begrüßen.“ Immer findet sich eine große Zahl von Ehrengästen ein. Neben Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) sitzen auch Vertreter des Bergamtes, der Stiftung Umwelt und Klimaschutz, von Partnerunternehmen, der Direktor des Landesbetriebes für Hochwasserschutz, der Landrat, Kollegen aus der Kasseler Zentrale, ehemalige Werkleiter und Betriebsratsvorsitzende in der Katharinenkirche.

Zudem stellte Holger Hoppe eine Rekordbeteiligung der Bürgermeister umliegender Gemeinden fest. „Diese Gemeinschaft ist wichtig“, konstatiert Betriebsratsvorsitzender Michael Knackmuß, „die Heilige Barbara ist nicht nur Schutzpatronin, sondern auch Sinnbild für Gemeinschaft.“

Rückgrat der Kaliproduktion sind die Kumpel, die Schicht für Schicht unter und über Tage das Salz kundenfreundlich aufbereiten. Ihnen vor allem gilt die Feierstunde am Barbaratag. Fred Kersten kann sich ein Jahr ohne Barbarafeier gar nicht vorstellen. „Ich war 36 Jahre Sprenglochbohrwagenfahrer unter Tage. Bergmann zu sein ist meine Berufung.“ Inzwischen arbeitet er über Tage als freigestelltes Betriebsratsmitglied.

Auch Markus Stephan, der die mobile Abteilung unter Tage leitet, genießt die Feier. „Ich komme zum Barbaratag immer in die Kirche, ich höre das Zupforchester so gern.“

Auch das gehört zur Tradition. Das Dahlenwarsleber Zupforchester, der Gemischte Chor und der Bergmannschor beginnen – natürlich – mit dem Steigerlied „Glück auf“. Jeder Bergmann, jeder Gast steht dazu auf, singt mit. Auch all die anderen Lieder und Instrumentalstücke widmen sich dem Bergmannsleben.

In einem Jahr, am 4. Dezember 2020, wird der Barbaratag zum 25. Mal begangen. Mit Blick auf dieses Jubiläum ließ Werkleiter Holger Hoppe eine Bombe platzen: „Dann feiern wir den Barbaratag unter Tage.“