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Bonpflicht Händler und Kunden sind genervt

Die Bonpflicht stößt weder bei Händlern noch Kunden in der Region Wolmirstedt auf Gegenliebe - speziell in Bäckereien.

Von Christian Besecke 04.02.2020, 00:01

Wolmirstedt/Groß Ammensleben l Seit gut einem Monat machen die Einzelhändler in Wolmirstedt und der Region nun Erfahrungen mit der Bonpflicht – und die haben in erster Linie mit der Entsorgung zu tun.

Selbst wenn ein Kunde nur ein Brötchen kauft, muss er einen Beleg darüber erhalten, er muss ihn aber nicht mitnehmen. „Das nervt einfach“, sagt Simone Schmengler von der gleichnamigen Bäckerei in Groß Ammensleben. „Wir haben einen gesonderten Abfallkorb aufgestellt und da wandern die meistens Bons auch hinein.“ Kunden, die schon früher ihre Zettel mitgenommen haben, tun dies auch weiterhin. „Die große Anzahl winkt meist nur ab und gibt ziemlich deutliche Kommentare zu der neuen Regelung ab“, sagt Simone Schmengler. „Im Laufe einer Woche kommt da schon eine Menge Papier zusammen, das auch noch gesondert entsorgt werden muss.“

Die Kassenbons sind nämlich aus einem besonderen Thermopapier gefertigt und gehören nicht ins Altpapier. „Schon in der Anschaffung sind die Kassenrollen mal nicht eben Centware“, erzählt die Fachfrau weiter. „Immer wieder reden wir von Ökologie und Umweltschutz, dann kommt diese Bonpflicht. Das können weder wir noch die Kunden wirklich verstehen.“ Die zusätzlichen Kosten stehen noch nicht einmal im Vordergrund der Betrachtungen, eine Preiserhöhung sei deswegen erst einmal nicht zu erwarten.

Andere Sachen bewegen die Bäckerfamilie in Groß Ammensleben da schon mehr. „Wir sind bei uns sechs Mitarbeiter, zwei davon in Vollzeit“, sagt Simone Schmengler. „Alle wollen entsprechend bezahlt werden, daran denkt niemand. Gerade den kleinen Handwerksbetrieben wird es auf jede nur mögliche Weise immer wieder nur schwerer gemacht.“ Auf eine oft versprochene Entlastung warte man bislang vergebens.

Das sieht David Bahrendt von der Bäckerei Düsedau aus Lindhorst ähnlich. Eine der fünf Filialen ist auch in Wolmirstedt zu finden.

„Unsere Kunden sind einfach nur genervt von dem Papierkram und wir als Bäckereibetrieb geben allein für die Bonrollen 7500 Euro im Jahr aus“, sagt er. „Der Preis dafür ist zu Jahresbeginn kräftig gestiegen, wohl wegen der hohen Nachfrage.“

Den Sinn der Sache hinterfragt der Unternehmer ebenfalls, denn die Daten seien im Kassensystem sowieso gespeichert. „Wir müssen diese zehn Jahre lang vorhalten, damit sie dem Finanzamt jederzeit zur Verfügung stehen“, führt er aus. Er könne auch nicht so einfach an seine Kasse gehen und im Nachhinein eine Stornierung vornehmen.

„Immer wieder reden wir von Ökologie und Umweltschutz, dann kommt diese Bonpflicht. Das können weder wir noch die Kunden wirklich verstehen.“

Simone Schmengler

„Was wir ganz sicher haben, dass ist ein Riesenberg Müll, der auch noch gesondert entsorgt werden muss“, stellt Bahrendt fest. „Ob das Finanzamt dadurch mehr Einnahmen bekommt, mag ich bezweifeln.“ Keine fünf Prozent aller Kunden nehmen die Kassenbons mit.

Ähnliche Erfahrungen hat auch Sabine Thiem gemacht. Sie betreibt seit drei Jahren einen Shop für Lotto, Zeitungen und Genussmittel in Wolmirstedt. „Die Bonpflicht gilt seit Januar auch für mein Geschäft“, erzählt sie. „Die meisten Kunden wollen keine Zettel, also landen sie einem schon parat stehenden Korb und ich kann sie entsorgen.“

Die Daten fürs Finanzamt sind auch bei ihr in der Kasse zu finden. Die Geschäftsfrau beschreibt einen besonderen Einkauf, den oft Kinder bei ihr tätigen. „Da gibt es zum Beispiel zwei Gummitiere zum Preis von zehn Cent“, berichtet sie. Es kämen dann schon Fragen nach dem tieferen Sinn der Bonpflicht auf.

„Es wundert mich wirklich, dass nicht viel mehr Kassenzettel auf den Straßen liegen“, sagt Sabine Thiem. „Der unnütze Müll wird ja jetzt von allen Einzelhändlern produziert. Es wurde nur eine Sache erreicht, wir haben viel mehr Arbeit damit.“