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Flurneuordnung Ortsumgehung frisst Boden und beschert Natur

Die Wolmirstedter Umgehungsstraße gibt es seit 2003. Nun erst wurde das Flurneuordnungsverfahren abgeschlossen. Was ist in der Region passiert?

Von Gudrun Billowie 06.06.2020, 01:01

Wolmirstedt l Der Feldweg zwischen Wolmirstedt und Mose dient Traktoren und anderen Fahrzeugen der Landwirtschaft, doch er wird auch gern von Radfahrern genutzt. Sie radeln auf einer Betonspur zwischen Obstbäumen, in den Hecken zanken sich die Vögel, zurzeit blühen die Wildrosensträucher. Diese Pflanzen sind nicht zufällig dort angesiedelt, sondern der Ausgleich für Natur, die beim Bau der Umgehungsstraße B189n zerstört wurde. Diese Umgehungsstraße hat auch an anderer Stelle die Landschaft und manchen Grundbesitz nachhaltig verändert.

Als die ersten Pläne für die Umgehungsstraße reiften, war klar, dass in die Landschaft eingegriffen wird, dass die vierspurige Fahrbahn jede Menge Bördeboden fressen, Feldwege und Gräben kappen wird. Betroffen waren Landeigentümer und Bauern aus Wolmirstedt, Mose, Jersleben, Samswegen und Colbitz.

Um deren Interessen zu vertreten, hatte sich 1999 die „Teilnehmergemeinschaft Ortsumgehung Wolmirstedt“ gegründet. Vorsitzende wurde die Wolmirstedterin Annedore Pflaumbaum, Stellvertreter der Samsweger Tim Koesling.

Annedore Pflaumbaum formuliert das Ziel, dass sich die Teilnehmergemeinschaft gesetzt hatte: „Der Straßenverlauf sollte so in die Gemarkung eingepasst werden, dass die Landwirtschaft möglichst wenig behindert wird.“ Profitieren sollten die Natur und die Bodeneigentümer der Region.

Im Rahmen der Flurneuordnung wurden Flurstücke zusammengelegt oder gar getauscht. Zusammen mit dem Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung wurde ein Wege- und Gewässerplan erarbeitet und beinahe vollständig umgesetzt.

Drei Feldwege, zusammen 5,5 Kilometer lang, wurden komplett neu angelegt. Sie ersetzen Verbindungswege, die durch die Umgehungsstraße zerstört wurden. Bei 18 weiteren Feldwegen sorgte die Teilnehmergemeinschaft dafür, dass insgesamt 15,5 Kilometer Wegstrecke mit Betonspurbahnen ausgebaut oder mit Schotter verbessert wurden.

Bei weiteren vier Feldwegen wurde von einem Ausbau abgesehen. Ihnen wäre nur ein kurzes Dasein beschert gewesen, der Bau der A14 hätte sie zerstört.

Die vierspurige Umgehungsstraße sowie die befestigten Feldwege haben viel wertvollen Bördeboden versiegelt. Als Ausgleich wurden viele Hecken, Alleen, Bäume und Büsche gepflanzt. So wie am Feldweg zwischen Wolmirstedt und Mose. Weiterhin wurden ausgediente Zäune entfernt und durch neue ersetzt, Dränagen repariert oder neu angelegt, denn durch den Straßenbau hatte sich in manchen Bereichen die Nässe angestaut.

Weiterhin wurden im Zuge des Umgehungsstraßenbaus viel Grund und Boden neu sortiert, zersplitterte Flächen oder unwirtschaftlich geformter Grundbesitz neu eingeteilt. „1320 kleinere Flurstücke wurden zu 863 größeren zusammengefasst“, zählt Annedore Pflaumbaum auf.

Doch wie wurde den Landeigentümern geholfen, deren Felder plötzlich zum Teil unter der Umgehungsstraße verschwanden, asphaltiert wurden? „Es gab einen Pool von Flächen, die vom Amt verwaltet und den Landeigentümern als Ausgleich angeboten wurden“, erklärt Annedore Pflaumbaum. Das waren Flächen, die einige Bodeneigentümer zuvor an die Landesstraßenbaubehörde verkauft hatten. „Dadurch ist keinem Landeigentümer unfreiwillig Land verloren gegangen“, schätzt Annedore Pflaumbaum.

Alle Maßnahmen zusammen haben fast 2,7 Millionen Euro gekostet. 90 Prozent haben Bund und Land übernommen, zehn Prozent mussten die Landeigentümer selbst zahlen.

Insgesamt waren 373 Landeigentümer beteiligt und eine Fläche von 1370 Hektar betroffen. Nun ist das Verfahren nach 20 Jahren abgeschlossen, alle neu gebauten Wege und Ersatzpflanzungen wurden den Gemeinden übertragen. Damit hat die Teilnehmergemeinschaft hat ihre Aufgabe erfüllt und ist juristisch erloschen.