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Grundsteuer Niedere Börde belegt Spitzenplatz

Mit einem Hebesatz von 750 Prozent für die Grundsteuer B liegt die Niedere Börde landesweit wohl auf Platz 1. Was kommt auf die Bürger zu?

Von Sebastian Pötzsch 09.02.2020, 00:01

Groß Ammensleben l Matthias Muschal ist selbstständig und wohnt mit seiner Familie in der Mühlenstraße in Dahlenwarsleben. Bisher zahlte er für sein Grundstück 220 Euro Grundsteuer B an die Gemeinde. Mit dem neuen Hebesatz von 750 Prozent wird der Dahlenwarsleber rund 367 Euro bezahlen müssen. „Für mich als Selbstständiger ist das schon der Hammer, jedoch nicht existenziell. Aber ich denke an die älteren Leute, die mit einer niedrigen Rente auskommen müssen“, sagt Muschal. Sein Nachbar, der im übrigen ein genauso großes Grundstück bewohne wie er selbst, müsse sogar noch mehr berappen. Von derzeit rund 600 Euro steige sein Grundsteuer-B-Beitrag auf nunmehr etwa 1000 Euro.

Tatsächlich ist in der Niederen Börde eine „relativ große Spreizung“ zu verzeichnen, wie Kämmerer Michael Kleine sagt. So gebe es Hauseigentümer, die müssten nach dem alten Berechnungsmodus etwa 70 Euro pro Jahr Grundsteuer B zahlen. Nun kommen noch einmal etwa 67 Euro obendrauf. „Das betrifft jene Bürger, deren Haus in den vergangenen Jahrzehnten weder modernisiert noch vergrößert wurde“, erklärt Kleine. So kämen mitunter die Unterschiede zwischen Nachbarn zustande. Etwa 5,60 Euro pro Monat müssten diese Betroffenen mehr berappen. Der Betrag sei moderat, wobei der oberste Kassenwart der Gemeinde auch einräumt, dass die Geldbeutel vor allem älterer Menschen belastet würden.

Es gebe aber auch Betroffene, die sich ein Haus neu gebaut haben und deren Grundsteuer B anders berechnet wird. Hier gelte der Einheitssatz aus dem Jahr 1935 als Berechnungsgrundlage. Bisher wurde bei einem Gebäude mit 160 Quadratmetern Wohnfläche eine Grundsteuer B in Höhe von 250 Euro abgerechnet. Nach dem neuen Hebesatz werden nunmehr 417 Euro fällig, was die private Haushaltskasse mit 18 Euro pro Monat zusätzlich belasten würde. Wer vorher 400 Euro zahlen musste, weil er über viel Wohnquadratmeter verfügt, wird ab sofort rund 750 Euro, also 30 Euro monatlich mehr zahlen müssen. Laut Michael Kleine betreffe dies allerdings den kleinsten Teil der Hausbesitzer in der Gemeinde. „Die Grundsteuer steigt mit der Lebensqualität. Wer also mehr Wohnquadratmeter zur Verfügung hat, muss auch mehr zahlen“, rechnet der Kassenwart vor.

Oft handele es sich dabei auch um Mietshäuser. Somit sind Wohnungsmieter von der Anhebung der Hebesätze ebenfalls direkt betroffen. Denn die neuen Werte werden auf die Miete umgelegt, „und zwar mit bis zu 1,50 Euro pro Quadratmeter und Monat.“

Für Hausbesitzer bietet Michael Kleine eine Härtefallregelung an. Normalerweise nämlich werden die Beiträge quartalsweise fällig. Betroffene könnten in der Verwaltung vorsprechen und eine monatliche Zahlweise vereinbaren.

Außerdem verspricht der Finanzverwalter: „Bis zur Einführung der neuen Bemessungsgrundlagen durch die Bundesregierung werden die neuen Hebesätze zurückgefahren. Das kann nur eine Zwischenfinanzierung sein.“ So könne es nicht sein, dass Bürger der Niederen Börde bestraft werden, weil sie in einer landwirtschaftlich geprägten Kommune wohnen. „Deshalb muss es vom Land Änderungen geben. Wir sind ja nicht die einzige Gemeinde mit einem klammen Haushalt. Es kann so nicht weitergehen.“ So müsse der Rat in die Lage versetzt werden, wieder handlungsfähig zu sein.

Denn in Sachen Haushalt kämpfe die Gemeinde schon seit Jahren mit einem strukturellen Defizit von rund 800 000 Euro. „Da gibt es eine Disbalance, die nur über eine langfristige Finanzausstattung überwunden werden kann. Wir geben nicht zu viel aus, wir bekommen zu wenig rein“, hebt Michael Kleine hervor. Die Erträge seien jedoch die vergangenen Jahre nicht abgeschmolzen, sie seien „nur nicht im auskömmlichen Maße“ vorhanden.

Hinzu kämen noch die zwei Sonderjahre 2020 und 2021 mit einem Defizit von 1,3 Millionen Euro beziehungsweise 1,5 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr habe die Gemeinde nämlich vergleichsweise viel an Gewerbesteuern eingenommen. Daraus resultiert eine sinkende Landeszuweisung für die beiden kommenden Jahre. So sieht es das Finanzausgleichsgesetz (FAG) des Landes vor. „Da ist was grundlegend verkehrt“, sagt der Kassenwart. Habe die Gemeinde 2019 noch 977 000 Euro an Landeszuweisungen erhalten, werden es 2020 nur 810 000 Euro sein und im kommenden Jahr nur magere 75 600 Euro, „und das, obwohl es uns so schlecht geht.“

Hinzu käme die stetig steigende Kreisumlage, deren Modalitäten auf dem FAG beruhten. Kleine stellt die Verhältnismäßigkeit in Frage. Immerhin muss die Niedere Börde in diesem Jahr 2,2 Millionen an den Landkreis abdrücken. „Müssten wir nur die Hälfte zahlen, wären wir aus dem Schneider“, merkt Kleine an.