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Heimatgeschichte Chaussee nur mit Muskelkraft gebaut

Joachim Schütte hat sich intensiv mit der Geschichte seinen Heimatortes Dolle befasst.

Von Burkhard Steffen 05.11.2015, 00:01

Dolle l Der Dreißigjährige Krieg hatte Dolle schwer getroffen. Das Dorf war danach unbewohnt und viele Jahre wüst. „Als das Erzbistum Magdeburg ab 1680 zum Kurfürstentum Brandenburg kam und der Kurfürst grundlegende Reformen durchsetzte, begann auch für Dolle ein Neuanfang“, hat Joachim Schütte bei seinen Recherchen herausgefunden, „im Jahr 1756 wurden in Dolle Kolonisten angesiedelt, die zuvor in Hessen und Rheinland-Pfalz angeworben worden waren.“

So richtig bergauf ging es mit Dolle aber erst mit dem Straßenbau. Der Ort lag am Fernhandelsweg von Leipzig über Dolle bis nach Hamburg. Von Leipzig kommend zweigte ein Weg in Dolle über Stendal nach Schwerin ab.

An diesem Abzweig gab es eine Zollstelle. Nach der Aufhebung aller Zollgrenzen im Jahr 1834 wurde am Platz dieser Zollstelle eine königlich-preußische Chausseeebauverwaltung neu gebaut. Dieses Gebäude steht noch heute.

Ab dem Jahre 1842 begann dann der Ausbau des Fernhandelsweges von Magdeburg über Dolle bis nach Gardelegen. Dieses sollte das erste Teilstück einer befestigten glatten Chaussee nach französischem Vorbild von Leipzig bis Hamburg sein.

„Die 60 Kilometer wurden in fast zwei Jahren lediglich mit der Muskelkraft von Menschen und Pferden bewältigt. Als einzige Hilfsmittel dienten von Pferden gezogene Walzen“, bewundert Joachim Schütte noch heute die damaligen Straßenbauer.

Mit der Ausführung des Straßenbauprojektes war die Domäne in Burgstall beauftragt. An den Arbeiten waren Arbeitskräfte und Gespanne aus mehren umliegenden Dörfern beteiligt. In Dolle stieg die Einwohnerzahl vorübergehend bis auf 600 an.

Mit Schaufeln hoben die Arbeiter in Handarbeit das Straßenbett aus. Das wurde mit Schotter aufgefüllt, der von Mahlwinkel aus angeliefert wurde. „Als Deckschicht wurde ein feiner Kalkstein verwendet, der später glattgewalzt wurde“, hat Joachim Schütte herausgefunden.

Ein original erhaltenes Stück dieser Straße konnte er vor Jahren durch einen Zufall selbst in Augenschein nehmen. „Damals wurden Fundamente für die Fußgängerampel an der Kastanienstraße errichtet und dazu musste bis auf 60 Zentimeter Tiefe ausgeschachtet werden. Dabei stießen die Bauarbeiter auf die einstige Chaussee“, so Schütte.

Das Tempo der damaligen Straßenbauarbeiten ist aus heutiger Sicht fast nicht mehr vorstellbar. Ist doch die Fertigstellung der Autobahn-Nordverlängerung der A14, die auch an Dolle vorbeiführt, erst für das Jahr 2020 angekündigt.

Neben dem Gebäude der einstigen königlich-preußischen Chausseebauverwaltung gibt es in Dolle auch noch ein anderes bauliches Zeugnis aus dieser Zeit: ein so genanntes Chausseehaus. „Das ist ebenso wie das Chausseehaus bei Colbitz zusammen mit der Straße errichtet worden“, weiß Joachim Schütte. Geplant waren die Gebäude von Karl Friedrich Schinkel.

Schütte selbst wohnt in einem der ältesten Gebäude von Dolle. „Mein Ururgroßvater, der Böttchermeister in Sandbeiendorf war, hat das Wohnhaus im Jahr 1845 von den Nachfahren eines Kolonisten erworben.“ Schütte besitzt sogar den Original-Kaufvertrag.