1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wolmirstedt
  6. >
  7. Eine Linde steht bald für die Einheit

Landkreis Börde Eine Linde steht bald für die Einheit

30 Jahre deutsche Einheit - Wolmirstedt will den Jahrestag am 3. Oktober würdigen. Eine besondere Rolle dabei spielt ein Baum.

Von Gudrun Billowie 22.09.2020, 01:01

Wolmirstedt l An der Kirche wird eine große Linde gepflanzt. Wenn alles gut geht, wird der stattliche Baum im Wegedreieck an der Südseite des Kirchenschiffs seinen Platz finden. Diese Linde ragt bereits 30 bis 35 Meter gen Himmel und wird einen Namen bekommen. Als Katharinen-Linde soll sie vielen Generationen von diesem besonderen Jahrestag der deutschen Einheit erzählen. Linden können bis zu tausend Jahre alt werden.

Am heutigen Dienstag (22. September) soll der Baum in die Erde gesetzt werden, doch diese Pflanzung dient lediglich der Vorbereitung für den Festakt. Am 3. Oktober um 15 Uhr wird die Linde im Rahmen einer Feierstunde würdig in die Mitte der Stadt aufgenommen, soll ihren Platz auch in den Herzen der Bürger bekommen.

Eigentlich sollte es aus diesem Anlass ein großes Bürgerfest geben, dazu eine Feierstunde in der Katharinenkirche, doch die Abstandsregelungen lassen so eine Feier nicht zu. In die Kirche passen derzeit nur sehr wenige Menschen, die Plätze hätten kaum für Stadt-, Ortschaftsräte und einige Ehrengäste gereicht. Eine Art Volksfest ließ sich coronabedingt nicht planen.

Doch ein Fest, bei dem die Bürger außen vor bleiben müssen, wollte Bürgermeisterin Marlies Cassuhn nicht. Deshalb schien ihr ein Baum, der an dieses Jubiläum erinnert, die passende Alternative. Wird dieser Baum der Öffentlichkeit übergeben, sind Bürger herzlich willkommen. Auf der großen Freifläche an der Kirche lassen sich die Abstandregeln gut einhalten. Die Bürgermeisterin sagt: „Diese Art Festakt hat bei der Übergabe des neuen Gerberbrunnens auch gut funktioniert.“

Zur Einweihung der Katharinen-Linde werden auch Gäste aus der niedersächsischen Partnerstadt Wunstorf erwartet. Damit gibt es einen weiteren Grund, Sektgläser aneinanderzustoßen, denn die Partnerschaft beider Städte währt beinahe ebenso lange, wie die deutsche Einheit, fast 30 Jahre. Sie wurde am 9. November 1990 besiegelt.

Zu Beginn seien die Fragen aus Wolmirstedt eindeutig in der Überzahl gewesen, blickt Marlies Cassuhn zurück. Die Wunstorfer haben wesentlich dazu beigetragen, eine funktionierende Kommunalpolitik und Kommunalvervaltung aufzubauen, die Sparkasse und das Arbeitsamt wurden unterstützt. Weiterhin haben sich Handwerker, die Freiwillige Feuerwehr, christliche Gemeinden ausgetauscht. „Im Laufe der letzten 30 Jahre verlagerten sich die Kontakte immer stärker auf die persönliche Ebene, in die Vereine, Interessengruppen oder auch in das Privatleben“, konstatiert Bürgermeisterin Marlies Cassuhn. Den intensivsten Kontakt pflegt wohl bis heute die Feuerwehr. Dennoch: Jedes Jahr zum Wolmirstedter Neujahrsempfang überbringt Wunstorfs stellvertretende Bürgermeisterin Birgit Maris persönliche Grüße der Partnerstadt.

Diese Entwicklung wird in Wunstorf keineswegs als Entfremdung gesehen, sondern als positive Entwicklung. Der intensive Austausch zu Beginn der Nachwendezeit habe dazu beigetragen, dass beide Seiten Deutschlands zusammenwachsen, wertet Wunstorfs Pressesprecher Alexander Stockum. Inzwischen sei auf diesem Gebiet jedoch Normalität eingekehrt, der gleiche Stand erreicht. Die ganz große Neugier aufeinmander scheint befriedigt zu sein.

Schläft diese Partnerschaft etwa ein? Danach sieht es nicht aus. „Wir wollen den Kontakt auf gar keinen Fall abbrechen“, versichert Alexander Stockum, „allein die Herzlichkeit der Wolmirstedter, die Offenheit und die Gastfreundschaft beeindrucken uns sehr.“

Vor gut drei Jahren sind viele Wunstorfer Verwaltungsmitarbeiter in den Genuss gekommen, als sie während eines Betriebsausflugs in Wolmirstedt Halt gemacht haben. „Wir wurden auf dem Hof der Feuerwehr herzlich empfangen und bestens beköstigt“, erinnert sich der Stadtsprecher.

Auch Wolmirstedt möchte diese Partnerschaft fortführen. Bürgermeisterin Marlies Cassuhn hat sich kurz nach ihrer Wahl bei Wunstorfs Bürgermeister Axel Eberhardt vorgestellt. Alexander Stockum bestätigt: „Das haben wir als klares Zeichen verstanden, diese Partnerschaft fortzuführen.“

Der 30. Jahrestag der deutschen Einheit wird in Wunstorf ebenfalls eine Rolle spielen, ebenfalls anders als ursprünglich geplant. Die niedersächsische Partnerstadt wird zum Tag der deutschen Einheit eine Ausstellung auf die Beine stellen. Auch dort hat Corona das Konzept durcheinandergebracht, denn eigentlich sollte ein Teil dieser Ausstellung in Wolmirstedt und ein Teil in Wunstorf gezeigt werden. Mit Ausbruch der Pandemie mussten die Prioritäten verschoben werden. „Wir hatten unter anderem mit unserem Touristenmagnet Steinhuder Meer eine Menge zu tun.“

Nun soll es immerhin den Wunstorfer Teil der Ausstellung geben, in dem auch die Partnerschaft zu Wolmirstedt eine Rolle spielt. „Wir wollen, dass die Geschichte der Teilung weiter in den Köpfen brennt“, sagt Alexander Stockum, „wollen auch der jungen Generation davon erzählen. Schließlich wurden Familien auseinandergerissen, die sich erst mit der Wiederverinigung in den Armen lagen.“ Wunstorfs Stadtsprecher hofft, dass diese Familien in den vergangenen 30 Jahren zu einem ebenso unaufgeregten Miteinander gefunden haben wie die Partnerstädte Wolmirstedt und Wunstorf.

Wunstorfs stellvertretende Bürgermeisterin Birgit Maris wird am 3. Oktober sicher in Wolmirstedt sein und mit auf die Katharinen-Linde anstoßen. Das Programm für den Festakt steht fest. Wolmirstedts Bürgermeisterin Marlies Cassuhn begrüßt, der Stadtratsvorsitzende Heinz Maspfuhl hält eine Ansprache, dann wird die Erinnerungstafel enthüllt. Marcus und Antje Fahtz singen in dieser Veranstaltung, zur Feier des Tages wird ein Gläschen Sekt ausgeschenkt. Dann kann sie ihre Wurzeln in die Erde strecken und gen Himmel wachsen – die Katharinen-Linde.