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Kanu-Tour Das Klassenzimmer im Paddelboot

Die 7. Klassen des Wolmirstedter Gymnasiums werden einmal im Jahr im "paddelnden Klassenzimmer" unterrichtet. Unterwegs auf der Ohre.

Von Gudrun Billowie 22.06.2017, 01:01

Wolmirstedt l Einmal im Jahr begeben sich die Gymnasiasten der siebten Klasse aufs Wasser. Sie erleben die Ohre mit allen Sinnen, paddeln unter dem Motto „Flusspfad Natur“. „Wir wollen das gesamte Ökosystem untersuchen“, sagt Chemielehrer Axel Nielebock. Dazu gehört auch ein Besuch im Klärwerk und die Untersuchung von Wasserproben. Die Kanutour ist jedoch ein besonderes Erlebnis.

Die Strecke führte vom Nabu-Gelände in der Fabrikstraße bis zum Wehr an der B 189. Ursprünglich sollte die Tour Richtung Loitsche führen, doch unterwegs behindert die Baustelle der Ohrebrücke. Die Ohre zeigt sich jedoch auch Richtung Wehr von ihrer natürlichen Seite.

Das Wehr selbst ist ein Eingriff in den Flusslauf, der zur Regulierung des Wasserstandes notwendig ist, die Fische jedoch bei ihrer Wanderung bremst. Nabu-Mitarbeiter Yves Bloege zeigte den Schülerinnen und Schülern, wie Wasserbewohner wie Forellen, Rotfedern oder Plötzen trotzdem ihre Wanderung fortsetzen können: Um das Wehr herum wurde eine Fischtreppe errichtet.

Für die Fischtreppe hat die Ohre einen Arm bekommen, der sich um das Wehr herumwindet. Darin sind Steinquader angeordnet, die hübsch aussehen, aber auch einen tieferen Sinn haben. „An den Steinen finden die Fische Ruheplätze“, erklärt Yves Bloege, „sie können nicht die ganze Zeit mit dem oder gegen den Strom schwimmen, sondern müssen auch ab und an verharren.“ Deshalb seien Fische auch oft an ruhigen Gewässerstellen anzutreffen.

Außerhalb dieser Fischtreppe fließt die Ohre in ihrem angestammten Bett. Doch das war nicht immer so. Yves Bloege erklärte, dass am Fuße der Schlossdomäne einst die Elbe und die Ohre zusammentrafen, dass die Flüsse mäanderten, sich also in großen Schleifen durch die Landschaft bewegten, in mehrere Flussarme ausbreiteten und nach jedem Hochwasser ein neues Bett suchten. Erst jetzt haben Menschen das Bett zugewiesen.

Im Stadtgebiet ist die Ohre gewöhnlich zwischen 20 und 50 Zentimeter tief, Richtung Loitsche gibt es auch tiefere Stellen. Gefährlich wird es also bei diesem Hochsommerwetter kaum, wenn ein Boot kentert. Die Mädchen Kea, Laura, Emmy und Josi nahmen ihr Bad mit viel Humor. Sie waren nach der Tour noch einmal ins Boot gestiegen und haben den Fluss auf eigene Faust erkundet.

Mit etwas Glück lassen sich am Ohreufer Tiere wie Biber oder Eisvögel beobachten. Yves Bloege zeigte den Gymnasiasten ausgestopfte Tiere, die früher ebenfalls an der Ohre gelebt haben. Nerze zählen dazu, aber auch Auerochsen, von denen er natürlich kein präpariertes Exemplar dabei hatte. Auch Biber hat es schon immer gegeben.

Das paddelnde Klassenzimmer wird neben dem Nabu auch vom Wolmirstedter Kanuverein unterstützt, der zwei der Boote bereitstellt. Die Organisation liegt in den Händen von Gerhard Rentzsch, der schon lange das Rentenalter erreicht hat. Trotzdem stellt er sich gern in einem der Boote als Steuermann zur Verfügung.

Für das „Paddelnde Klassenzimmer“ erhalten die Mädchen und Jungen am Tag der Zeugnisausgabe ein Zertifikat.