1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wolmirstedt
  6. >
  7. Tierschützer brauchen mehr Hilfe

Kosten drücken Tierschützer brauchen mehr Hilfe

Im Wolmirstedter Tierheim finden herrenlose Tiere ein Zuhause auf Zeit. Doch das Geld wird knapp.

Von Gudrun Billowie 25.02.2016, 00:01

Wolmirstedt l Es hat im vergangenen Jahr eine Zeit gegeben, da war fast jeder Raum im Tierheim mit Katzen besetzt. Über 60 Miezen warteten zeitgleich auf ein neues Zuhause. Lange vergeblich. Doch gerade in den vergangenen drei Wochen haben sich Menschen für eine Tierheimkatze entschieden, manche sogar für zwei. Die Räume sind längst nicht mehr so voll, gerade noch rechtzeitig, denn im Frühjahr werden erfahrungsgemäß wieder viele Katzenbabys gebracht.

Die Mitglieder des Tierschutzvereins helfen gerne. Sie möchten jedes Tier betreuen, bei Bedarf medizinisch behandeln und vor allem schnell den Besitzern zurückgeben oder vermitteln, doch langsam stoßen sie an die finanziellen Grenzen.

Neben Unterhaltungskosten für das Tierheim und Tierpflegekosten kommt der Verein auch für eine hauptamtliche Tierheimleiterin auf. Sie wurde vor einem Jahr angestellt und Tierschutzvereinsvorsitzender Andreas Tschiche erklärt, wie paradox die so positive Situation seither ist. Die hauptamtliche Stelle ist eine finanzielle Herausforderung für den Verein, aber „seither läuft die Arbeit sehr problemlos. Alle ehrenamtlichen Konstruktionen, die es bis dahin gab, haben sich auf die Dauer nicht bewährt.“

Die Tierheimleiterin wird unter anderem von Menschen unterstützt, die ihr freiwilliges soziales Jahr ableisten. Aber ohne hauptamtliche Tierheimleiterin kann sich der Tierschutzverein die Arbeit im Tierheim eigentlich gar nicht mehr vorstellen, auch wenn das Vereinsjahr mit einem Minus von 26 000 Euro zu Ende gegangen ist. „Diese Unterfinanzierung können wir noch aus den Rücklagen abfedern“, sagt Andreas Tschiche, „aber dauerhaft müssen wir eine andere Lösung finden.“ Der Traum des Vereins wären dauerhaft erhöhte Einnahmen.

Derzeit lebt der Verein von den Beiträgen der 160 Mitglieder und Spenden, die allerdings nicht planbar sind, sowie den Zuweisungen einiger Gemeinden. Die geben dem Tierschutzverein Geld, und zwar für die Aufbewahrung von Fundtieren. Wolmirstedt gibt dafür 50 Cent pro Einwohner an den Tierschutzverein, also rund 6000 Euro, Barleben beispielsweise beteiligt sich mit einem Euro pro Einwohner. Andreas Tschiche sieht eine Option darin, mit den Gemeinden neu zu verhandeln.

Als Fundtiere gelten aufgegriffene Hunde und Katzen, bei denen deutlich erkennbar ist, dass es einen Besitzer gibt, sei es, weil sie ein Halsband tragen oder gechipt sind. Freilebende Tiere zählen nicht dazu, landen aber trotzdem im Tierheim. Im vergangenen Jahr machten 441 Tiere Station, davon 202 Hunde, 233 Katzen und sechs Kleintiere.

Einige Tier bleiben mitunter Jahre im Tierheim, weil sie sich partout nicht vermitteln lassen. Außerdem werden vom Ordnungsamt Hunde ins Tierheim gebracht, die als gefährlich eingestuft und ihrem Besitzer deshalb entzogen wurden. Im vergangenen Jahr waren das acht. Die Kosten für deren Unterbringung werden von der Stadt vorgestreckt und vom Besitzer zurückgefordert.

Zu den 2015 im Tierheim lebenden Tieren zählten auch 147 Pensionstiere, die während der Urlaubsreisen oder Krankenhausaufenthalte ihrer Besitzer im Tierheim ein Zuhause auf Zeit finden. Die Pensionsaufenthalte gelten im Tierheim als Nullsummenspiel, trotzdem solle an der Preisschraube nicht gedreht werden, sagt Andreas Tschiche.

Freilebende Katzen gehören eigentlich nicht ins Tierheim und werden trotzdem gebracht, oft auch mit Babys. Sofern sie nicht allzu scheu sind, werden sie sogar wieder vermittelt, aber der Tierschutzverein setzt zur Eindämmung der Population auch auf Futterstellen.

Ordnungsfachdienstleiter Dirk Illgas betont: „Wir haben kein Katzenproblem.“ Damit sich auch keines entwickelt, gibt es zwei geförderte Futterstellen in Wolmirstedt. Die Menschen, die die Katzen mit Futter versorgen, werden finanziell unterstützt. An diesen Futterstellen ist es den Tierschützern möglich, die Katzen mittels einer Falle zu fangen und zu kastrieren. Im Jahr 2015 gab es dafür sogar 2500 Euro vom Bund. Von diesem Geld wurden 35 Katzen und Kater kastriert. Ob es 2016 wieder Geld dafür gibt, ist fraglich. Der Tierschutzverein will es wieder beantragen und womöglich auch eine dritte betreute Futterstelle einrichten.

„Wir achten sehr genau darauf, dass diese Futterstellen ordentlich betreut, geschützt und gesäubert werden“, sagt Tierärztin Steffi Engelbrecht, die im Vorstand des Tierschutzvereins arbeitet. Die Katzen, die zur Kastration gefangen werden, bekommen außerdem eine Wurmkur, ein Flohmittel und werden mit einer Kerbe im Ohr markiert. „Länger als zwei Tage können wir sie nach der Kastration nicht beherbergen“, hat Steffi Engelbrecht beobachtet. Diese ansonsten wild lebenden Katzen geben sich in der „Gefangenschaft“ wie erstarrt, fressen nicht und lassen sich auch nicht anfassen.

Bis auf diese betreuten Futterstellen ist das Füttern freilebender Katzen eigentlich verboten. Es gibt dennoch Menschen, deren Herz für die Tiere überläuft. Nur muss klar sein, wer ein Tier füttert, ist für dieses Tier auch verantwortlich. Er gilt als Eigentümer und muss somit auch für die Kosten aufkommen, wenn er einen Tierarzt aufsucht. Das kann nicht auf den Tierschutzverein übertragen werden. Steffi Engelbrecht kennt viele positive Beispiele, wie Menschen einander anders helfen. „Manchmal legen Gartennachbarn zusammen, damit eine Katze kastriert werden kann.“