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Kündigung Streit um Liba-Verein erregt die Gemüter

Die Auseinandersetzung um den Liba-Verein in Barleben schlägt hohe Wellen.

Von Sebastian Pötzsch 28.10.2020, 00:01

Barleben l So kann es beispielsweise Gemeinderätin Ramona Müller (FWG/Grüne) nicht fassen, „dass dem Liba-Verein gekündigt wurde - und noch dazu in Corona-Zeiten.“ An der Kündigung der Geschäftsstelle hingen jahrelange ehrenamtliche Aufbauarbeit und inzwischen auch Arbeitsplätze sowie eine kostenlose Unterstützung von Familien. „Was dieser Verein mit seinen Ehrenamtlichen und Mitarbeitern alles für Kinder, Familien und Jugendliche leistet, sucht in Barleben und Umgebung seinesgleichen“, teilt die Rätin weiter schriftlich mit. So sei der Verein mit seinem Familienservicecenter ein Aushängeschild für die Gemeinde und er erfülle eine wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge.

Liba sei der einzige gemeinnützige Verein, der auch unter Abzug der Mietförderung eine derart hohe Miete an die Gemeinde zahle. „Die Ungerechtigkeit im Umgang mit dem Liba-Verein ist für mich als Gemeinderätin unerträglich und macht mich wütend“, schreibt Müller weiter. Anstatt den Verein seitens der Gemeinde zu unterstützen, seien ihm nur Steine in den Weg gelegt worden. Obwohl sich bestätigt habe, dass die Bürofläche kleiner ist, als im Mietvertrag angegeben, „sollte der Verein jetzt sogar für noch mehr Quadratmeter Miete zahlen. Verkehrte Welt!“ Bei einer derart drastischen Auswirkung eines solchen Beschlusses, der den Verein in eine existenzielle Notlage bringe, hätte sie in der Funktion eines Bürgermeisters im Vorfeld eine gerichtliche Klärung herbeigeführt. „Unrecht wird nicht durch demokratischen Mehrheitsbeschluss eines Gemeinderates zu Recht“, merkt Ramona Müller an.

Ferner habe ihre Fraktion in allen Ausschüssen und im Gemeinderat „vehement versucht, die Kündigung des Liba zu verhindern und beantragt, den Mietvertrag auf die tatsächliche Größe der Bürofläche anzupassen.“ So fordert die Rätin, dass „das Familienservicecenter endlich als öffentliche Einrichtung der Daseinsvorsorge anerkannt wird und einen Nutzungsvertrag für seine Räume erhält, „der ihn – wie viele andere Vereine in Barleben auch – mietfrei stellt. Das Mindeste aber wäre, dass der Bürgermeister die Kündigung bis zu einer gerichtlichen Entscheidung über den strittigen Mietbetrag aussetzt und der Verein eine Chance bekommt, in und für Barleben und Umgebung weiterzuarbeiten.“

Indes hat nun auch eine Pressemitteilung der Verwaltung die Redaktion erreicht. Darin teilt Pressesprecher Thomas Zaschke unter anderem mit: „Rechtlich betrachtet, dürfen Informationen aus dem nicht öffentlichen Teil einer Sitzung des Barleber Gemeinderates erst an die Öffentlichkeit, wenn die entsprechenden Beschlüsse in der darauf folgenden Gemeinderatssitzung genannt wurden.“ Doch die Angelegenheit wurde schon wenige Tage später öffentlich.

Außerdem stellte er klar, dass der Verein die im Nutzungsvertrag festgelegte Miete in Höhe von 552,08 Euro nicht zahlte. „Der Verein war der Auffassung, dass die Nutzungsfläche nicht korrekt berechnet, sondern zu hoch war. Ohne eine rechtliche Grundlage reduzierte er die Mietzahlungen auf 506,08 Euro“, teilte Zaschke weiter mit. Bei der Gemeinde habe Liba einen Antrag auf die Überprüfung des Nutzungsvertrages gestellt. „Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die im Nutzungsvertrag genannten 88 Quadratmeter nicht der genutzten Fläche entsprechen, sondern dem Verein mit den zwei Räumen im Obergeschoss und einem Kellerraum insgesamt eine Fläche von exakt 100,46 Quadratmeter zur Verfügung steht. Inklusive Nebenkosten würde sich die Miete hierfür regulär sogar auf 601,84 Euro belaufen“, teilte der Sprecher weiter mit. Der Verein sei jedoch nicht bereit gewesen, für den genutzten Kellerraum anteilig Miete zu zahlen. Gleichzeitig habe der Verein die Gemeinde Barleben schriftlich aufgefordert, die aus seiner Sicht zu viel gezahlten Beiträge seit dem Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 2016 zu erstatten. Zaschke: „Falsch ist in diesem Zusammenhang, dass nach der vom Liba e. V. beantragten Überprüfung der Nutzungsfläche und dem Vorliegen des entsprechenden Ergebnisses ein neuer Mietvertrag seitens der Gemeinde Barleben erstellt wurde.“ Die Forderungen der Gemeinde resultierten aus den Mietrückständen des Vereins auf Grundlage des Mietvertrages, den die Gemeinde Anfang dieses Jahres von der AWG Wolmirstedt übernommenen hatte.

In mehreren Gesprächen habe die Gemeinde dem Verein Gelegenheit gegeben, die Differenzen auszuräumen. Unter anderem sei das Angebot zur räumlichen Verkleinerung unterbreitet worden. „Der Verein ging darauf nicht ein“, erklärte Zaschke. Des Weiteren habe Bürgermeister Frank Nase (CDU) im persönlichen Gespräch mit der Vereinsvorsitzenden dem Verein ein Schülerlotsen-Projekt in Aussicht gestellt, für das die Gemeinde finanziell aufkommen würde, um den Verein zu unterstützen. Evelyn Brämer habe jedoch später behauptete, ein solches Angebot nicht zu kennen. „Es überrascht mich sehr, dass Frau Brämer sich nicht an unser Gespräch und das von mir unterbreitete Angebot erinnert“, wird Frank Nase zitiert. Am Ende sei die ordentliche Kündigung des Mietvertrages reines Verwaltungshandeln aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Liba-Vereins. Bürgermeister Frank Nase sei zwar der Meinung, dass in dieser Angelegenheit noch nicht alles ausdiskutiert ist. „Mit der Darstellung, er werde ‚alles tun, um die Kündigung zurückzuziehen’, ist dies allerdings völlig falsch gedeutet worden.“ „Ich werde mich nicht gegen den Beschluss des Gemeinderates stellen“, wird Nase weiter zitiert. In puncto Quartiersuche bleibe die Gemeinde gegenüber dem Verein gesprächsoffen.

Die Mitteilung der Verwaltung ist auch dem Ratsmitglied Edgar Appenrodt (FWG/Grüne) bekannt. „Grundsätzlich hat die Verwaltung recht, dass Informationen aus dem nichtöffentlichen Teil einer Ratssitzung erst an die Öffentlichkeit gelangen dürfen, wenn diese in der darauf folgenden Sitzung bekannt gegeben werden“, sagte er gegenüber der Volksstimme. Doch in der Causa Liba-Verein habe der Bürgermeister selbst Interna aus der nichtöffentlichen Sitzung in die Öffentlichkeit getragen, „und zwar indem er selbst bereits am nächsten Tag die Kündigung unterschrieben und dem Verein zustellen lassen hat.“ Und in der Mitteilung der Verwaltung habe er weitere Interna veröffentlicht.

Er halte die Situation mittlerweile für derart verfahren, „dass ich nur mit dem Kopf schütteln kann.“ Die Ablehnung einer rechtlichen Prüfung der Mietsache durch den Bürgermeister sei nicht nachvollziehbar. „Ich hätte mir Vorschläge von Frank Nase gewünscht, wie die Sache für alle Seiten bereinigt werden kann. Nun ist das eine völlig verfahrene Kiste“, sagt der Politiker.

Unter dessen hofft Evelyn Brämer noch immer auf ein gutes Ende. Eine Aussicht auf neue Räumlichkeiten gebe es nicht. „Wir haben den Bürgermeister noch einmal um ein klärendes Gespräch gebeten und hoffen, dass es dazu auch kommt“, sagt sie. Zudem möchte sie klarstellen, dass sämtliche Entscheidungen des Vereins nicht sie allein getroffen habe, sondern immer im Vorstand gefallen seien.