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Landkreis Börde Wolmirstedt plädiert für Erdkabel

Wolmirstedt ist das Drehkreuz für den Windstrom, im Umspannwerk wird Energie der Windräder in alle Richtungen der Republik verteilt.

Von Gudrun Billowie 03.09.2020, 12:33

Wolmirstedt l Der Wind bläst im Norden stärker. Deshalb stehen überall die großen Windkraftanlagen, selbst weit draußen in der Ostsee „fangen“ sie den Wind und wandeln dessen Energie in Wechselstrom. Die Energie wird überall in der Republik gebraucht, vor allem im industriereichen Süden. Mit dem Ausstieg aus der Atomenergie wird die Windkraft künftig noch wichtiger als bisher. Verteilt wird sie in Wolmirstedt, das Umspannwerk gilt als Drehkreuz für Windstrom.

Für die Region bedeutet das vor allem: Aus Wolmirstedt heraus breitet sich das Stromnetz weiter aus. Neben den vorhandenen Leitungen werden weitere errichtet. Über die aktuellen Vorhaben und Entwicklungen berichteten Mitarbeiter des Netzbetreibers 50 Hertz am Dienstagnachmittag in Mose.

Um den Windstrom nach Bayern zu transportieren, wird eine Gleichstromtrasse gebaut. Gleichstrom ist schneller und verlustfreier unterwegs als Wechselstrom, kennt allerdings keine Abzweigungen, sondern nur eine Richtung: geradeaus.

Da Bayern zwar viel Strom braucht, aber keine Freileitungen in der Landschaft haben möchte, wurde bundespolitisch durchgesetzt, dass diese Gleichstromtrasse als Erdkabel verlaufen soll.

Das heißt auch, Regionen können sich trotzdem für eine Freileitung entscheiden. Davon machten umliegende Gemeinden Wolmirstedts Gebrauch. Sie möchten vor allem nicht, dass ein Gleichstromkabel in den guten Bördeboden gelegt wird.

Wolmirstedt war zunächst ebenfalls der Meinung und hatte für eine Freileitung plädiert. Doch inzwischen hat sich die Stadt umentschieden und fordert ausdrücklich ein Erdkabel, zumindest auf den ersten zwei Kilometern.

Was ist der Grund für diesen Gesinnungswechsel? Die Planung besagt, dass perspektivisch eine zweite Gleichstromtrasse nötig wird. Eine weitere Gleichstrom-Freileitung sei der Bevölkerung nicht mehr zuzumuten, stellt die Stadt gegenüber 50 Hertz klar.

Doch auf Volksstimme-Nachfrage nimmt 50 Hertz-Sprecher Axel Happe Dampf aus dem Kessel. Die Sorge Wolmirstedts sei im Wesentlichen unbegründet. Zwar werde es sicher eine zweite Gleichstromtrasse geben, weil der Süden immer mehr Windenergie aus dem Norden benötigt, doch die zweite Trasse solle direkt von der Ostsee-Küste nach Bayern laufen. „Wolmirstedt wird davon wahrscheinlich nicht berührt.“

Entgegen Wolmirstedts Widerspruch gelte es inzwischen als sicher, dass die Gleichstromtrasse in Wolmirstedt vom Konverter aus als Freileitung verläuft. Auch, weil ein häufiger Wechsel von Freileitung auf Erdkabel und umgekehrt bedeutet, dass jedesmal ein Kabelübergangsgebäude errichtet werden muss, das etwa 1,3 Hektar Fläche braucht.

Der Streit über den Konverterstandort ist entschieden. Er wird am Wolmirstedter Umspannwerk errichtet. Die Bundesfachplanung hatte sich bereits zum Jahresanfang dafür ausgesprochen. Mit dieser Entscheidung sind weitere Varianten vom Tisch.

Der Konverter wandelt den Wechselstrom in Gleichstrom und schickt ihn über den Südostlink nach Bayern. Untergebracht wird er in zwei großen Hallen. Die sollen dort gebaut werden, wo sich derzeit noch ein 220-Kilovolt-Schaltfeld auf dem Gelände des Umspannwerks befindet.

Vor allem Bürger aus Mose, Farsleben sowie Wolmirstedter, die im Bereich des Umspannwerks wohnen, fürchten einerseits eine optische Beeinträchtigung der Landschaft, vor allem aber Lärm.

50 Hertz-Mitarbeiter Werner Segbers verweist auf die gesetzlichen Werte, die ohnehin eingehalten werden müssen. Die Anwohner sind bisher trotz solcher Grenzwerte durch ein Dauerbrummen geplagt und sensibilisiert.

Das Brummen verursacht ein 220-Kilovolt-Trafo. Der sollte eigentlich längst abgeschaltet sein, weil auch die dazugehörige, aus den 1950er Jahren stammende 220-Kilovolt-Leitung zwischen Wolmirstedt und Güstrow längst durch eine 380-Kilovolt-Leitung ersetzt sein sollte. Doch so schnell wie in Sachsen-Anhalt ging der Bau der Leitung in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nicht voran. Dennoch: Nächstes Jahr soll sie fertig sein. Dann wird der Trafo abgeschaltet, das Brummen soll verstummen.

Eine weitere neue 380-Kilovolt-Leitung wird Richtung Helmstedt führen. Sie soll die vorhandene Leitung verstärken, sodass beim Ausfall einer Leitung Reserve vorhanden ist. Nun wird vom Umspannwerk gen Westen eine neue Trasse gesucht, ein Weg, auf dem sie errichtet werden soll (siehe Grafik). Ziel ist es, möglichst nah an der bestehenden zu bauen, damit die Region nicht noch mehr von Leitungen und Masten geprägt ist. Ob das gelingt? Noch stehen mehrere Varianten zur Auswahl.

Die neue Leitung von Wolmirstedt nach Helmstedt soll ab 2025 gebaut werden und 2027 stehen. Diese Leitung verbindet das Netz von 50 Hertz mit dem Netz von TenneT, ein Netzbetreiber, der im Westen agiert, während 50 Herz für den Norden und Osten verantwortlich ist.