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Landwirtschaft Ernte ohne Fest in Glindenberg

Das Getreide auf den Feldern rund um Wolmirstedt zeigt durch seine satte, hellbraune Farbe: Die Ernte steht unmittelbar bevor.

Von Gudrun Billowie 09.07.2020, 01:01

Wolmirstedt l Tom Borchert hat eigentlich keine Zeit. Nur fürs Foto schwingt er sich kurz auf die Heuballen. Dann hetzt er wieder los. Der 34-Jährige ist Betriebsleiter der Agrar GmbH Glindenberg und schaut mit Spannung auf die Ernte. Die heiße Phase steht unmittelbar bevor, bald werden seine Mitarbeiter die Mähdrescher starten und auf den Feldern unterwegs sein. Mitunter bis tief in die Nacht hinein. Weizen, Gerste und Co. müssen geerntet werden, damit das Brot der nächsten Monate sicher ist. Doch schon im Vorfeld müssen Landwirte viel wissen, auf Wetterlagen reagieren und bei Bedarf sogar die Fruchtfolge durcheinanderbringen. So wie in diesem Jahr.

Eigentlich hätten im Frühjahr noch mehr Rapsfelder leuchten sollen. Stattdessen wogen vielerorts Weizenähren im Wind. Die Entscheidung gegen zu viel Raps fiel bereits im vergangenen Jahr. „Raps müssen wir im August in die Erde bringen“, erklärt Tom Borchert, „sonst reift er bis zur Winterhärte nicht mehr aus.“

Doch der August 2019 war - wie der gesamte Sommer - heiß und trocken, zeigte sich ebenso dürr, wie schon der Sommer im Jahr zuvor. Die Gefahr, dass der Raps nicht ausreift, um die kalte Jahreszeit zu überstehen, war zu groß. Deshalb hat sich der Landwirt für die Weizensaat entschieden. Das Getreide ist robuster.

Nun wächst auf dem Löwenanteil der 1500 Hektar großen Agrar-GmbH-Flächen Weizen, auf 1050 Hektar. Das entspricht der Fläche von ebensovielen hektargroßen Fußballfeldern. Die Restfläche teilen sich Roggen, Gerste und Raps, aber auch Hafer und Grünflächen.

Unmittelbar nach der Ernte landet das Getreide zunächst am Mittellandkanal in Vahldorf, von dort vermarktet die Magdeburger Getreide GmbH das Korn weiter, bis am Ende Mehl, Rapsöl, Kuchen und Brot daraus entstehen. Doch noch ist es nicht soweit.

Die Witterung hat nicht nur Einfluss auf die Fruchtfolge und Ernte, sondern auch darauf, ob Unkrautvernichter zum Einsatz kommen. Das ist in nassen Sommern nötig, wenn kurz vor der Ernte viel Unkraut zwischen dem Getreide wächst. Die Blätter ließen die Ernte schlechter trocknen. Ungünstig sind auch allzu warme Winter. Fehlt der Frost, frieren Pflanzen, die als Gründung für den Boden dienen sollten, nicht kaputt, sodass sie im Frühjahr vernichtet werden müssen.

Warum werden sie nicht einfach untergepflügt? „Beim Pflügen gehen wir zu tief in den Boden“, erklärt Tom Borchert, „das trocknet ihn zu stark aus.“ Tiefgehende Trockenheit würde die neuen Pflanzen schwächen. Für Landwirte gilt die Devise: „Wir müssen wasserschonend arbeiten.“

Dazu dient auch das Untergrubbern der Ernterückstände, zum Beispiel Stoppeln der Getreidefelder. Die werden mit dem Grubber nur oberflächlich mit dem Boden vermischt. So werden sie einerseits zu Dünger, andererseits verhindern sie die Erosion des Bodens und halten Regenwasser länger in der Erde. Das ist wichtig, auch wenn in diesem Jahr die Sorgen um die Niederschläge nicht ganz so groß erscheinen.

Das bestätigt auch Ruheständler Fritz-Georg Meyer, der Vorgänger von Tom Borchert. „In diesem Jahr verteilt sich der Niederschlag günstig.“ Die Trockenheit im Frühjahr habe die Pflanzen gezwungen, tiefe Wurzeln auszubilden. Die Niederschläge der vergangenen Wochen haben das Pflanzenwachstum unterstützt. „Bestimmt wird es eine gute Ernte.“

Landwirte wie Tom Borchert blicken einer arbeitsintensiven Zeit entgegen, der alles untergeordnet wird, in der Maschinen auch am Wochenende und bis Mitternacht auf den Feldern unterwegs sind. Das Zeitfenster des perfekten Reifegrades muss optimal genutzt werden. „Die meisten Menschen haben Verständnis dafür“, weiß der Landwirt. Die Formel lautet knapp: „Ernte ist Ernte.“

Am Ende stehen Erntedankfeste. Einen guten Namen hat sich Glindenberg damit gemacht. Doch in diesem Jahr wird es wegen Corona kein Fest geben. „So weh es tut“, sagt Mitorganisator Fritz-Georg Meyer, „aber die Rückfälle in der ganzen Welt zeigen, dass wir vorsichtig sein müssen.“

Landwirt Tom Borchert und sein Team lassen sich nicht beirren. Sie werden trotzdem dafür sorgen, dass stets genug Brot gebacken werden kann.