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Leerstand Garagen: vergessen oder begehrt

In Wolmirstedt stehen etliche Garagen leer. Nach und nach will die Stadt erfragen, was mit den ungenutzten Garagen geschehen soll.

Von Gudrun Billowie 12.01.2017, 00:01

Wolmirstedt l Einen Schönheitspreis werden viele Wolmirstedter Garagen wohl nicht mehr bekommen. Die zu DDR-Zeiten heiß begehrten, aneinandergereihten Gebäude fristen vielerorts ein trauriges Dasein. Nicht genutzte und verwitterte Garagen zu entfernen, ist dennoch nicht einfach. Die Stadt will nun trotzdem nach und nach bei den Nutzern anfragen, ob überhaupt noch ein Interesse besteht.

Das sieht vielerorts nicht so aus, obwohl viele Garagen einst mit viel Herzblut gebaut wurden. Selbst wer „zwei linke Hände und alles Daumen“ hatte, baute sich einen Unterstand für das Auto. Trabi und Co. wurden sorgsam untergestellt, schließlich betrug damals die Wartezeit auf so ein Gefährt viele Jahre.

Inzwischen haben viele der ehemaligen Garagenbesitzer Häuser gebaut, zu denen Autounterstände gehören, sind weggezogen oder haben kein Interesse mehr. In den Reihen der einst so gepflegten Garagenkomplexe finden sich immer mehr Garagen, vor deren Türen das Unkraut mindestens kniehoch gewachsen ist.

Das ärgert Rolf Tiwodar, der im Ohre-Garagenkomplex zum Teil für die Stromkassierung verantwortlich ist. Er hofft, dass die Stadt in den Komplexen sortiert, sich um die ungenutzten Garagen kümmert, sodass Bürger, die eine Garage suchen, auch eine bekommen. Das ist ihm deshalb wichtig, weil es beispielsweise in der Meseberger Straße oder der Straße der Deutschen Einheit zu wenig Parkplätze für die Bewohner gibt. Außerdem werden derzeit für das neue Wohngebiet an der Kegelhalle 79 Garagen entfernt.

Trotz Parkplatznot und Garagenabriss, das ganz große Garagenproblem scheint es in Wolmirstedt nicht zu geben. Von den 79 Eigentümern, die ihre Garage im Bereich der alten Kegelhalle aufgeben mussten, haben 13 ehemalige Nutzer einen Antrag auf eine Mietgarage gestellt, teilt Christa Spura mit, die im Rathaus für Liegenschaften zuständig ist. Sechs Interessenten bekamen eine neue Garage, die anderen haben den Antrag zurückgezogen oder die Angebote abgelehnt.

Im Rathaus liegen derzeit zehn weitere Anträge von Bürgern vor, die eine Garage suchen. Die Chancen stehen nicht schlecht. „Im Markt ist immer Bewegung“, sagt die Christa Spura. Manche Antragsteller wünschen sich jedoch einen besonderen Platz oder möchten eine Garage haben, in der Strom angeschlossen ist. Deshalb entstehen mitunter Wartezeiten.

Den angeprangerten Leerstand, die vergessenen Garagen, gibt es trotzdem. Die Möglichkeiten der Stadt, dagegen vorzugehen, sind dennoch begrenzt. „Eigentümer haben ein Recht, aber keine Pflicht zur Nutzung“, stellt Christa Spura klar. Nur wenn eine Gefahr von dieser Garage ausgeht oder die Nachbarn stark beeinträchtigt werden, sei ein Eingreifen möglich.

Bereits im vergangenen Jahr wurde in zwei Komplexen dennoch begonnen, die Nutzer systematisch nach ihrem Interesse zu fragen. Diese Befragung wird 2017 fortgesetzt. Ob und welche Konsequenzen aus diesen Antworten gezogen werden, lässt sich pauschal nicht sagen. Das werde die Verwaltung differenziert und standortabhängig betrachten.

Demnächst werden weitere Garagen aus dem Stadtbild verschwinden. Dazu zählen 28 Garagen im Akazienweg und voraussichtlich 19 Garagen am Lindhorster Weg. Auf diesen Flächen sollen Wohngebiete entstehen.

Der Ohrekomplex ist mit fast 500 Garagen der größte der Stadt, insgesamt werden in Wolmirstedt etwa 1000 Garagen gezählt. Etwa 800 davon sind Nutzern zugeordnet, die Pacht bezahlen. Die anderen sind solche Objekte, die demnächst abgerissen werden, von der Stadt vermietet oder als nicht mehr vermietbar eingeschätzt werden.

Die zu DDR-Zeiten gebauten Garagen stehen in der Regel auf kommunalem Boden. Diese Konstellation war dem seit der Wende geltenden bundesdeutschen Rechtssystem fremd. Deshalb wurde 1994 das Schuldrechtsanpassungsgesetz verabschiedet. Das schrieb einen Kündigungsschutz für die Garagenbesitzer fest, die noch einen Vertrag aus DDR-Zeiten hatten. Dieser Kündigungsschutz ist jedoch 1999 ausgelaufen. Seither können sowohl Grundstücks- als auch Garageneigentümer mit einer Frist von drei Monaten kündigen.