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Medizin-Versorgung Verein für die Gesundheit möglich

Die Arbeitsgruppe „Port“ will die medizinische Versorgung der Bevölkerung verbessern. Über welchen Weg, das wird derzeit diskutiert.

Von Gudrun Billowie 07.07.2016, 01:01

Wolmirstedt l Ärztehaus, Verein, GmbH? Die Arbeitsgruppe „Port“ muss Nägel mit Köpfen machen. Sonst wird die Zeit knapp. Zum Jahresende fordert die Robert-Bosch-Stiftung ein schlüssiges Konzept. Sonst fliegt Wolmirstedt aus dem Rennen um die weitere Förderung des Projektes, mit dessen Hilfe die medizinische Versorgung der Bevölkerung nachhaltig verbessert werden soll. Die Bosch-Stiftung fördert vier der acht angestoßenen Projekte fünf Jahre lang weiter. Port steht für patientenorientiertes Zentrum zur Primär- und Langzeitversorgung, für sowohl schnelle als auch dauerhafte medizinische Hilfe. Wolmirstedt will überzeugen. Es steht also viel auf dem Spiel.

Professor Markus Herrmann, der Kopf des Port-Projektes, drängt auf Ergebnisse: „Wir brauchen konkrete Vorstellungen darüber, wer das Projekt übernimmt.“ Er stellte mehrere Möglichkeiten in den Raum. Favorisiert wurde die Gründung eines Vereins. Doch von vorn.

Möglich wäre auch, dass die Stadt ein medizinisches Versorgungszentrum wie die Gemeinde Büsum betreibt. Fragen dazu blieben zumindest in dieser Runde unbeantwortet, Bürgermeister Martin Stichnoth (CDU) war nicht dabei.

Weiterhin wurde ein Zusammenschluss von Ärzten in einer GmbH oder GbR in die Waagschale geworfen. Dieser Vorschlag fand wenig Zustimmung.

Eine weitere Option könnte sein, dass die Universitätsklinik eine Außenstelle im ländlichen Raum schafft. Das hält der Dekan Professor Hermann-Josef Rothkötter jedoch für keine gute Idee. „Ich glaube nicht, dass es das richtige Zeichen ist, wenn die Uniklinik in die Region geht.“

Rothkötter schlug stattdessen vor, einen Verein zu gründen, in den sich die Uni-Klinik einbringen kann. Ein Verein verspricht Offenheit, alle lokalen Akteure können darin mitwirken und ein starkes Netzwerk knüpfen. Das lockt womöglich einerseits junge Ärzte an und vermittelt andererseits Patienten Gesundheitsangebote aus einer Hand. Zudem wäre kein großer finanzieller Aufwand nötig.

Die Idee der Vereinsgründung fand Zustimmung, denn es gibt im Grunde bereits sehr viele lokale Akteure des Gesundheitswesens, neben Ärzten, Sportvereinen, Physiotherapien oder Apotheken auch das Deutsche Rote Kreuz mit seinen Gesundheits- und Pflegeangeboten. DRK-Geschäftsführer Ralf Kürbis sprang auf diesen Zug sofort auf. „Wir sollten uns von einer Anwältin dazu beraten lassen.“ Ein Termin ist anberaumt.

Neben dem DRK ist auch das Bodelschwingh-Haus sehr an einer Mitarbeit im Port-Zentrum interessiert. 330 Mitarbeiter und 40 ehrenamtlich Arbeitende betreuen insgesamt 1255 Menschen. Dazu zählen behinderte Menschen, Menschen mit Pflegebedarf, Schüler der evangelischen Fachschule und Kita-Kinder. Obwohl das Bodelschwingh-Haus der größte Arbeitgeber Wolmirstedts ist, können nicht alle Leistungen abgedeckt werden. „Wir brauchen beispielsweise Hilfe, wenn behinderte Menschen ins Krankenhaus eingeliefert werden“, sagt Peter Hugo.

Im Gegenzug hat das Bodelschwingh-Haus viel zu bieten. Dazu zählt das Therapiebecken, dass auch von Außenstehenden genutzt werden könne, aber auch die Nutzung des Bahnhofsgebäudes, das dem Bodelschwingh-Haus gehört.

Die Uni-Mitarbeiterinnen Yvonne Marx und Martina Schmiedhofer haben sich in Wolmirstedt umgehört und weitere Interessenten gefunden, die sich in das Port-Projekt einbringen möchten. Dazu zählt das OK-Live-Ensemble. „Das Ensemble ist beispielsweise bereit, Tanzkurse auch für Ältere auszuweiten“, informiert Yvonne Marx. Weiterhin haben die beiden Mitarbeiterinnen mit zwei Chören und dem Integrationsbündnis gesprochen, vier Hausärzte besucht und Bürger auf dem Stadtfest befragt. Ihr Fazit: „Den Leuten in Wolmirstedt geht es gut. Sie würden sich ehrenamtlich sogar noch mehr engagieren.“ Auch die hausärztliche Versorgung wird mit Bestnoten bewertet. „Sofern man einen hat“, ergänzt Martina Schmiedhofer. Dieser Mangel ist das Problem, dem sich „Port“ stellt.

Als Manko kristallisierte sich die augenärztliche Versorgung heraus. Es sei schwer, Termine zu bekommen. Ebenso bei psychischen Problemen. Und: Die Wolmirstedter wünschen sich mehr Radwege.

Im Bezug auf Ärzte wurde eingeschätzt, dass sich die Menschen feste Ansprechpartner wünschen und Telemedizin wohl nicht das Allheilmittel der Zukunft sein wird. Andererseits scheint die Ära des Hausarzteinzelkämpfers dem Ende zuzugehen. „Ärzte wollen sich austauschen, Beruf und Familie besser in Einklang bringen“, macht Markus Herrmann deutlich, „Medizin wird weiblicher, darauf müssen wir uns einstellen.“

In der Runde saß auch Kinderarzt Dr. Hans-Bernhard Euchler. Er vermisste junge Mediziner. „Ich möchte ihnen gerne sagen: Hier Arzt zu sein, das macht Spaß.“