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Mietstreit Liba-Verein fliegt aus Büroräumen raus

Dem Barleber Verein „Liba" ist der Mietvertrag in der Bahnhofstraße gekündigt worden. Die Rede ist von persönlichen Animositäten.

Von Sebastian Pötzsch 07.10.2020, 01:01

Barleben l Seit zehn Jahren ist der Liba-Verein in Barleben und darüber hinaus für Kinder, Jugendliche und Eltern aktiv. So werden in Kooperation mit dem Mehrgenerationenzentrum und der Gemeinde die vierteljährlichen Babybegrüßungen organisiert. Außerdem bietet der Verein Sport für die ganze Familie, Bewegungsgruppen, Kochkurse, Exkursionen, Kinder- und Jugenddiscos oder Fahrradtouren – und das nicht nur für seine 255 Mitglieder. Bekannt ist die Organisation kreisweit für ihre Babysitter-Kurse. Doch dies ist jetzt in Gefahr. So haben die Mitglieder des Gemeinderates während ihrer jüngsten Sitzung mehrheitlich eine Vorlage der Verwaltung beschlossen, nachdem dem Verein der Mietvertrag über seine Büroräume in der Bahnhofstraße in Barleben zu kündigen ist. Die Kündigung ist bereits einen Tag nach dem Beschluss beim Liba-Verein eingegangen.

„Wir sind sehr enttäuscht, auch weil man uns damit eine wichtige Basis für unsere Arbeit entzieht. Schließlich sind wir viel in Barleben ehrenamtlich tätig“, so die Reaktion der Vereinsvorsitzenden Evelyn Brämer. Einen Plan, wie es nun weitergeht, gebe es nicht. „Wohin und wie können wir zukünftig Räume überhaupt finanzieren“, fragt sich Evelyn Brämer. Ein Umzug koste Geld. Im kommenden Jahr sollten neue Leader-Projekte in der Region angestoßen werden. „Diese sind nun gefährdet, weil unklar ist, ob die Kofinanzierung gesichert ist, also ob unsere Eigenmittel dann noch reichen beziehungsweise wir überhaupt die Möglichkeit haben, die erforderlichen Mitarbeiter unterzubringen. Der Verein ist ratlos.“

Letztendlich falle mit der Kündigung der Büros bis zum 31. Dezember nicht nur die Funktion als Geschäftsstelle weg, sondern auch die des Familiencenters. So dienten die Räumlichkeiten als Anlaufstelle für hilfesuchende Familien, für Honorarkräfte und AG-Leiter, als Arbeitsplatz von mehreren Mitarbeitern sowie Honorar- und Hilfskräften und nicht zuletzt als Materiallager. Auch Netzwerkplaner und Babysitter gehen hier ein und aus.

Wie genau es zu der Kündigung kam, dazu wollte sich Evelyn Brämer gegenüber der Volksstimme nicht äußern. Offenbar gibt es schon seit längerem Streit über den Mietvertrag. Von Bürgermeister Frank Nase (CDU) ist mehr zu erfahren. Demnach weist das Mietkonto des Vereins eine Lücke von 570 Euro aus. Doch konkreter wird auch der Rathauschef nicht.

Wie die Volksstimme nun erfuhr, hatte Evelyn Brämer selbst die Miete gekürzt. Grund: Bei der Vermessung der Büros soll herausgekommen sein, dass der Verein über Jahre zu viel Miete gezahlt hatte, weil die Räume kleiner sind, als im Vertrag angegeben. Daraufhin habe die Verwaltung selbst nachgemessen und zunächst ebenfalls die Diskrepanz festgestellt. So wurde der Mietvertrag geändert. Doch anstatt ausschließlich die neuen Zahlen zur Grundlage zu nehmen, seien der Keller vermessen und diese Quadratmeter aufgeschlagen worden. Ergebnis: Der Verein soll sogar mehr zahlen. Der Vertrag ist durch den Verein niemals ratifiziert worden. Mehr noch: Evelyn Brämer soll sich Rechtsbeistand an die Seite geholt haben. Doch Gesprächsangebote beider Seiten liefen offenbar jedes Mal ins Leere. Die Fronten scheinen verhärtet.

Wiederholt stand nun eine Beschlussvorlage im Gemeinderat zur Debatte, den Mietvertrag zu kündigen. Während der Diskussion im nichtöffentlichen Teil soll es heiß hergegangen sein. Es ist von „Streit wie Kesselflicker“, einem Schauspiel und von Kumpanei die Rede. Letztendlich habe eine Mehrheit für die Vertragskündigung gestimmt.

Laut Bürgermeister Frank Nase war es „ein ganz knappes Ergebnis mit einer ganz knappen Mehrheit“. Es selbst habe sich seiner Stimme enthalten. „Ich bin da in einer Zwickmühle. Ich war nicht dafür, hatte aber nun den politischen Auftrag, die Kündigung zu unterschreiben“, sagt der Rathauschef. Offenbar gehe es hier auch „um einen Streit unter Nachbarn“, der in das politische Geschäft hineingetragen werde. Und er nennt das Agieren einiger Räte Kumpanei. Zudem berichtet der Bürgermeister, dass die Verlängerung eines Kooperationsvertrags zwischen Gemeinde und Liba verhindert werden soll. Und er sagt, dass er „alles tut, um die Kündigung zurückzuziehen“, sofern der Verein entgegenkomme.

Ratsmitglied Edgar Appenrodt (FWG/Grüne) zeichnet ein gänzlich anderes Bild und äußerte sich enttäuscht „über die fehlende Kompromissbereitschaft“. So sei die entsprechende Beschlussvorlage nicht von Ratsmitgliedern eingebracht worden, sondern von der Verwaltung, also dem Bürgermeister selbst. „Das ist doch sein Antrag auf Kündigung gewesen“, hebt der Politiker hervor. Die Gemeindeverwaltung habe eine rechtliche Klärung des Sachverhaltes stets abgelehnt. „Frau Brämer soll erst ihre Schuld eingestehen. Das schlägt doch dem Fass den Boden aus“, schimpft Appenrodt. Die persönlichen Animositäten von Verwaltungsmitarbeitern gingen zu Lasten eines Vereins, der sich um die Gemeinde verdient gemacht habe und nicht dem Selbstzweck diene. Der Bürgermeister habe es nicht geschafft, einen Kompromiss herbeizuführen.

Und er berichtet von einem ähnlich gelagerten Fall mit dem Verein „Mehrgenerationenzentrum“. „Der wurde auf komplett andere Weise gelöst. Hier wurde der Mietpreis angepasst“, berichtet das Ratsmitglied und fügt hinzu: „Ich wünschte, die Gemeinde würde Liba genauso unterstützen wie das MGZ. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.“ Dafür herrschten Bosheit und Gnatz, Schaden nehme damit auch die Gemeinde selbst.

Für Frank Nase ist indes das letzte Wort noch nicht gesprochen. Doch er bleibt dabei: „Gleicht das Konto aus. Danach können wir den Vertrag anpacken.“ Außerdem stellte er dem Verein zusätzliches Geld in Aussicht, beispielsweise für ein Schülerlotsen-Projekt. Und er will auf der morgigen Vorstandssitzung erneut das Gespräch suchen.

Evelyn Brämer kennt ihren Worten zufolge ein solches Angebot noch nicht, wäre aber zu Gesprächen bereit. „Für uns steht jetzt erst einmal die Kündigung zum 31. Dezember dieses Jahres. Bis dahin müssen wir schauen, wo wir bleiben.“