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Platznot Schule soll zum Kindergarten werden

Die Barleber Grundschule ist aus dem roten Backsteinbau am Breiteweg ausgezogen. Jetzt zieht der Kindergarten „Barleber Schlümpfe“ ein.

Von Ariane Amann 29.06.2017, 23:01

Barleben l Vertreter des Jugendamtes des Landkreises Börde, des Bodelschwing-Hauses Wolmirstedt, Barlebens Bürgermeister Franz-Ulrich Keindorff und Mitarbeiter des Bereiches Bürgerservice der Barleber Verwaltung, zuständig für die Kindereinrichtungen in der Gemeinde, sind kürzlich für eine gemeinsame Beratung zusammen gekommen. Bei dem Treffen in Barleben ging es um die Auslastung in den Kindereinrichtungen in der Gemeinde, die bereits seit Wochen für Kritik sorgt.

Derzeit sind in vier von fünf Kindereinrichtungen mehr Kinder angemeldet als laut Betriebserlaubnis erlaubt sind. Die Gemeinde hatte dafür bereits im vergangenen Winter Ausnahmegenehmigungen beim Jugendamt beantragt und erteilt bekommen. Diese Ausnahmegenehmigungen sind jedoch nur sechs Monate gültig und enden am 31. Juli, also in rund vier Wochen. Ab dann gelten wieder die Kapazitäten entsprechend der jeweiligen Betriebserlaubnis.

In der Kinderkrippe „Jenny Marx“ sind das 67 Kinder, im Kindergarten „Barleber Schlümpfe“ 120 Kinder, im Hort 125 Kinder, in der Kindertagesstätte „Birkenwichtel“ 80 Kinder und in der Kindertagesstätte „Gänseblümchen“ 92 Kinder. Erschwerend kommt hinzu, dass in der Ebendorfer Kindertagesstätte „Gänseblümchen“ der zum Gruppenraum umfunktionierte Container direkt auf dem zukünftigen Baufeld für den Kita-Neubau steht und spätestens zum Baubeginn im Herbst dieses Jahres zurückgebaut wird. In Folge dessen reduziert sich die Kapazität ab August auf 77 Kinder.

Rechtlich sieht die Situation momentan so aus: Der Anspruch auf Kinderbetreuung richtet sich laut Kinderförderungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KiFöG LSA) „gegen den öffentlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Gebiet das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat“, wie es in Paragraf 3 heißt. Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist der Landkreis Börde.

Das bedeutet für Eltern von Kindern, die in den Barleber Einrichtungen betreut werden sollen: Bestehen in den Barleber Einrichtungen über die Kapazitäten hinaus Bedarfe, ist der Landkreis in der Pflicht, in „einer für Kinder zumutbar erreichbaren Tageseinrichtung“ (ebenfalls Paragraf 3 des KiFöG)) geeignete Ausweichplätze anzubieten.

Theoretisch hieß das auch, dass ein Platz in einer anderen Gemeinde angeboten werden könnte. Doch auch in den umliegenden Gemeinden sind nicht genügend Plätze frei, um alle Kinder aus Barleben unterzubringen, die momentan noch keinen Betreuungsplatz haben. Das berichten Eltern aus Barleben, die bislang nur einen ablehnenden Bescheid für die Einrichtungen in der Gemeinde Barleben in der Hand haben und ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchten.

Zu Reisewellen in andere Gemeinden soll es jedoch nach dem Willen der Barleber Verwaltung nicht kommen. Bürgermeister Keindorff sagt: „Wir haben ein großes Interesse daran, im Sinne der Eltern und der Kinder gleichermaßen eine sinnvolle und umsetzbare Möglichkeit zu schaffen, dass die Betreuung weiterhin in unserer Gemeinde stattfinden kann.“

Daran ist auch dem Landkreis gelegen. Matthias Wendt, Leiter des Jugendamtes beim Landkreis Börde, sagt zu: „Wir unterstützen jegliche Anstrengungen der Gemeinde, die dazu führen werden, dass kein Kind in eine Einrichtung einer anderen Gemeinde gebracht werden muss.“

In der Beratung mit dem Jugendamt hat sich ein Vorschlag als konkrete und kurzfristig umzusetzende Variante abgezeichnet. Demnach können die nach der Schulzusammenlegung von Grund- und Gemeinschaftsschule freigewordenen Räume der Grundschule und des Hortes in Barleben am Breiteweg als Quartier für einzelne Kindergartengruppen genutzt werden. „Die Räume geben das her. Aufwändige Umbaumaßnahmen, zum Beispiel wegen geltender Brandschutz- und Hygienebestimmungen, sind nicht zu erwarten“, erklärt Barlebens Pressesprecher Thomas Zaschke. Schließlich hatte das Jugendamt unter Beteiligung der entsprechenden Fachämter in den vergangenen Jahren bereits zweimal Ausnahmegenehmigungen für den Hort erteilt.

Mittelfristig wird sich die Situation mit der Realisierung der Stark-III-Projekte Ersatzneubau der Kita in Ebendorf, Ersatzneubau der Kinderkrippe in Barleben, dem Umbau und der Sanierung desKindergartens und des Hortes Barleben am Standort der ehemaligen Grundschule sowie dem Umbau und der Erweiterung der Kindertagesstätte in Meitzendorf wieder entspannen. Bis es soweit ist, werden aber sicher noch einige Jahre ins Land gehen.

Bislang sind nur die Fördermittel für den Ersatzneubau der Kita in Ebendorf bewilligt worden. „Wir gehen aber weiterhin davon aus, dass es auch für die anderen Anträge Bewilligungen geben wird“, sagt der Bürgermeister. Grundvoraussetzung für die Umsetzung der Stark-III Projekte ist jedoch ein genehmigungsfähiger Haushalt, der bislang nicht vorliegt. Mit diesem will sich der Gemeinderat in der kommenden Woche befassen.

Nach den Neu-, Umbau und Sanierungsmaßnahmen stehen in den jeweiligen Einrichtungen dann deutlich mehr Betreuungsplätze zur Verfügung. „So kann beispielsweise in Ebendorf die Kapazität vonn 77 Kindern in der Bauphase aus 100 Kinder im Neubau gesteigert werden. Im Durchschnitt kann jede Einrichung in der Zukunft rund ein Viertel Kinder mehr aufnehmen“, sagt Thomas Zaschke.

Vorerst wird die Gemeinde für alle fünf Kindereinrichtungen erneut Ausnahmegenehmigungen beantragen. Zaschke erklärt dieses Vorgehen: „Das Jugendamt hat zugesagt, alles zu ermöglichen, um die Ausnahmegenehmigungen für einen längeren Zeitraum zu bewilligen, im besten Fall bis zur Realisierung der Stark-III Projekte.“ In dem Fall müssten die Ausnahmegenehmigungen nicht regelmäßig neu beantragt werden.

Der Bereich Bürgerservice informiert, dass Eltern, deren Antrag auf Aufnahme ihres Kindes in eine Tageseinrichtung der Gemeinde Barleben bisher nicht entsprochen wurde, und die diesbezüglich an das Jugendamt des Landkreises verwiesen wurden, nicht erneut aktiv werden müssen. „Alle Anmeldungen bleiben weiterhin in unserer Datenbank“, so die Bereichsleiterin Birgit Lehmann.

Zusätzlich bekommen nun zuerst die Eltern einen Betreuungsplatz für ihr Kind, die in den vergangenen Wochen bereits einen ablehnenden Bescheid erhalten haben. „Dabei gehen wir nach dem gewünschten Beginn der Betreuung vor“, sagt Birgit Lehmann. Ziel dieses Vorgehens sei, dass alle Eltern mit einer momentanen Ablehnung in den kommenden Wochen die Zusagen für ihre gewünschten Betreuungsplätze bekommen sollen.