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Landkreis Börde Betrug und Erpressung im Internet

Die Polizei beobachtet in der Corona-Pandemie einen Anstieg von Internetkriminalität. Das ist auch in Wolmirstedt zu spüren.

Von Christian Besecke 18.01.2021, 00:01

Wolmirstedt l Für den Pressesprecher des Polizeireviers Börde, Matthias Lütkemüller, sind die massiv gestiegenen Fälle von Internetkriminalität keine Überraschung. „Die Menschen bestellen in Zeiten des Corona-Lockdowns viel mehr über das Internet“, sagt er. „Und dort schöpfen die Kriminellen oft genug E-Mail-Adressen und persönliche Daten ab.“

Die Verbraucherzentrale teilt diese Einschätzung und warnt aktuell vermehrt vor sogenannten Pishing-Mails. Dabei „fischen“ oder „angeln“ die Täter sich leichtgläubige Menschen mit nachgemachten Mails von Firmen oder Institutionen. In denen wird ein Problem vorgegaukelt und der Angeschriebene solle doch seine Daten prüfen oder bestätigen. Angeboten wird ein Link, den man praktischerweise direkt nutzen könne. „Genau das ist der Punkt“, sagt Lütkemüller. „Über diesen Link erlangen die Kriminellen Zugriff. Dabei machen die das noch nicht einmal selber per Hand. Die Attacken und Fallstricke organisieren heutzutage oft Programme, die sich selbständig E-Mails und andere Daten aus dem Internet holen.“

Bei Nachrichten von Firmen und Anbietern sollte daher eine Überprüfung, ob an der Sache was dran ist, durch den Anwender immer über das eigenhändige Aufrufen der entsprechenden Internetseiten erfolgen. „Bezahldienste wie beispielsweise Paypal, aber auch Banken und die Sparkasse kennen solche versuchten Attacken zur Genüge“, sagt der Polizeisprecher.

Auf eine vermehrt auftretende Masche weist die Verbraucherzentrale hin. So tauchen in letzter Zeit immer öfter Mails auf, hinter denen eine waschechte Erpressung steckt.

Eine solche hat auch die Redaktion erreicht. Darin wird behauptet, der Empfänger habe sich auf einschlägigen Internetseiten herumgetrieben und es gebe angeblich ein Video von ihm in enstprechender Pose vor dem Bildschirm. Um eine Veröffentlichung aufzuhalten, solle der Nutzer eine drei- bis vierstellige Summe Euro auf ein bestimmtes Bitcoin-Konto (Digitalwährung) überweisen. Wie das funktioniert, soll der Betroffene doch gefälligst im Internet recherchieren.

„Solche Erpresser-Mails kann man ruhigen Gewissens in den Papierkorb schieben“, sagt Lütkemüller. „In die Betrachtungen sollte nämlich immer mit einfließen, ob man entsprechende Seiten besucht und überhaupt eine Kamera am Monitor hat.“ Bei den Benachrichtigungen handele es sich mittlerweile um Massenware, bestätigt auch die Verbraucherzentrale.

Mit der Mail, die die Redaktion erreicht hat, passierte aber noch mehr. Sie verschwand spurlos im Papierkorb und stattdessen kam eine Folgenachricht: „Ich habe gesehen, dass Sie meine erste E-Mail erhalten haben. Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass Sie nur 24 Stunden Zeit haben, meinen Forderungen nachzukommen, oder ich werde das Video an alle Ihre Freunde und Bekannten schicken.“

Das sei eine Masche, die im Jahr 2019 zum ersten Mal beobachtet worden ist, teilen die Verbraucherschützer mit. Aktuell erlebe sie eine Hochkonjunktur. „Da wird dem Empfänger vorgemacht, es bestehe ein Zugriff auf den Computer“, schätzt Matthias Lütkemüller ein. Das sei aber in der Realität nicht der Fall.

Der Pressesprecher empfiehlt eine Anzeige bei der Polizei. Immerhin sei der Absender der Mail ein Anknüpfungspunkt. „Allerdings enden die Nachforschungen der Polizei dann meist beim Betreiber von Servern (Geräte mit hohen Speicherkapazitäten) im nichteuropäischen Ausland“, erläutert Lütkemüller. Gebe es mit dem entsprechenden Standortland keine Verträge über Zusammenarbeit, sei hier meist Schluss mit den Ermittlungen.

Dennoch sei eine Anzeige wichtig, um schon allein die häufige Anwendung dieser Masche zu dokumentieren und andere Menschen zu warnen. Der Polizeisprecher macht in diesem Zusammenhang auch auf eine durchdachte Nutzung von Kameras im Internet aufmerksam. Diese werden bei Internet-Telefonaten, aber auch vermehrt bei Online-Sitzungen verwendet. „Wenn man eine Kamera nicht braucht, sollte man sie entweder in einen anderen Winkel drehen oder abdecken“, empfiehlt der Polizist. „An neueren Bildschirmen gibt es inzwischen Lösungen, bei denen man einen Schieber über die Linse legen kann.“

Kriminelle seien durchaus in der Lage, von außerhalb Kameras aber auch Handys anzusteuern und ganz normale Vorgänge des Alltagslebens in einem bestimmten Raum aufzunehmen. „In dem Zusammenhang ist es für die Bürger wichtig zu wissen, dass Einbrüche im Corona-Lockdown nicht etwa abgenommen haben. Nein, die Zahl ist in etwa gleich geblieben, so auch bei uns im Landkreis“, betont der Polizist. „Die Täter nutzen im Digitalzeitalter jede Möglichkeit, um entsprechende Objekte auszuspähen, ob persönlich oder eben per Internet.“

Mit einem gestiegenen Aufkommen an Internet-Betrügereien haben die Regionalbereichsbeamten in Wolmirstedt zu tun. So gab es etliche Fälle mit sogenannten Fake-Shops (Volksstimme berichtete) und eben den angeführten Fall der Erpressung. „Mittlerweile übertreffen die angezeigten Internetbetrügereien sogar die Zahl der Fahrraddiebstähle in der Stadt“, sagt der Regionalbereichsbeamte Marco Rath. „Und das will schon etwas heißen.“ Immer mehr in den Fokus rückt dabei die Plattform Ebay-Kleinanzeigen. „Die Leute haben vorweg bezahlt, aber die erworbene Ware nie bekommen“, erläutert der Beamte. „Erpressungsversuche wie im vorliegenden Fall haben wir eher selten.“ Es sei aber nicht auszuschließen, dass die Zahl steigen werde, da die Verbraucherzentrale schon vor der neuen Masche warne.