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Reinigung Alte Motorräder verlassen die Ohre

Mitarbeiter des Landesbetriebes für Hochwasserschutz haben vor allem Schrott und Autoreifen aus dem Gewässer geholt.

Von Gudrun Billowie 25.08.2016, 16:24

Wolmirstedt l Es ist Mittwoch früh, 8.30 Uhr. Ein hellblauer Kranwagen des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) biegt auf das Nabu-Gelände in der Fabrikstraße. Der Wagen stoppt, Uwe Gollmer und Herbert Hanke springen aus der Fahrerkabine. Sie wollen den Schrott aus der Ohre entfernen.

Die Zeichen dafür stehen günstig. Der Sommer zeigt sich von seiner schönsten Seite. Die Ohre führt zwar wieder mehr Wasser, als noch vor zwei Wochen, trotzdem schimmern große Schrottteile braun durch die Wasseroberfläche. Uwe Gollmer und Herbert Hanke haben sich am Vortag mit dem Gelände vertraut gemacht. Nun rücken sie dem Schrott zuleibe.

Die Ohre ist ein Gewässer erster Ordnung und liegt damit in der Obhut des LHW. Als die Schrottsammelaktion bekannt wurde, hat das Zielitzer Kaliwerk sofort Hilfe angeboten. Doch der LHW war vorerst zuversichtlich, dass er mit seiner Technik der Sache gewachsen ist. Gefreut hat sich der Landeswasserbetrieb trotzdem.

Herbert Hanke steigt in die Wathose. Sie reicht bis zur Brust und er hofft, dass kein Ohrewasser hineinschwappt. Mit Hilfe einer Forke tastet er sich vorsichtig das Ufer herab. Das ist von Pflanzen bewachsen und wirkt unspektakulär. Doch ein falscher Tritt kann das Gleichgewicht kosten.

Schließlich steht Herbert Hanke sicher im Fluss. Seine Schritte lassen den aufgewirbelten Schlamm wie braune Wolken durchs Wasser wabern. Die Sicht ist getrübt, trotzdem kann Uwe Gollmer vage von oben erkennen und zeigen, wo die Schrottteile liegen.

Herbert Hanke krallt die Forke in einen schmalen Kübel mit noch schmalerem Hals. Es könnte eine Bombe sein, aber die beiden Männer haben schon viel Schrott, Automaten und Tresore aus Flüssen gezogen und lassen sich nicht beirren. Hanke ruckelt am Kübel, doch der lässt sich kaum bewegen. Die Männer vermuten, dass Teer darin lagern könnte. Doch dann bewegt sich der Kübel, Herbert Hanke zieht ihn zum Ufer und mit vereinten Kräften hieven ihn die beiden Männer an Land. Aus der Öffnung ergießt sich zähflüssiger Schlamm.

Wenige Meter flussaufwärts sind weitere Schrottmonstren sichtbar. Herbert Hanke watet dorthin und erkennt in der Flussmitte einen alten Badeofen. Er hakt mit Forke darunter. „Der lässt sich überhaupt nicht bewegen.“ Der Badeofen wird vorerst im Wasser verbleiben, denn Uwe Gollmer schätzt, dass der Arm des Kranwagens nicht bis dorthin reicht.

Der gesamte Schrott scheint schon lange im Wasser zu liegen. „Besonders im Bereich alter Fabriken und Gehöfte finden wir viel“, berichtet Uwe Gollmer. Hinter ihm ragt die ehemalige Zuckerfabrik imposant in den Himmel.

Inzwischen ist auch Jörg Brämer vor Ort, Chef der örtlichen Nabu-Gruppe. Dem Nabu gehört das Stück Land an der Ohre gegenüber der Zuckerfabrik. Brämer bietet an, in den nächsten Tagen einen Traktor zu schicken, mit dem der Badeofen aus dem Wasser gezogen werden kann. Die LHW-Mitarbeiter nehmen das Angebot an und versprechen, sich um die Entsorgung zu kümmern.

Schaden gehe vom Schrott nicht aus, beschwichtigt Jörg Brämer. Es sei gefährlich für Kanufahrer, die Böden der Boote könnten beschädigt werden. Und natürlich zerstört es den idyllischen Anblick, den die Ohre ansonsten zu bieten hat.

Inzwischen haben Uwe Gollmer und Herbert Hanke den Kranwagen aufgebockt. Neben dem Badeofen haben sie den Umriss eines Motorrads erkannt, näher am Ufer liegend und deshalb gut zu erreichen. Uwe Gollmer steuert den Kranarm, fädelt ihn vorsichtig unter den Ästen einer Weide hindurch, die über den Fluss ragen. Herbert Hanke steht inzwischen wieder an Land und zeigt, an welcher Stelle Uwe Gollmer den Kranarm herabsenken soll.

Der Greifer taucht unter Wasser wie ein offenes Maul und schließt sich auf dem Ohregrund um den Schrottrahmen. Als Uwe Gollmer den Kranarm anheben lässt, klemmt im Greifer tatsächlich ein Motorrad. Es droht auseinanderzubrechen, deshalb lässt Uwe Gollmer das Zweirad wieder auf Boden sinken, um anschließend aus einem anderen Winkel heraus erneut zuzugreifen. Dann ist es gefasst, wird langsam über die Wasseroberfläche gehoben, Ohrewasser fließt in Bächen von Reifen, Lenker und Tank. Uwe Gollmer muss den Kranarm wieder um die Äster der Weide jonglieren, bevor er das Motorrad vorsichtig auf der Ladefläche ablegen kann.

Die Männer finden ein zweites Motorrad, weitere uralte Kleinteile, schließlich einen großen Schrank, der sich als alter Ofen mit Rohröffnung und Ofenklappe entpuppt. Aus einem der Rostlöcher fällt eine Wollhandkrabbe heraus.

Dann müssen die Männer das Kranauto umsetzen, um auch andere Stellen im Stadtgebiet zu beräumen. Am Ende ist die Ladefläche randvoll. Dort, wo das Kranauto nicht an das Ufer gelangt, wird im Herbst anderes Gerät den Schrott aus dem Wasser ziehen.