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Sanierung Ins alte Kloster zieht wieder Leben

Im ehemaligen Kloster in Wolmirstedt entstehen Wohnungen. Damit kehrt in das denkmalgeschützte Gebäude samt Anbau wieder das Leben zurück.

05.07.2017, 23:01

Wolmirstedt l Im ehemaligen Kloster neben der Katharinenkirche stehen neuerdings wieder die Fenster weit offen. Aus dem Innern dröhnt Poltern, Staub wolkt an die frische Luft, hin und wieder rutscht Schutt durch ein Rohr in den Container. Das alte Gebäude samt Anbau wird gerade entkernt. In zwei bis drei Wochen soll alles auf Anfang gesetzt sein, dann kann der Ausbau für die Zukunft beginnen.

Im Hauptgebäude samt Anbau sollen 21 Wohnungen entstehen, eine der Wohnungen wird sogar im Turm eingerichtet, die anderen werden auf die Hochparterre und das Dachgeschoss verteilt. Voraussichtlich in einem Jahr werden die ersten Wohnungen fertig sein.

Eigentümer ist ein Wolmirstedter, Bauträger die Templ-Gruppe mit Sitz im nordrheinwestfälischen Stemwede, die sich schon mehreren Baudenkmälern gewidmet hat. Bauleiter Rainer Stiklorus arbeitet auch beim ehemaligen Kloster eng mit dem Denkmalschutz zusammen: „Wir werden wieder Holzfenster einsetzen, die alte Holzdecke in der ehemaligen Aula wird erhalten.“ Auch die Art der Dachziegel und die Fassadenfarbe werden historischen Vorbildern nachempfunden. Zum Hof hin gibt es einen alten verglasten Wintergarten, dessen Substanz ebenfalls erhalten bleibt.

Das ehemalige Kloster samt Anbau wurde lange als Berufsschule genutzt, steht aber schon seit ewigen Zeiten leer. Kirchenführer Jörg Bonewitz erzählt während der Stadtführungen des Museums manchmal von dessen Geschichte. Das alte Klostergebäude wurde 1732 erbaut, und zwar als Äbtissenhaus für den Zisterzienserorden, zugleich wurde es Fräuleinstift. Die Fräuleins wurden Stiftsdamen genannt, sie konnten ihr klösterliches Dasein sogar beenden, sobald sich einer fand, der sie heiratete. Die Geschichte des Hauses als reines Kloster und Fräuleinstift währte 78 Jahre, im Jahr 1810 wurde es zum Pächterhaus der Stiftsdomäne gewandelt und als solches bis 1945 genutzt.

Als Domäne wird ein großes Landgut bezeichnet, Ackerbau und Viehzucht gehörten zum Alltagsgeschäft. Das Areal der Stiftsdomäne dehnte sich in etwa zwischen der heutigen Triftstraße im Süden bis zur Bahnhofstraße im Norden aus, wurde von heutiger Fußgängerzone im Westen und Parkstraße im Osten begrenzt. Obwohl der reine Klosterbetrieb mit der Domänenzeit beendet war, durften die Äbtissinnen und gläubigen Damen in diesem Haus bleiben. Eine bezahlte das mit dem Leben.

Die Zeiten waren schwer, Napoleons Franzosen zogen durchs Land, verwüsteten, plünderten, mordeten. Sie waren auch in Magdeburg stationiert, fielen 1813 in Wolmirstedt ein. „Die Preußen haben ihnen die Stadt überlassen“, erzählt Jörg Bonewitz. Die Franzosen stürmten auch in das Pächterhaus, das ehemalige Kloster, richteten die Gewehre gegen die Damen. Es erwischte die Predigerwitwe Böther, sie wurde durch einen Schuss getötet.

„Die Kugel war lange erhalten und die Urne steht in der Schlosskapelle“, erzählt Jörg Bonewitz. Auf dem Friedhof existieren noch immer die Fundamente des ehemaligen Franzosengrabes. Der Name ist irreführend, denn die Predigerwitwe Böther war Deutsche, ihr Mörder war ein Franzose.

„Als Andenken an diese Geschichte würde ich mir wünschen, dieses Grab wieder aufzubauen“, sagt Jörg Bonewitz. Diese Idee haben schon mehrere geschichtsinteressierte Bürger vorgebracht, doch dazu ist es bisher nicht gekommen.

Am ehemaligen Klostergebäude gibt es übrigens noch eine Besonderheit. Am Mittelpavillion befindet sich ein kleiner Fenstererker mit geschlossenem Unterbau. Beobachtungen des Kreisdenkmalpflegers Erhard Jahn ergaben, dass dieser Erker nachträglich angebaut wurde und praktisch als Plumpsklo diente. Solcherlei „stille Örtchen“ sind auch heute noch an Burgen zu finden.

Bis 1966 war der Mittelpavillon sogar noch durch einen Turm gekrönt. Der ist 1966 abgebrochen und wird auch im Zuge der Sanierung nicht wieder aufgebaut.