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Schützenverein Mit Korn und Kimme auf die Zehn

Die Barleber Schützen sind sehr aktiv. Was die Faszination des Sports ausmacht, hat Volksstimme-Redakteurin Ariane Amann ausprobiert.

07.02.2017, 23:01

Barleben l Jeden Freitagnachmittag trainieren die Herren und die Jugend des Barleber Schützenvereins ihren Sport auf dem Vereinsgelände am Schützenplatz. Am vergangenen nasskalten Freitag darf ich mitmachen, einfach mal ausprobieren, wie sich das Training mit der Waffe anfühlt. Angezogen habe ich vorsichtshalber noch eine Extra-lage, falls das Training an den Schießständen und frischer Luft stattfindet.

Detlef Jungmann, der mich zum Training eingeladen hatte, begrüßt mich im Vereinsheim. Dort ist es warm, und zu meiner heimlichen Freude darf ich mich gleich an Luftdruckwaffen ausprobieren. Die Übungsbahn für diese Disziplin befindet sich nämlich im Vereinsheim und ist geheizt. Detlef Jungmann macht sich gleich daran, mich mit einer Übungswaffe auszustatten. Zuerst bekomme ich eine Luftdruckpistole in die Hand, in der sie schon ganz gut liegt. „Na, aber das geht bestimmt noch besser. Probieren Sie mal die kleinere“, sagt Detlef Jungmann und tauscht die Waffen.

Offenbar hat der Jugendwart des Vereins ein gutes Auge für die Passform, denn die Waffe mit dem kleineren Griff passt wie angegossen auf meine schmale Hand. Zum Laden nimmt Jungmann sie mir aber noch einmal aus der Hand, zeigt mir, wie die Übungsmunition in den Lauf gelegt wird. „Sie müssen sich jetzt längs zur Bahn aufstellen und dann den Kopf wieder nach vorn drehen“, sagt Doreen Sticklat, die drei Bahnen weiter ihre eigene Ausrüstung auspackt.

Beim Aufstellen merke ich schnell, dass meine linke Hand überflüssig ist. „Am besten an den Gürtel legen“, sagt sie. Einen Gürtel habe ich aber gar nicht, ich bin im Winterkleid zum Training erschienen. Doreen Sticklat gibt mir ihren Ledergürtel, damit ich die Hand dort einhaken kann. Das fühlt sich besser an.

Über Kimme und Korn an der Pistole visiere ich die Zielscheibe an. Die misst ungefähr 20 Zentimeter im Durchmesser, fühlt sich aber eher an wie ein Zwei-Euro-Stück auf die zehn Meter Entfernung. Einen Tipp zum Atmen vor dem Schuss bekomme ich noch: „Zweimal ausatmen, einatmen. Dann abdrücken“, sagt Detlef Jungmann. Vier, fünf Sekunden Zeit hat man wohl nach dem Atmen, ehe der Körper wieder unruhig wird. Den Abzug soll ich kurz andrücken, bis ein Widerstand kommt, dann richtig durchziehen. Das ist fast wie am Abzug meiner Kamera, da funktioniert das „Schießen“ der Bilder auch so.

Die Munition schlägt immerhin am anderen Ende der Bahn ein, zwar nicht im Schwarzen, aber sie erreicht immerhin die Scheibe. Um genau nachzusehen, kann man die Scheiben per Knopfdruck näher heranholen. Jungmann nickt zufrieden und reicht mir die Munition zum Nachladen. Nach ein paar Schuss habe ich den Dreh dann heraus und kann schon selbständig schießen.

Allerdings haben die Schützen auch ein Einsehen und erleichtern mir die Trainingsbedingungen. Ich darf mit Auflage schießen, die Pistole kommt also auf eine Unterlage. Das Halten ist so viel einfacher. Ich bekomme auch noch eine improvisierte Augenklappe aus einem Stück Pappe, die geübten Schützen haben auch Schützenbrillen, mit denen man beim Zielen leichter ein Auge „abschalten“ kann.

Neben mir trainiert Robin Sticklat, einer der Nachwuchsschützen des Vereins. Mit stoischer Ruhe visiert er seine Scheiben an und trifft natürlich deutlich besser als ich. Ob die Schützen oft mit Vorurteilen konfrontiert werden, frage ich ihn. „Klar hören wir manchmal, wir würden ja nur rumballern. In der Realität sieht das aber anders aus, unserer Erfahrung nach sind Schützen immer sehr verantwortungsbewusst“, sagt er.

Mit der Auflage wird das Schussbild schon besser, ich taste mich immer näher an die Mitte der Zielscheiben heran.

Als nächstes steht ein Waffenwechsel an, mit dem Luftgewehr geht es weiter. Die Bahn bleibt gleich, die Scheiben werden ausgetauscht. Viel kleiner sind sie als beim Pistolenschießen, ich kann mir nicht vorstellen, dass ich wirklich treffe. Gleich der erste Schuss ist allerdings der beste. „Eine glatte Zehn“, zeigt mir Detlef Jungmann erfreut. Und ich grinse plötzlich wie ein Honigkuchenpferd. Bei den zehn Schüssen mit dem Gewehr landet nur einer außerhalb der schwarzen Ringe. Da war der Finger zu ungeduldig am Abzug. „Abgesehen davon sieht das schon richtig gut aus“, sagt auch Doreen Sticklat.

Am Ende trage ich mich auf dem Weg aus dem Vereinsheim noch ins Buch ein. Das machen alle, die eine Waffe in der Hand haben, damit wir immer wissen, wer wann auf der Bahn war“, sagt Doreen Sticklat. Das hat auch versicherungstechnische Gründe.

Und als tüchtige Vereinsmitglieder fragen mich die Barleber Schützen auch gleich, ob ich nicht regelmäßig wiederkommen will. Das ist allerdings von Berufs wegen schwierig, zu oft kommen Termine dazwischen. Mit der Zuverlässigkeit wäre das so eine Sache. Vielleicht komme ich aber mal zum Spaß-Wettkampf, wenn ich nicht gegen geübte Schützen antreten muss. Ich habe mich nämlich richtig gut aufgehoben gefühlt bei den Barleber Schützen.

Spaß gemacht hat das Training aber, und ich habe jetzt eine kleine Ahnung davon, was die Faszination des Schießsports ausmacht. Ruhe und Präzision sind gefragt im Umgang mit der Waffe, mit Hektik kommt man hier nicht weit. Hartnäckigkeit braucht man wohl auch, ohne regelmäßiges Training sieht man vermutlich nicht so schnell bessere Ergebnisse.