Sommernachtsball Magie statt Alltag

Alle zwei Jahre veranstaltet die Gerhard-Schöne-Schule in Wolmirstedt einen Sommernachtsball. Schüler feiern gemeinsam mit Ehemaligen.

30.06.2019, 23:01

Wolmirstedt l „Darf ich schon einmal am Glücksrad drehen“, fragte ein Junge mit strahlenden Augen. Währenddessen sahen Hannah und Luisa gebannt zu, wie der Zauberer Alfino Würfel in einer Kiste verschwinden lässt.

Die Kinder und Jugendlichen sind Schüler und Ehemalige der Gerhard- Schöne-Schule in Wolmirstedt. Mit Lehrern, Schulleitung und Schulbegleitern feierten sie kürzlich im Hinterhof der Schule zum siebten Mal den Sommernachtsball. Er findet nur alle zwei Jahre statt. In diesem Jahr hieß das Motto „Magie“. Deshalb war der Höhepunkt für die Gäste der Auftritt des Zauberers, und über dem festlich geschmückten Schulhof schwebte eine zauberhafte Atmosphäre, von sommerlichen Klängen eines DJs unterstützt.

„Es ist immer ein Highlight, dem wir alle froh entgegen blicken“, sagte Steffi Knauer, die Elternvertreterin der Gerhard-Schöne-Schule. Die Schule besuchen Schüler mit verschiedenen körperlichen und geistigen Behinderungen. Steffi Knauers Tochter Marie Knopf besucht die Schule ebenfalls. Die 16-Jährige hat eine celebrale Tetraparese, die sich in Minderungen der Muskelkraft und in neurolgischen Störungen äußert. Sie sitzt im Rollstuhl und ist im Schulalltag auf ihre Begleitung Simone Laube angewiesen, die sie beim Essen und alle anderen Belangen des Alltags unterstützt.

Die Tochter der Elternvertreterin war eine der ersten, die eine Schulbegleitung in Anspruch genommen hat, so die Schulleiterin Dagmar Lupu. Mittlerweile sind es ungefähr zehn Fachkräfte, die jeweils einen Schüler unterstützen. „Früher waren es deutlich weniger“, sagte Lupu, „aber wir hatten auch schoneinmal zehn, als es noch keine Nachbetreuung nach der Schule gab“. Jetzt sei man froh, einen Hort zu haben, für den die Eltern der Schüler lange gekämpft haben.

Für viele, wie auch Marie Knopfs Mutter Steffi Knauer, stellte sich die Frage, ob sie eine Schulbegleitung brauchen oder nicht, jedoch gar nicht: „Bei der Behinderung meiner Tochter gibt es keine Alternative“, so Knauer.

Zum Fest hat Knopf ein freundliches, offenes Lächeln. Ihr Alltag, erläutert Laube, besteht im Moment unter anderem aus Musiktherapie, darüber hinaus spielt sie sehr gern Mensch-Ärgere-dich nicht. Schüler wie Marie, so erläuterte ihre Mutter, haben es schwer, nach der Schule in der freien Marktwirtschaft zu arbeiten. „Diese Schüler,“, das sagte Schulleiterin Dagmar Lupu, „bereiten wir auf ihren Alltag nach der Schule vor. Wir machen sie lebenstüchtig“.

Neben Inhalten, die auch an anderen Schulen gelehrt werden, wie Rechnen und Schreiben, lernen Kinder und Jugendliche in der Gerhard-Schöne-Schule, in einer Lehrwohnung, wie sie ihre Räumlichkeiten in Ordnung halten, wie sie einen Haushalt führen und den Umgang mit Geld.

Außerdem arbeiten sie bei verschiedenen Partnern der Schule wie dem Bodelschwingh-Haus, einer Wohn- und Werkstätte für Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen und privaten Firmen in Werkstätten, auch mit der Agentur für Arbeit zusammen.

Manchen, etwa einem Drittel, so erklärt Knauer, die auch Mitarbeiterin in der Agentur für Arbeit ist, gelingt nach der Schule auch der Einstieg in die freie Marktwirtschaft. „Es sind die etwas fitteren Schüler“, sagte Lupu, „oft Kinder mit Lernbehinderungen“. Diese Schüler seien häufig Grenzfälle, manche seien von Anfang an fehl am Platz an der Förderschule gewesen. „Doch einige haben sich wegen uns so gut entwickelt, dass sie es schaffen. Doch das sind eher wenige, zwischen fünf und zehn Prozent“.

Einer, der wegen dieser Arten von Beeinträchtigungen die Schule besucht hat, ist Lukas Gauer. Der 21-Jährige stand selbstbewusst hinter dem DJ-Pult. „Ich arbeite im Recyclinghof im Bodeschwingh-Haus“, erzählte Gauer, „ich sortiere Schrott, baue Waschmaschinen auseinander und den einen oder anderen Fernseher“. Und sein Hobby ist das Auflegen von Musik bei Festen. „Schuldiskos, Fasching und Sommerfest, da bin ich immer hier“.

Die Förderschule hat er wegen einer Lese-, Rechtschreibschwäche besucht, anfangs habe er sich auf der Schule nicht so wohl gefühlt. „Aber mittlerweile freue ich mich immer sehr, wieder hier zu sein“, sagte der junge Mann.

Das Fest wurde wie jedes Jahr von den Eltern organisiert. Sie stifteten Salate. Unterstützung bei Aufbau und Getränkeverkauf erhielten sie von Schülern der neunten und elften Klassen des Kurfürst-Joachim-Friedrich Gymnasiums, sowie Mitarbeitern der Schule.

„Wir finanzieren uns selbst, deshalb sind wir sehr dankbar für die Unterstützung unserer Sponsoren“, so Knauer. Darunter war die Feuerwehr, der Kanuverein mit einem Grill, und die Bördesparkasse mit 250 Euro.