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Stadtgrün Von der Kunst, Bäume zu pflanzen

Wolmirstedt ohne Bäume? Undenkbar. Doch nicht jeder kann pflanzen wann und wo er will. Warum eigentlich nicht?

Von Gudrun Billowie 22.02.2020, 00:01

Wolmirstedt l Gerd Zörner hat schon viele Bäume gepflanzt. Zwischen Wolmirstedt und Elbeu, entlang der alten Elbe hat er bereits 49 Bäumchen in die Erde gesetzt. Die meisten davon sind Stieleichen, gefolgt von Sommerlinden, Espe und Esche. Drei Jahre lang betuddelt er sie, gießt und schaut nach dem rechten. Doch seine Freude währt nicht immer lange. Der kleinen Esche, die er am Trampelpfad gegenüber des Sportplatzes gepflanzt hat, werden regelmäßig die jungen Ästchen abgeknickt. Das betrübt den Wolmirstedter. „Es ist schon der dritte Baum, den ich an dieser Stelle gepflanzt habe, und immer wieder wird die Krone abgebrochen.“ Er wünscht sich mehr Wertschätzung für die Setzlinge.

Im Rathaus ist Kerstin Pallmann für das Grün in der Stadt zuständig. Sie freut sich grundsätzlich über engagierte Bürger, die sich für eine grüne Stadt einsetzen. Doch ihr gefiele es besser, wenn sich Baumfreunde gemeinsam mit der Stadt oder dem Nabu um neue Pflanzungen kümmern. Und sie erklärt auch warum.

„An Bäume im öffentlichen Raum werden bestimmte Ansprüche gestellt.“ Besonders in der Nähe von Straßen, Rad- und Gehwegen muss das sogenannte Lichtraumprofil von 2,50 Meter eingehalten werden. Das heißt, die Bäume müssen so viel Platz lassen, dass weder Fahrzeuge, Radfahrer noch Fußgänger an irgendeiner Stelle mit Stamm, Ästen oder Zweigen kollidieren. Verursacht ein Ast oder Baum, der in den Lichtraum hereinragt oder stürzt, einen Schaden, ist der Eigentümer schadenersatzpflichtig.

Die Stadt setzt daher auf Baumschulenware. Die werden bereits mit einem ausreichend großem Stamm und einer „erzogenen“ Krone geliefert. Die verschulten Bäume seien sofort einpflanzbereit. Deren Krone ist bereits soweit ausgeformt, dass sie auch in den kommenden Jahren vor Ort weitergepflegt werden kann, beispielsweise von fachkundigen Wirtschaftshofmitarbeitern.

Mehrere solcher verschulten Bäume wurden im Herbst bereits in der Stadt in die Erde gesetzt, beispielsweise auf der Schlossdomäne. Und es sollen noch mehr werden. „Die Standorte für die Herbstpflanzung sind bereits in Planung“, verrät Kerstin Pallmann.

Gerd Zörner findet seine Setzlinge im Garten oder in der Natur. Sie sind wildgewachsen und meist noch recht klein. Von einem lichtraumgebenden Baum sind sie viele Jahre und Kronenschnitte entfernt.

Trotzdem: Ihm ist es besonders wichtig, Eichen zu setzen. „Sie sind in dieser Region der ökologisch wertvollste Baum.“ Die vielen Ebereschen, die entlang der alten Elbe wachsen, seien eher Bäume der Mittelgebirge, die dem schweren Aueboden in Wolmirstedts Süden auf die Dauer nicht standhalten.

Dass die Eiche offenbar tatsächlich der Baum der Zukunft in der Wolmirstedter Region ist, bestätigt auch Jens Dedow. Der Revierleiter des Forstreviers Elbaue sagt: „Die Eiche hat gezeigt, dass sie am besten mit unseren Bedingungen zurechtkommt.“ Erst im Herbst wurden im Küchenhorn etwa 25.000 Bäumchen in die Erde gesetzt, eine Fläche von 3,6 Hektar aufgeforstet.

Auf diesen Flächen mussten zuvor die Eschen entfernt werden, die am Eschentriebsterben erkrankt waren. Und noch immer sind nicht alle kranken Bäume an Elbe und Ohre gefällt. Richtung Heinrichsberg werden noch mehr Eschen fallen.

Vielen Baumarten macht vor allem die langanhaltende Trockenheit zu schaffen. „Wenn das Wasser fehlt, verlieren die Bäume ihre Widerstandskraft gegen Pilze und Insekten.“ Die langanhaltende Trockenheit der vergangenen Jahre, die dürren Sommer, schwächen die Bäume. Und auch dieser Winter bringt kaum Linderung. „Die derzeitige Winterfeuchte ist zwar ausreichend, aber nicht ausgleichend“, bedauert Jens Dedow.

Neben dem Wassermangel leiden Bäume auch unter langanhaltender Sonneneinstrahlung. Besonders Buchen sehnen sich in sonnigen Zeiten nach geschlossenen Wolkendecken. Dursten sie zu lange in knalliger Sonne, platzt ihnen die Rinde. Dieses Rindeaufplatzen ist das Pendant der Bäume zum menschlichen Sonnenbrand. „Nach all unseren Beobachtungen hat sich gezeigt, dass Eichen am besten zurechtkommen“, sagt Jens Dedow, „sie sind beinahe der einzige Baum, der für diese Region übrig bleibt.“

Damit hat Gerd Zörner, der vor der Rente im Landesamt für Hochwasserschutz gearbeitet hat, am Radweg auf die richtige Baumart gesetzt. Und doch: Sind seine Eichen-Babys nicht an anderer Stelle besser aufgehoben?

„Diese Art Pflanzungen passen sehr gut in Gehölzinseln der Feldflur und auf Flächen, die unter Naturschutzaspekten angelegt sind“, sagt Kerstin Pallmann. So, wie auf den Aufforstungsflächen im Küchenhorn und an der B189. Dort ist - wie im Küchenhorn - an der Abfahrt Wolmirstedt eine große Eichenschonung entstanden. Diese wurde im Auftrag des Landesbetriebes für Hochwasserschutz angelegt, als Ausgleichsmaßnahme für die Bäume, die in Glindenberg für den Deichbau gefallen sind.

Die Aufforstungsflächen sollen ein Wald werden und in einem Wald gelten andere Regeln, als in der Nähe von Straßen und Wegen. Die Baby-Bäume stehen niemandem im Weg, sie dürfen klein sein, sich drängeln, um das Großwerden rangeln. In diesen Schonungen wird in Kauf genommen, dass sich die Stärkeren gegen die Schwächeren durchsetzen.

Gerd Zörners kleine Esche, deren Krone immer wieder beschädigt wird, steht allerdings nicht im Verkehrsraum, lediglich an einem Trampelpfad. „Ich hoffe, dass hier eines Tages ein stattlicher Baum steht.“