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Stadtrat Alfons Hesse legt Mandate nieder

Wolmirstedts Stadtratsvorsitzende Alfons Hesse hat sein Amt niedergelegt. Auch sein Mandat im Glindenberger Ortschaftsrat.

Von Gudrun Billowie 11.11.2017, 00:01

Wolmirstedt l Der Glindenberger Deich ist das Sinnbild für die Ehrenamtszeit von Alfons Hesse. Pathetisch ließe sich sagen: Der Graf verlässt den Deich. Nicht gern, er beugt sich der Notwendigkeit, der Arzt hatte zu diesem Schritt geraten und Alfons Hesse hat sich entschlossen, diesen Rat zu befolgen. Er konstatiert: „Machen wir uns nichts vor, ich bin im 72. Lebensjahr.“

Der Deich: Für dieses Bauwerk schlägt sein Herz. Zwei Hochwasser hat er miterlebt, 2002 und 2013, und schon vor dem ersten Hochwasser wusste er, so wie der Deich damals gebaut war, ist Glindenberg vor der Elbe nicht sicher. Inzwischen ist der Deich größer und breiter als zuvor, und während er geplant und saniert wurde, war Alfons Hesse mit dabei, als guter Geist, Berater, Mahner, Moderator. Nun geht er darauf gern spazieren, mit Anne, seiner Frau, den Kindern und/oder Enkelkindern. Das ist nun öfter möglich, zwei arbeitsintensive Ehrenämter hat er abgelegt.

Auf diesem Deich schreitet Alfons Hesse kräftig aus, ein Filzhut schützt vor dem Regen. „Die Jahreszeit ist gut für einen Abschied“, sagt er, schaut auf die Bäume, deren Blätter braun sind oder gefallen. Er spricht vom Herbst und der Vergänglichkeit und hütet sich trotzdem davor, in Wehmut zu sinken. „Jeder ist ersetzbar“, sagt er fest und doch gesteht er, dass ihm selbst womöglich etwas fehlen wird. „Vielleicht vermisse ich es, dass ich nicht mehr mitgestalten kann.“

In dieser Beziehung würde eine Menge Arbeit warten, schließlich wird der Wolmirstedter Haushalt diskutiert. Bürgermeister Martin Stichnoth (CDU) hätte sich gewünscht, dass Alfons Hesse dem Stadtrat wenigstens bis zum Jahresende vorsteht, doch das kam nicht in Frage. „Ich hatte mich entschieden aufzuhören, deshalb wäre ich mit dem Herzen nicht mehr recht dabeigewesen. Wer aber mit angezogener Handbremse arbeitet, soll zu Hause bleiben.“

Schließlich geht es um viel. Noch immer schreibt der Haushalt keine schwarze Null. Die irgendwann hinzubekommen, gleiche einer Quälerei. Es ärgere ihn, sagt Alfons Hesse, wenn der Stadtrat für höhere Kita-, Parkgebühren oder Hundesteuern in die Tasche der Bürger greifen muss, obwohl die Landeskassen voll sind. „Es wäre gut, auch die Kommunen auszustatten“, schickt Alfons Hesse an die Adresse von Sachsen-Anhalts Regierung.

Das Amt des Stadtratsvorsitzenden hat Alfons Hesse 2014 übernommen, bis dahin war er Ortsbürgermeister Glindenbergs. Anderthalb Jahre dauert die Wahlperiode noch an. „So einen akkuraten Vorsitzenden hatten wir lange nicht, eigentlich noch nie“, bescheinigt Christina Laqua (SPD), die ihn bis zu einer Neuwahl vertritt.

Die Unvoreingenommenheit war Alfons Hesse (CDU) immer wichtig, Demokratie gilt ihm als hohes Gut. „Im Stadtrat spiegelt sich die Gesamtheit der Bevölkerung wider, vertreten durch 28 starke Charaktere.“ Da prallen Meinungen aufeinander. „Es hat Spaß gemacht, Konflikte zu moderieren“, blickt Alfons Hesse zurück, „es ist wichtig, sich um die beste Wohlfahrt für die Stadt zu streiten.“ Nur lange sollte so ein Streit nicht dauern, dann wurde Alfons Hesse sehr ungemütlich.

Mit der Kommunalpolitik hat er 1995 begonnen, da waren er und seine Frau nach Glindenberg gezogen. Prompt wurde er in den damaligen Gemeinderat gewählt. Der Ort gehörte noch zu Zielitz, erst 2009 schloss Glindenberg sich an Wolmirstedt an. Dem war viel Streit vorausgegangen, denn auch andere Gemeinden buhlten um die Elbanrainergemeinde. „Ich habe immer den Zusammenschluss mit Wolmirstedt favorisiert“, sagt Hesse, „und bis heute nicht bereut.“ Er blickt gern auf das Gesamtgebilde der Stadt. „Wir haben Vollbeschäftigung und Schulen, die bundesweit von sich reden machen.“ Die Innenstadt, die sei ein Sorgenkind, aber in Zeiten der Internetbestellung eher ein Strukturproblem.

Internet, ach ja, das ist nicht Alfons Hesses bester Freund. „Ich war der letzte mit Papier“, lacht er und bezieht das auf die Stadtratsunterlagen. Während alle anderen 27 Räte auf neue Tablets starren, raschelte der Vorsitzende unbeirrt im Blätterstapel.

Vielleicht braucht Alfons Hesse nun Krawatte und Anzug nicht mehr so oft, ganz unnütz wird formelle Kleidung nicht werden. Er bleibt Verbandsvorsteher des Unterhaltungsverbandes Untere Ohre und liebäugelt damit, Philosophievorlesungen zu besuchen. Und ganz oben steht die Familie.