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Börde Hübsche Ecken und Schandflecken

Spaziergängern bieten sich in Wolmirstedt (Landkreis Börde) schöne und hässliche Ecken. Die liegen mitunter sehr nah beieinander.

Von Gudrun Billowie 19.08.2020, 01:01

Wolmirstedt l Die Schlossdomäne wurde von Bürgern zum schönsten Ort Wolmirstedts erkoren. Das hat eine Befragung im Rahmen des integrierten Stadtentwicklungskonzeptes ergeben. Doch nicht jeder geht pfleglich mit diesem Kleinod um.

Zerstörte Lampen gehören beinahe zum traurigen Alltag auf der Schlossdomäne, besonders die Laterne vorm Bürgerhaus steht unachtsamen Autofahrern offenbar im Weg. Obwohl über die Schlossdomäne gar keine öffentliche Durchgangsstraße führt, der Verkehr zu den Parkplätzen also eher als gemächlich eingestuft werden sollte, wird sie regelmäßig angefahren.

Nun hat es eine Bank am anderen Ende des Platzes erwischt. Wie die aus der Verankerung gerissen werden konnte, ist Bauamtsleiterin Sabine Bednorz weitgehend unklar. Die Bank wirkt, als wäre jemand dagegen gefahren, doch eigentlich haben Autos in diesem Bereich nichts zu suchen. Damit sich niemand an der schiefen Sitzgelegenheit verletzt, wurde sie zunächst eingezäunt. Demnächst versuchen Mitarbeiter des Wirtschaftshofes, diese Bank wieder zu reparieren.

Lässt sich die zerstörte Bank vielleicht noch mit einer Unachtsamkeit erklären, so wurden die Bänke an der Ohrepromenade sichtlich mutwillig beschmiert. Die Bänke tragen Namen wie Lügenbank, Ruhepause und Ohreblick und wurden dort im vergangenen Jahr aufgestellt. Beschmiert wurden alle drei, aber auf der Bank „Ruhepause“ steht obendrein „Ruhm und Ehre der Wehrmacht“. Eine Straftat, eine Provokation oder pure Schmiererei?

„Es ist moralisch verwerflich“, bescheinigt Polizeisprecher Matthias Lütkemüller, „aber das fällt nicht unter verfassungsfeindliche Kennzeichen.“ Dennoch: Eine Provokation stelle es allemal dar, wenn die Wehrmacht im Zusammenhang mit den Worten Ruhm und Ehre erscheint.

Bürgermeisterin Marlies Cassuhn zeigt sich stets traurig darüber, wie manche Bürger mit ihrer Stadt umgehen und diesmal ziemlich verärgert, als sie von der Schmiererei erfuhr. Nun werden die Mitarbeiter des Wirtschaftshofes ihre nächsten freien Minuten nutzen, um die Bänke an der Ohrepromenade zu reinigen.

Dabei haben sie eigentlich genug zu tun, vor allem Blumenbeete wässern und Rasen mähen. Derzeit sind sie in den Ortsteilen unterwegs und halten die Grünflächen kurz. Geschieht das nicht regelmäßig, gibt es schnell Ärger mit den Bürgern.

Viele Wolmirstedter achten darauf, dass die Grünflächen gepflegt sind und dieser Forderung steht derzeit das Ohreufer gegenüber. Im Bereich der Ohrepromenade ist zwar ein Streifen unmittelbar am Wegesrand gemäht, aber zwischen diesem relativ kurz gehaltenen Streifen und der Ohre wachsen Brennnesseln meterhoch.

Um diesen Bereich hat sich bisher der Naturschutzbund (Nabu) gekümmert, doch der kämpft derzeit mit personellen Engpässen. „Es gibt kaum noch Interessenten für Bundesfreiwilligenstellen“, bedauert der örtliche Nabu-Vorsitzende Jörg Brämer. Zwar gebe es wieder junge Leute, die ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren möchten, doch Bundesfreiwillige seien auch gerne gesehen. Ohne sie sind solche Pflegearbeiten nur schwer zu bewältigen.

Brennnesseln gelten als Schmetterlingsfutter und sind nicht mehr grundsätzlich verpönt, aber diese Menge am Ohreufer sei auch nach Nabu-Maßstäben zu viel. Zumal der Nabu vor einem großen Rätsel steht: Brennnesseln sollen den Raupen des Kleinen Fuchses und Tagpfauenauges als Nahrung dienen, doch obwohl der Tisch reich gedeckt ist, gibt es kaum Raupen dieser Schmetterlingsarten. „Warum das so ist, ist eine offene Frage, die den Nabu umtreibt“, sagt Jörg Brämer. Er hofft nun auf eine Lösung, wie zumindest an einigen Stellen des Ohreufers gemäht werden kann.

Munter wächst auch das Unkraut am sanierten Zehngeschosser Julius-Bremer-Straße 5 und 6. Dort rückt alle vier Wochen ein „Rabattenteam“ an, daneben gibt es ein Rasen- und ein Heckenteam. Der Wohnblock und die anliegende Fläche gehört der Wolmirstedter Wohnungsbaugesellschaft (WWG). „Würden wir öfter kommen“, gibt WWG-Mitarbeiterin Claudia Schröder zu bedenken, „würde sich das auf die Höhe der Betriebskosten niederschlagen.“ Sie hofft, dass sich die Bürger noch ein paar Tage gedulden, bis das „Rabattenteam“ anrückt.