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Turmfalken „Personalausweis“ für Nestlinge

Ein prächtiger „Wurf“ ist einem Turmfalkenpaar gelungen: Acht Eier haben Vogelkundler im Gelege im Turm der Loitscher Kirche gezählt.

Von Detlef Eicke 13.06.2020, 01:01

Loitsche l Die Anzahl der geschlüpften Jungvögel sei ein bemerkenswerter Bruterfolg. Im Regelfall seien es drei bis fünf Nestlinge, erklärt Rudi Schröter. „Der Bruterfolg lässt sich an der hohen Mäusepopulation festmachen. Es ist genug Nahrung für die Nestlinge da“, merkt der pensionierte Umweltingenieur an. Über Jahre in der Umweltschutzabteilung im Kaliwerk tätig, hat er sich mit Natur- und Artenschutz beschäftigt. Das Interessengebiet des Vogelkundlers sind Turmfalken, auch als Rüttelfalken bekannt.

Die sieben Nestlinge zu beringen, ist Thomas Suckow, Zootierinspektor im Tierpark Bernburg, am 23. Mai eigens nach Loitsche angereist. „Ihm gilt unser Dank, dass er regelmäßig und mit großem Engagement die Beringung durchführt“, stellt Schröter klar.

Nach etwa 30 Tagen Brutzeit schlüpfen die Jungvögel. Etwa 30 bis 40 Tage beträgt die Nestlingszeit. Turmfalken haben eine maximale Lebenserwartung von etwa zwölf bis 14 Jahren. Im Durchschnitt werden sie aber nicht so alt.

Turmfalken haben eine hohe Verbreitungsdichte und sind vielen Menschen mittlerweile vertraut, da sie sich Dörfer und auch Städte als Lebensraum erobert haben. Oft können sie beim sogenannten Rüttelflug beobachtet werden. Sie stehen wie alle Greifvögel unter Artenschutz, sind nach derzeitigem Stand in ihrem Fortbestand nicht gefährdet.

Der tagaktive Turmfalke benötigt offene Strukturen: Freies Gelände also und die Sicht von oben, damit er seine Beute gut erkennen und schlagen kann. Daher ist er im Wald nicht anzutreffen. Die Spezies ernährt sich überwiegend von Kleinsäugern. Diese stehen mit etwa 65 Prozent auf der Speisekarte des Falken. Auch vor Vögeln, Großinsekten oder Eidechsen macht er nicht Halt.

Dass den Turmfalken Kleinsäuger besonders schmecken, macht Rudi Schröter am großen Bestand von Feld- und Wühlmäusen deutlich. Der habe sich durch die milden Winter beträchtlich erhöht und sei daher bevorzugtes Beutespektrum. „Der Greifvogel bekämpft diese Kleinsäuger nachhaltig und wirkt als natürlicher Regulator“, weiß der Experte.

Bei der Wahl ihres Brutplatzes sind Turmfalken recht flexibel, mit dem Nestbau verschwenden sie keine Zeit. Beide Altvögel teilen sich die Aufzucht. Zuerst kümmert sich das Männchen um die Versorgung, das Weibchen betreut den Nachwuchs. Aus Nestlingen werden Ästlinge. Sie halten sich einige Zeit in der Umgebung des Brutplatzes auf. Sie lernen Beute schlagen, werden aber von den Eltern weiterhin versorgt. Sind die jungen Falken selbstständig, erfolgt eine schmerzlose Trennung von den Eltern.

„Seit etwa 20 Jahren beobachten wir die Turmfalken, die sich in der Kirche heimisch fühlen. Seit zehn Jahren werden die Greifvögel beringt“, erzählt Gemeindekirchenrat Dieter Stichnoth. Der Brutplatz befindet sich über dem Portal in etwa zehn Metern Höhe. Auf der darunter befindlichen Treppe haben die Nestlinge ihre Ausscheidungen hinterlassen. Dank Unterstützung durch das Kaliwerk ist dort 2018 ein Kotblech angebaut worden.