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Vandalismus Ottergang der Ohrebrücke zerstört

Die Zerstörungswut an der Ohrepromenade in Wolmirstedt hat einen neuen Schauplatz. Der Ottergang unter der Ohrebrücke wurde zerstört.

Von Gudrun Billowie 06.09.2018, 01:01

Wolmirstedt l An der Ohre leben Fischotter. Das naturbelassene Ufer bietet genügend Unterschlupf, doch Fischotter sind scheue Gesellen und meist des nachts unterwegs. Manchmal zeigen Totfunde, dass eine Population vorhanden ist. Doch auch die lebenden Exemplare hinterlassen sichtbare Spuren, nämlich ihre Losung, die Ausscheidungen. „Damit markieren sie ihr Revier, besonders an engen Stellen und Brücken“, weiß Jörg Brämer von der Naturschutzbehörde des Landkreises Börde.

Fischotter leben am und im Wasser und obwohl sie sich gerne in Höhlen oder unter überhängenden Baumwurzeln einnisten, pflegen sie eine seltsame Eigenart: Sie schwimmen nicht unter Brücken hindurch.

Lieber laufen sie darüber hinweg oder balancieren über Baumstämme, aber ins fließende Gewässer wagen sie sich unter solcherlei Unterführungen nicht. Dieses Verhalten kann den Tieren gefährlich werden, denn nehmen sie den Weg über die Brücke, können sie schlimmstenfalls überfahren werden.

„Deshalb ist es seit langem üblich, den Ottern unter Brücken einen Gang zu errichten“, sagt Jörg Brämer. Die Naturschutzbehörde hat solche Gänge auch beim Bau der neuen Ohrebrücke gefordert und sie wurden auf beiden Uferseiten des Flusses errichtet.

Doch dann kamen Menschen und machten die Ottergänge kaputt. Schon wenige Monate nach Brückeneinweihung sind diese Tierwege zerstört. Mit roher Gewalt wurden Steine, große Brocken, herausgerissen und ins Flussbett geschleudert. Kaum zu glauben, dass sich diese Brocken mit bloßen Händen aus dem Boden brechen ließen. Das Material war verdichtet, sämtliche Lücken mit Erde verfüllt. Auf der Oberfläche sollte eigentlich Gras wachsen, damit die wasserliebenden Tiere nicht auf der trockenen Erde entlang laufen müssen. Doch auch dieses Grün konnte sich nicht entwickeln. Außerdem wurden die Widerlager der Brücke mit Graffiti beschmiert.

Im Wolmirstedter Rathaus ist das Entsetzen groß. Die Baufirma muss beauftragt werden, den Ottergang wieder herzustellen. Ob die Versicherung den Schaden begleicht, ist ungewiss.

Dabei ist es überhaupt nicht erlaubt, sich unter dieser Brücke aufzuhalten. Das Areal gilt als Betriebsgelände, die Treppe, die dort hinunterführt, ist eine Wartungstreppe, die keineswegs für Besucher gedacht ist.

Womöglich wird sich auch bald niemand mehr verbotenerweise unter der Brücke aufhalten, wenn wieder mehr Wasser in der Ohre fließt und die Abende kühler werden.

Der niedrige Wasserstand zeigt aber auch, dass beim Brückenbau ein paar Materialien im Flussbett vergessen wurden. Die werden von der Baufirma demnächst beseitigt.

Die Steininseln im Flussbett neben der Brücke allerdings gehören dorthin, gelten als natürliche Ansammlung, ergänzen den Weg für Fischotter und Co., dienen Tieren als Furt.

Mit der Zerstörung der Ottergänge setzt sich der Vandalismus an der Ohrepromenade fort. Aus der Betonverankerung gerissene Bänke, zerstörte Bänke, geklaute Bänke, gestohlene Papierkörbe, besprühte Skulpturen... die Liste ist lang. Die Stadt hat die Nase voll und stellt keine neuen Bänke auf. So haben Spaziergänger nur wenig Möglichkeiten, sich unterwegs niederzulassen und den Blick auf die Ohre samt Wassergetier und über die Wiesen schweifen zu lassen. Und auch die Fischotter finden nur noch unschöne Bedingungen vor. Auf diesen demolierten Gängen werden sie wohl nur ungern unter die Brücke unterqueren.