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Zugestimmt Kurfürstnachfahre kauft Bürgerhaus

Ein Nachfahre des Kurfürsten Joachim Friedrich will das Bürgerhaus in Wolmirstedt kaufen.

Von Gudrun Billowie 01.04.2016, 01:01

Wolmirstedt l Das Bürgerhaus soll in private Hände gehen. Ein Nachfahre des Kurfürsten Joachim Friedrich wird das Gebäude kaufen. Am 1. Juni soll der Vertrag unterschrieben werden. Der Stadtrat hat bereits zugestimmt.

Wie erst jetzt bekannt wurde, laufen die Verhandlungen zwischen Friedrich Josef von Hohenzollern und der Stadt schon länger, wie bei Grundstücksangelegenheiten üblich, hinter verschlossenen Türen. Bürgermeister Martin Stichnoth (CDU) bestätigte entsprechende Gerüchte nun auf Volksstimme-Nachfrage. Für Wolmirstedt und deren klamme Kasse sei dieser Verkauf eine große Erleichterung, sagte der Bürgermeister, das Haushaltsdefizit von 1,3 Millionen Euro lasse sich allein durch Kürzungen der freiwilligen Leistungen kaum minimieren.

Friedrich Josef von Hohenzollern lebt in Adelheidsdorf im niedersächsischen Landkreis Celle. Die direkte Linie zum Kurfürsten hat Museumsleiterin Annette Pilz aufgrund historischer Unterlagen beglaubigt. Auf Volksstimme-Nachfrage bestätigte der Adlige die Kaufabsichten für das Bürgerhaus. „Mein Vorfahre, der Kurfürst Joachim Friedrich, hat über 30 Jahre in Wolmirstedt gewirkt, das Gymnasium trägt seinen Namen. Meine Familie hat sich immer für das Wachsen und Werden der Stadt interessiert“, sagt der Hohenzoller. Durch die Online-Artikel der Volksstimme habe er von den finanziellen Schwierigkeiten der Stadt erfahren

Friedrich Josef von Hohenzollern ist 43 Jahre alt und hat Wolmirstedt bisher zwei Mal besucht. Dabei sei ihm das Kleinod Schlossdomäne sofort ans Herz gewachsen, besonders weil es sich um die Wirkungsstätte seiner Vorfahren handelt. Kurfürst Joachim Friedrich lebte von 1546 bis 1608 und verbrachte rund 30 Jahre mit seiner Frau Katharina von Küstrin in Wolmirstedt. Die Gemahlin kümmerte sich besonders um die Witwen und Alten und richtete beispielsweise einen Milchhof im „Schwarzen Adler“ ein. Die einstige im Fachwerkstil erbaute Gaststätte stand gegenüber der Polizei und ist längst weggerissen. „Dieses Grundstück hätte ich auch gerne gekauft“, sagt von Hohenzollern, „aber ich habe davon Abstand genommen, weil ich mit ganzer Kraft in das künftige Mehrgenerationenhaus auf der Schlossdomäne investieren will.“

In dem einstigen Herrenhaus sollen Wohnungen entstehen, die von jungen Familien und älteren Bürgern bewohnt werden sollen. Dazu sind umfangreiche Umbauarbeiten notwendig und bereits vom Denkmalschutz abgesegnet. Die augenscheinlichste Änderung werden zwei Außenfahrstühle sein, die einen barrierefreien Zugang, auch in die oberen Etagen, gewährleisten.

Innen werden vor allem weitere Sanitäreinlagen entstehen. Der jetzige Festsaal wird durch den Einzug von Zwischenwänden zur separaten Wohnung gestaltet. Vom Trauzimmer wird eine Tür in den benachbarten Malraum gesetzt, sodass eine Seniorenwohnung entsteht. Die derzeit vom OK-Live-Ensemble als Büro genutzten Räume werden zusammengefasst und durch eine Tür im jetzigen Flur zu einer großen Wohnung separiert.

Ebenso werden im Erdgeschoss Grundrisse für die Wohnnutzung angepasst. „Ich hoffe, dass sich hier Menschen wohlfühlen“, sagt der Hohenzoller, „der Blick in den Schlossgarten und auf die Ohre entschädigt sicher für die relativ klein geratenen Wohnungen.“

Die im Bürgerhaus ansässigen Vereine nahmen die Nachrichten über den Verkauf mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis. Besonders das Integrationsbündnis, das erst vor Ostern drei neue Räume eingeweiht hat, zeigt sich bestürzt. Der Stadtrat hat jedoch bereits eine Lösung gefunden. Das Integrationsbündnis kann in die jetzige Bibliothek ziehen, die im ehemaligen Pferdestall untergebracht ist.

Die Bibliothek ihrerseits werde in das Torhaus verlegt. Das passe gut ins Konzept, da noch in diesem Jahr komplett auf digitale Literatur umgestellt werde. Bücher werden nur noch über das Internet auf elektronische Lesegeräte verliehen. Lagerkapazitäten werden somit nicht mehr benötigt.

Erleichtert hingegen reagiert der Verein „Schranke“. Mit dem Verkauf des Bürgerhauses entfalle die Suche nach einem neuen Geschäftsführer sowie die Bewirtschaftung des Hauses. Die Lust auf Kultur können die Vereinsmitglieder trotzdem weiterhin ausleben. Friedrich Josef von Hohenzollern wird den Schlosskeller jederzeit für Tanz oder Kabarett öffnen. „Das wird auch unsere Mieter begeistern“, hofft er.

Chor, Fotoclub, die Malfrauen und auch die Töpferfrauen dürfen sich ebenfalls weiterhin im Keller kreativ austoben. Für das OK-Live-Ensemble gibt es bereits Unterbringungsangebote aus Barleben. Unmittelbar nach Vertragsabschluss soll der Umbau beginnen.