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Tschernobylkinder Ausflug führt in die Zerbster Lokalredaktion

Besondere Gäste hatte die Zerbster Volksstimme. Waisenkinder aus Brjansk erholen sich derzeit in Reuden und kamen vorbei.

Von Daniela Apel 19.07.2015, 20:00

Zerbst l Nein, Journalist möchte keiner werden. Lächelnd schütteln die Mädchen und Jungen aus dem russischen Brjansk den Kopf. Nur Ira träumt von einem Beruf als Fotografin. Wenig später hält sie eine Kamera in der Hand und drückt auf den Auslöser. „Da bekommen sie Konkurrenz“, bemerkt Dr. Ljuba Schmidt schmunzelnd. Sie ist die Vorsitzende des Vereins, der sich in der atomar verseuchten Großstadt unweit von Moskau seit über 20 Jahren engagiert. Zu den unterstützten Einrichtungen in Brjansk gehörte rasch das Waisenhaus Schukowa. „Wir haben regelmäßig Lebensmittel, Kleidung oder auch medizinische Geräte hingebracht“, erzählt Ljuba Schmidt von den organisierten Konvois.

Die seit 1995 bestehenden Kontakte wurden nach personellen Veränderungen in den Leitungspositionen durch kirchliche Verbindungen nun wieder aufgefrischt. Inzwischen hat sich das Waisenhaus mit angeschlossener Schule tüchtig gemausert. 78 Kinder und Jugendlichen im Alter von acht bis 15 Jahren leben momentan dort, wie Elena Petrakowa berichtet. Sie ist die stellvertretende Direktorin und unternimmt zusammen mit Ira, Sascha, Serjoscha, Dascha und dem talentierten Fußballspieler Slawa diese aufregende Reise. Erst am Donnerstag ist die kleine Gruppe nach einer langen Fahrt mit dem Kleinbus in Reuden eingetroffen, wo der Verein das einstige Forsthaus zu einem gemütlichen Kinderbauernhof umgebaut hat.

Begleitet werden die Sechs von Valentina Izkowa. „Sie ist Vorsitzende der ,Reudener Kolchose‘, Dolmetscherin, Köchin und Erzieherin“, sagt Ljuba Schmidt anerkennend über ihre „rechte Hand“ in Brjansk. Vor Ort schaut sie, wer zu einem Erholungsaufenthalt nach Deutschland geholt wird – ein Unterfangen, das inzwischen mit vielen bürokratischen Hürden sowie der teuren und aufwendigen Beschaffung von Pässen und notwendigen Dokumente verbunden ist, wie die Vereinsvorsitzende schildert. Das erschwert es auch, wie bisher sozialschwache Familien einzuladen, die neben dem eigenen Nachwuchs auch Waisen aufgenommen haben.

So kommt es zu der Premiere, dass die jungen Bewohner von Schukowa nun zweieinhalb Wochen in der Bundesrepublik verbringen. Ein kulinarisches Abenteuer haben die Zehn- bis 15-Jährigen gleich nach ihrer Ankunft im Fläming genossen und sich die erste Pizza ihres Lebens schmecken lassen. Der Abstecher in die Zerbster Lokalredaktion folgt am Freitag.

Neben einem Ausflug in den Dessauer Tierpark sind Reiten, Baden und ein Thermenbesuch geplant – allerdings im hessischen Witzenhausen. „Dort habe ich viele Sponsoren gefunden“, sagt Ljuba Schmidt. In Reuden bleibt die Gruppe aufgrund fehlender Geldspenden nur kurze Zeit. Auch die vorübergehende Unterbringung in deutschen Familien gestaltet sich nicht wie gedacht. Zwar gibt es Magdeburger, die zwei Kinder aufnehmen. „Die Mädchen und Jungen dürfen aber nicht in den Familien übernachten“, bedauert die Vereinsvorsitzende. Aber sie unternehmen tagsüber etwas mit ihnen. Denn: „Waisenkinder bleiben Kinder ohne Eltern, die viel Zuwendung brauchen“, betont Ljuba Schmidt.