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Einbrüche in Zerbst Auf keinen Fall den Helden spielen

Bei uns gibt es nichts zu holen. Warum sollte jemand einbrechen? Doch wer glaubt, von Einbrüchen verschont zu bleiben, kann sich irren.

Von Petra Wiese 23.07.2015, 14:33

Steutz l Ob Täter manche Objekte gezielt oder ganz spontan auswählen, bleibt offen. Immer häufiger werden Einbrüche in Privathäuser, Wohnungen, Lauben oder Garagen gemeldet. Es könnte im Prinzip jeden treffen.

Erst am Sonntagmorgen waren in Steutz Einbrecher am Werk, vermutlich dieselben, zwei Brüche kurz hintereinander. Aber wer will schon dabei sein, wenn es tatsächlich passiert. Die Hausherrin in der Roßlauer Straße hatte keine Wahl. Sie stand dem Einbrecher gegenüber …

Am Sonnabendabend war sie nach 22 Uhr nach Hause gekommen, stellte den Wagen in der Garage ab, verschloss alles, wie immer. Recht früh am Sonntagmorgen gegen 7 Uhr trieb es die Steutzerin in den Garten. Sie fütterte die Fische, und ihr Mann zeigte ihr, was er am Abend zuvor während ihrer Abwesenheit geschafft hatte. Während er wieder verschwand, war sie mit Arbeiten für ihr Hobby beschäftigt.

Plötzlich nahm sie - nicht bewusst - ein Geräusch war, als wollte jemand das elektrisch betriebene Garagentor öffnen. Erst als es in der Garage polterte, kam ihr der Gedanke, ob womöglich die Katze eingesperrt war? Auch diesen Gedanken verwarf sie. Als es erneut polterte, lag die Vermutung nahe, dass ihr Mann in die Garage gegangen war. Vielleicht wollte er nachsehen, ob das Auto richtig eingeparkt war?

Als die Frau die Garagentür öffnete, stand ein Fremder vor ihr – „Anderthalb Meter vor mir, anderthalb Köpfe größer als ich.“ In schwarzen Motorradklamotten und schwarzem Dreieckstuch unter der Nase. Nein, der Sohn war das jedenfalls nicht. Was machen Sie denn hier? ... oder so ähnlich formulierte sie die Frage an den Mann, der in beiden Händen Taschen trug. Eiskalt drängte der Mann die verdutzte Frau in der Türfüllung zur Seite, bückte sich unter der Türfüllung hindurch und ging mitsamt dem Diebesgut in Richtung Gartentür hinaus. Plötzlich war bei der Hausherrin der Überraschungseffekt vorbei. Sie rief: „Stehen bleiben!“ und lief dem Einbrecher hinterher. Auch der Terrier nahm die Verfolgung auf. Hund und Frauchen holten auf, denn der Einbrecher hatte schwer zu tragen. „Hilfe, Diebe!“ schrie sie schließlich beim Laufen, doch der Mann erreichte bald das kleine blaue Auto, in dem ein Komplize abfahrbereit wartete. Kavalierstart und weg. Nun noch das Kennzeichen in der Aufregung merken... (Dies stellte sich leider als gefälscht heraus.)

Die Gartentür ausgehängt, hatte der Einbrecher den vermeintlich sicher versteckten Garagennotschlüssel im Nebengelass gefunden. Mitgenommen wurden elektrische Geräte, Werkzeuge, Campingartikel und das Sportzeug des Hausherrn, Letzteres wohl eher spontan gegriffen. Die Familie konnte sich nach der  Aufregung den ganzen Tag nur schwer beruhigen.

Schlösser wurden inzwischen ausgetauscht und andere Sicherungsmaßnahmen getroffen. Ob noch mehr Sicherheitsvorkehrungen helfen würden, ist fraglich. „Wo die rein wollen, kommen die auch rein“, ist die heimgesuchte Steutzerin überzeugt. Nicht die gestohlenen Sachen schlagen auf den Magen, die sind ersetzbar. Schlimm ist der Gedanke, der bleibt, dass die Einbrecher drin waren, dass sie auch ins Haus kommen könnten...

Wie handelt man richtig, wenn Einbrecher in der Garage oder im Haus sind? „Das ist immer situationsbedingt“, so der Regionale Bereichsbeamte Holger Sticherling. Ein Patentrezept gibt es da nicht. „Auf jeden Fall sollte man den oder die Täter nicht reizen“, empfiehlt Sticherling. Schließlich weiß man nie, ob derjenige nicht auch noch bewaffnet ist. Man müsse immer abwägen, wie weit man sich selber in Gefahr begibt, wenn man versucht, sein Gegenüber festzuhalten oder zu verfolgen.

Kriminalhauptkommissar Dieter Hesse mahnt auf jeden Fall zu Vorsicht: „Man sollte auf keinen Fall den Helden spielen.“ Eher sollte man versuchen, der Konfrontation aus dem Weg zu gehen und die Polizei zu rufen. Es kommt immer auf die Situation an. Manchmal ergibt sich die Möglichkeit, den Raum abzusperren, wo der Täter sich befindet. „Für den Einbrecher ist das auf jeden Fall eine Stresssituation“, warnte Hesse, und man weiß nie, wozu derjenige im Stande ist. Auf jeden Fall will er nicht erkannt werden, so dass die meisten flüchten. Da heißt es, sich alles genau einzuprägen, bis hin zum Autokennzeichen und die Polizei rufen.

Bei Wohnungseinbrüchen kommt es vor, dass die Bewohner oben schlafen und unten räumen die Einbrecher alles aus. Wer da wach wird, sollte sich so verhalten, dass die Täter mitbekommen, dass jemand im Haus ist, was diese vorher vielleicht nicht wussten. Dann verschwinden die Diebe meistens schnell. Selbst in Sicherheit gilt es, auf die Polizei zu warten. „Selber einen Einbrecher zu stellen, das kann gefährlich sein“, warnte der Kriminalhauptkommissar noch einmal.