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Debatte Leser-Tenor: Wer trennt, zahlt drauf

„Wir verbrauchen unsere Pflichtmüllmarken nicht.“ Der Tenor in der Zerbster Bevölkerung ist leicht auf den Punkt zu bringen.

Von Daniela Apel 19.11.2015, 10:00

Zerbst l Die Regelung der Abfallentgelte betrachtet Frank Möhring als „eine der größten Abzocken im Landkreis Anhalt-Bitterfeld“. Es sei traurig, dass hier „von Seiten unserer ,Volksvertreter‘ nicht eingeschritten werden kann“, meint der Zerbster. Dass die vorgeschriebene Müllmindestmenge zu hoch ist, belegt er mit einem Foto, das die vielen bezahlten, aber ungenutzten Banderolen seit 2011 zeigt.

„Meine Pinnwand ist nach wie vor mit übriggebliebenen Müllmarken dekoriert. Jedes Jahr kommt eine neue Farbe hinzu“, bestätigt auch Gerlinde Bütof. Sie und ihr Mann seien täglich in ihrem Geschäft in Dessau. „Wir haben dort auch eine Mülltonne und eine Refood-Tonne für Gastronomieabfälle“, erklärt sie, dass dadurch zu Hause kaum Abfälle anfallen. „Ich kann einfach nicht so viel zusammensuchen, um die Tonnen zu füllen, da wir ansonsten alles fein säuberlich trennen“, sagt die Zerbsterin.

„Die größte Schweinerei ist, dass es keine Möglichkeit gibt, nicht verbrauchte Marken zurückzugeben.“

Volksstimme-Leserin Doris Obst

„Von den 16 Banderolen, die wir als Vier-Personen-Haushalt nehmen müssen, haben wir bis jetzt noch elf übrig“, berichtet Yvetta Grebe aus Zerbst. „Es ist einfach zu viel, was man abnehmen muss“, findet sie. „Es war schöner, als ich die Marken noch so gekauft habe, wie ich sie brauchte.“

Nach anfallender Müllmenge bezahlen, das wäre auch für Christina Weber aus Leps die beste Lösung. „Man braucht die vorgeschriebenen Banderolen nicht, selbst, wenn man nicht ordentlich trennt. Das ist bloß Geldschneiderei“, meint sie. Das Argument, dass mehr Müll in den Wäldern landet, wenn die Mindestmenge abgesenkt wird, lässt sie nicht gelten. Auch jetzt mit den 40 Litern pro Person und Monat werde viel Müll illegal an Straßenrändern und in der Natur entsorgt. Vielmehr fragt sie sich, ob die Touren der Müllwerker mit den Müllfahrzeugen zur ihren privaten Wohnhäusern mit in die Gebührenkalkulation fließen.

„Die größte Schweinerei ist, dass es keine Möglichkeit gibt, die nicht verbrauchten Müllmarken zurückzugeben“, erklärt Doris Obst. Der Anreiz, den Müll zu trennen, fehlt ihrer Ansicht nach momentan vollkommen. „Wenn ich so viele Tonnen nehmen muss, dann werfe ich alles rein“, sagt sie.

Auch der Zerbster Rolf Kiefer wirft notgedrungen Dinge in die Tonne, die dort eigentlich nicht hineingehören. „Die Gläser und Getränkeflaschen zertrümmere ich und dann kommen die mit in die Tonne. Sonst würde ich die Tonne gar nicht vollbekommen.“ Seine Frau arbeitet auswärts und ist oft mehrere Tage, manchmal Wochen, nicht zu Hause. Er hält das jetzige System für sehr unflexibel. Von den acht zugewiesenen Banderolen nutze er im Jahr durchschnittlich zwei.

Diese Erfahrung haben auch andere gemacht. Erika Hörnlein aus Zerbst hört es regelmäßig klimpern, wenn die Müllabfuhr die Tonnen abholt. „Viele werfen zum Beispiel auch Glas in die Tonne, weil sie die sonst nicht vollbekommen würden.“ Erika Hörnlein und ihr Mann verbrauchen im Jahr von ihren acht Banderolen lediglich zwei. „Mein Mann sucht oft schon irgendetwas zusammen, damit man die Tonne nicht allzu leer rausstellt. Wenn eine Familie kleine Kinder hat die noch Windeln brauchen, dann passt es vielleicht. Aber für einen normalen Haushalt ist die Mindestmüllmenge viel zu hoch bemessen“, sagt Erika Hörnlein am Telefon.

Nicole Aderholz, zweifache Mama, kann von ihren Erfahrungen mit der Müllmindestmenge berichten. „Wir sind ein Vier-Personen-Haushalt. Meine Kinder sind zwei und vier Jahre alt. Der Kleine trägt noch Windeln. Und auch trotz des Windelmülls verbrauchen wir nie 16 Marken im Jahr. Oft bleiben vier bis fünf Marken übrig.“

Elke Klaue aus Jütrichau ist alleinstehend. In ihre Restmülltonne schmeißt sie auch öfter Kompostabfälle. „Sonst würde ich sie nie vollbekommen“, erklärt sie am Volksstimme-Telefon. „Da bezahlt man Geld für Leistungen, die man nicht bekommt“, ist sie wütend.

Ähnlich geht es Birgit Herrmann aus Nutha. Sie versuche immer krampfhaft ihre Marken zu verbrauchen. „Doch es gelingt einfach nicht. Wir sind ein Zwei-Personen-Haushalt und trennen unseren Müll ordentlich.“ Ihrer Meinung nach müsste man einfach alles in die Tonnen schmeißen, damit man überhaupt an die Müllmindestmenge komme.