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Interview Vieles realisiert und Neues angekurbelt

Was das neue Jahr für die Zerbster bringt, verrät Bürgermeister Andreas Dittmann im Interview mit Redakteurin Daniela Apel

Von Daniela Apel 01.01.2016, 00:01

Wo hat sich Zerbst in diesem Jahr am meisten verändert?

Wir sind wieder an mehreren Stellen vorangekommen. Wir haben in unsere Infrastruktur investiert, wie in der Jeverschen Straße, dieses Projekt ist mittelfristig angelegt, umfasst Abwasser- und Regenwasserkanäle und wird bis in die Karl-Marx-Straße fortgeführt. Die Jüdenstraße wurde grundhaft ausgebaut, die Stadtmauer im Bereich Klosterhof saniert und in Zerbst-Nord erlebte der Vereinssport mit der Errichtung der Turnhalle durch den Kreis eine deutliche Verbesserung.

Aber auch im Umland hat sich einiges getan...

Erfreulich ist, dass nach langem Disput die Dobritzer Straße in Deetz saniert werden konnte. Und da finden sich mehrere Beispiele, bei denen die Stadt zusammen mit dem Landkreis tätig war. So konnte der Sport durch gemeinsame Anstrengungen von Sportlern, Stadt und Kreis für Schule und Verein in Lindau gesichert werden. Nächstes Jahr gelingt uns dann hoffentlich der Erwerb der Sporthalle. Gebaut wird an der Wasserburg in Walternienburg, die Ringmauer der Lindauer Burg wurde geschlossen. Zu den Dauerbrennpunkten gehört der Elberadweg. Da befinden wir uns immer noch in der Hochwasserschadensbeseitigung. Aber das dauert eben deswegen etwas länger, weil wir nicht nur irgendwo neuen Schotter auskippen, sondern große Abschnitte grundhaft ausbauen können.

Ihr Fazit?

Wir kommen Stück für Stück weiter. Zumal wir für künftige Projekte den Grundstein legen konnten. Ich denke da an die Übergabe des Fördermittelbescheids durch Landesbauminister Thomas Webel. Nicht nur, dass wir kommendes Jahr im Schloss wieder Sicherungsmaßnahmen erleben können. Es ist ebenfalls das Startsignal gegeben für die Nutzung des Frauenklosters. Und nachdem über Jahre der Rückbau – also Abriss – unser Begleiter war, wird nun bald wieder innerstädtisch gebaut und investiert. Wir werden 2016 mindestens zwei beginnende Baustellen haben: Ecke Breite/Wolfsbrücke mit dem Projekt der Arbeiterwohlfahrt und am Breitestein mit der Errichtung eines Hospizes. Auch für die Bebauung der Jüdenstraße mit dem Lückenschluss am Markt sind die Weichen gestellt.

Fortgeführt wurde in diesem Jahr die Modernisierung der B 184 – ist inzwischen klar, um wie viel sich der Zerbster Kostenanteil erhöht?

Statt 183 000 Euro werden wir vermutlich mit allen Nebenanlagen, also Fuß- und Radwegen, Straßenquerungen und so weiter bei 350 000 Euro landen. Meine Bemühungen, den in der Kreuzungsvereinbarung festgesetzten Betrag durchzusetzen, waren leider nicht von Erfolg gekrönt. Die deutliche Kostenexplosion hat jedoch gezeigt, dass zukünftig in der Vorbereitungs- und Planungsphase viel deutlicher zwischen Landesstraßenbaubehörde und Kommune kommuniziert werden muss, um sich frühzeitig auf solche Entwicklungen einstellen zu können.

Welches waren für Sie 2015 die besonderen Höhepunkte?

Da hat natürlich jeder seine eigenen Schwerpunkte, aber wir haben die 50. Zerbster Kulturfesttage, die 13. Internationalen Fasch-Festtage und das 800. Weihejubiläum von St. Bartholomäi gefeiert. Die Zerbster Kegelsportler setzen weiterhin Weltmaßstäbe. Wir hatten eine gelungene Gewerbefachmesse, die uns den notwendigen Rückenwind für die 25. Auflage im Mai 2016 gibt.

Welche weniger schönen Erlebnisse gab es?

Wir blicken auf 70 Jahre Frieden in Deutschland zurück, leider können wir nicht mehr von 70 Jahren Frieden in Europa reden, was zum Grübeln anregen muss. Ich bin im Frühjahr von russischen Gästen gefragt worden, wann ich glaube, dass zwischen Russland und Deutschland wieder Krieg ausbricht, wann, nicht ob. Das ist mir sehr in die Knochen gefahren und deshalb bin ich auch ein Verfechter deutsch-russischer Entspannung. Das Schicksal unserer Stadt führt uns das täglich vor Augen.

Hat Sie noch etwas bewegt?

Abgründe eröffnen sich mir, wenn ich die Reden eines Björn Höcke (AfD-Sprecher; Anm. d.Red.) oder Lutz Bachmann („Pegida“-Chef) höre. Ängste und Sorgen von Bürgern ernst zu nehmen ist etwas anderes, als solche zu schüren und Hass und Ausgrenzung zu sähen. Und leider haben wir auch dieses Jahr von Menschen Abschied nehmen müssen, die eine leere Stelle hinterlassen. Solche Momente führen einem dann immer vor Augen, dass unsere Zeit nur geliehen ist.

Was hat Sie 2015 überrascht?

Mich begeistert nach wie vor die Bereitschaft vieler Bürger, sich über das normale Maß hinaus zu engagieren. Diese Einsatzbereitschaft für ihren Ort, die Stadt, unser kulturelles Erbe, bei den Rettungs- und Hilfsorganisationen – oder in diesen Tagen in der Flüchtlingshilfe. All das ist unser eigentlicher Reichtum.

Welches war ihr persönlich eindrucksvollstes Erlebnis?

Hier ragen die Begegnungen in unseren Partnerstädten heraus. Im Juni war ich zu einem Kurzbesuch in unserer russischen Partnerstadt Puschkin. Dieser Besuch stand von Beginn an unter dem Eindruck des Ukraine-Konfliktes. Die vielen Gespräche vor Ort haben mir einmal mehr gezeigt, wie wichtig unsere Partnerschaft ist und welche Bedeutung der gegenseitige Austausch hat. Etwas ganz besonderes haben dann natürlich unsere Jeveraner Freunde auf die Beine gestellt. Das 25-jährige Partnerschaftsjubiläum war ein echtes Bürgerfest. Man merkte, dass hier alle mit dem Herzen dabei sind. Ein ganz großes Kompliment. Das war wirklich stark.