1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Tagebuch eines Politik-Praktikanten

Bundestag Tagebuch eines Politik-Praktikanten

Der Zerbster Gymnasiast Florian Westphal verlebte kürzlich ein Praktikum im Bundestag.

Von Florian Westphal 04.01.2016, 11:00

Zerbst l Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. So ist es auch nicht selten in der großen Politik. Der Praktikumstermin beim Bundestagsabgeordneten Kees de Vries (CDU) stand schon lange fest. Für einen Tag in die große Politik hineinschnuppern, den Tagesablauf kennenlernen, an Sitzungen teilnehmen, die Büroarbeit verfolgen und ein Ohr haben für die vielen Gespräche, so war es geplant. Doch der Bundesparteitag der CDU sorgte dafür, dass ich nicht schon um 8.30 Uhr zur Arbeitsgruppensitzung auf der Matte, und noch früher in seinem Büro zu stehen brauchte. Auch die Fraktionssitzung stand erst am späten Abend auf der Tagesordnung, und dass mir Frau Merkel an diesem Tag über den Weg lief, war somit auch ausgeschlossen.

Doch das hieß nicht, dass es an diesem Tag keine Arbeit gab. Denn was letztlich nach den vielen Stunden in Berlin bleibt, sind für mich als Gymnasiast und Schüler der achten Klasse des Zerbster Francisceums unvergessliche Eindrücke.

Mit Schlips, Kragen und blanken schwarzen Schuhen ausgestattet, galt es zuerst einen Einblick in die Büroarbeit zu bekommen. Der für die Pressearbeit von Kees de Vries zuständige Mitarbeiter, Tobias Lehnert, der selbst einmal im Zerbster Gymnasium die Schulbank drückte, begleitete mich durch den Tag. Auch freute es mich, den Büroleiter David Sobich, der mich bereits einmal durch das Bundestagsgebäude führte, wiederzusehen.

Wie sollte es anders sein: Nach intensiver Kontrolle am Eingang wie am Flugplatz mit Durchleuchtung der Sachen, konnte ich das angemeldete Praktikantenschild an mein Revers stecken. Ein großer unübersehbarer Aufsteller im Büro von Kees de Vries fiel als Erstes ins Auge. Eine Kuh schaute mich an. Natürlich hat das seinen Grund. Ist er doch Landwirt aus Deetz und bewirtschaftet mit seiner großen Familie einen großen Hof mit Ackerbau und Viehzucht.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Bundestagsabgeordnete hier das anpackt, was ihm liegt und wo er besonders mitreden kann: Landwirtschaft. Eine Sache interessierte mich besonders: Die niedrigen Milch- und Fleischpreise, die den Bauern zu schaffen machen, und die machbare Einflussnahme der Politik wurden angesprochen.

Und wenn man schon die Gelegenheit hat, dann müssen auch schon mal kritische Punkte angesprochen werden, so politische Entscheidungen, die Otto-Normalverbraucher nicht immer nachvollziehen können. Da ging es um die Flüchtlingspolitik und um viele Gelder, die kurzfristig zur Verfügung stehen müssen im Gegensatz zu fehlenden Lehrern oder um Euros, die man für Schulsanierungen dringend gebrauchen könnte. Ebenso kamen AfD und Pegida und der Zulauf nach Rechts zur Sprache.

Am Nachmittag stand ein besonderer Höhepunkt auf dem Programm. Zwar habe ich schon Vieles im Reichstag sehen dürfen, doch Tobias Lehnert führte mich durch das Labyrinth des Regierungsviertels. Teils unterirdisch ging es durch die breiten Gänge mit Ausstellungen und einigen Geschäften.

Dann wiederum hat man auf der Brücke zwischen dem Paul-Löbe- und dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus einen besonders beeindruckenden Blick, der zu jeder Tages- und Jahreszeit sein besonderes Flair über das Regierungsviertel ausstrahlt.

Zu schnell vergingen die Stunden. Schon stand der Abschied an. Schade. Schnell noch Bilder und ein Text auch für den Facebook-Auftritt zusammengestellt und schon war der Nachmittag auch Geschichte. Besonders habe ich mich über das Abschiedsgeschenk gefreut. Neben einem Bundestags-Terminkalender erhielt ich einen dicken Wälzer mit persönlicher Widmung über das Haus und deren „Bewohner“.

Ach: Und eine Praktikumsbeurteilung soll ich auch noch bekommen. Hoffentlich auch eine gute. Schließlich macht sich solch ein seltenes Dokument zum Beispiel bei einer späteren Bewerbung für eine berufliche Laufbahn recht gut.