1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Hühnerfüße, Nacken und Schneeaffen

Gesteingsarten Hühnerfüße, Nacken und Schneeaffen

Um einen Stein reicher ist der Gesteinsgarten Gommern. Dr. Klaus Erler brachte aus dem Erzgebirge einen Phyllit mit.

Von Manuela Langner 05.01.2016, 06:00

Gommern l Im Yukata, einem japanischen Gewand, trat Dr. Klaus Erler am Abend vor seine gut 50 Zuhörer in der Versammlungsstätte am Volkshaus. Obwohl der Gesteinsgartenverein zu dem Vortrag eingeladen hatte, sprach er wenig über Geologisches. Und das mit Absicht. „Wir sind nur noch wenige Geowissenschaftler“, erklärte Vereinschef Klaus Schulze.

„Bevor man nach Japan fährt, muss man was lesen“, legte Dr. Erler seinem Publikum ans Herz. Im Land des Lächelns lauerten für den Europäer nämlich „eine Menge Fettnäpfe“. Wie das Naseputzen in der Öffentlichkeit oder den Durchblick beim Wechseln der Schuhe zu behalten.

Mit seiner Japan-Reise erfüllte sich Klaus Erler einen langgehegten Wunsch: Er wollte die berühmten Schneeaffen einmal mit eigenen Augen sehen. „Für ein gutes Foto braucht man ein gutes Verhältnis zu den Affen.“ Statt einen Tag, wie es für Touristen üblich ist, blieb er neun Tage dort („Das bedeutete neun japanische Festessen, weil Übernachtungen nur in Kombination damit verkauft werden“). Seine Fotos erzählten die langsame Annäherung an die Tiere, bis sie ihm schließlich die Haare befühlten, während er in einer heißen Quelle badete.

Das schauten sich seine ehemaligen Kollegen übrigens live an. Eine Videokamera hat das Treiben der Affen immer im Blick. Die „Snow Monkey Livecam“ überträgt es im Internet. Also hatte er angekündigt: „Am Donnerstag um vier sitze ich bei den Affen“.

Seine zweite Etappe führte Dr. Erler nach Tokio. Was dem Betrachter als ganz großes Durcheinander erscheint, ist eigentlich der Plan des U-Bahn-Netzes der Metropole, die mit Peripherie über rund 32 Millionen Einwohner verfügt.

Man müsse sich nur Farbe, Buchstaben und Zahlen merken, dann finde man sich auf dem Streckennetz zurecht, versicherte Dr. Erler. Auch vor den Ticketautomaten müsse man sich nicht fürchten. „Alles ganz einfach“.

Natürlich könne man sich auch einer Reisegruppe anschließen und nicht alles auf eigene Faust erkundigen. „Aber das ist mir zu langweilig.“

Der talentierte Erzähler nahm sein Publikum nicht nur auf riesige Kreuzungen und in stille japanische Gärten („Die sind eine Philosophie, alles ist durchdacht, nichts dem Zufall überlassen.“) mit, sondern auch in ein Toilettenstudio. In einem Land, wo die Menschen so viel Wert auf Reinheit und Sauberkeit legen, verwundert es nicht, dass „gute Toiletten“ mit 16 Funktionen ausgestattet sind, unter anderem einer Heizung.

Außerdem wurde Dr. Erler Zeuge diverser Hochzeiten. „Japanerinnen werden nie ein Dekolletee haben.“ Der freigelegte Nacken gelte als erotische Zone.

„Ein Kult, den sie sich nicht vorstellen können!“, beschrieb er die Kirschblüte. Jeder habe seinen Baum und fotografiere täglich den Stand, wie weit die Blüten seien. Der Jugendkult Manga sei für europäische Maßstäbe ebenfalls „völlig aus dem Ruder“ gelaufen. Das betreffe auch das Obst und Gemüse, das wie aus dem Bilderbuch aussah - allerdings auch dementsprechend teuer war. „Ich habe nur fleckiges Zeug gegessen, dann kommen Sie auf einen Preis wie bei uns.“

Um als Urlauber regelmäßig in Restaurants essen zu gehen, sind die Preise zu hoch. Klaus Erler behalf sich mit einer Instant-Nudelsuppe, die es in diversen Geschmacksrichtungen gebe.

„Und die Hühnerfüße?“, wurde er aus dem Publikum gefragt. „Die möchte ich in der Woche nicht zweimal haben.“ Schmecken würden sie ungefähr wie das Fette vom Eisbein. Probiert hatte er sie während seines Aufenthaltes bei den Schneeaffen.

Und das Frühstück in Japan?, erkundigte sich der nächste Zuhörer. „Nicht unser Ding.“ Aber eine Reise nach Japan sei unbedingt zu empfehlen. Er hatte seinen Urlaub dort um genau ein Jahr verschieben müssen, weil es wenige Tage vor Abflug zur Fukushima-Katastrophe gekommen war.

Klaus Erler stellte nicht nur Land und Leute vor und sprach dabei die liebenswürdigen Eigenheiten an. Er ging auch auf negative Aspekte ein, wie die Leistungsgesellschaft, das große Problem, eine Wohnung zu finden oder die hohe Selbstmordrate.

Außerdem räumte er mit dem Vorurteil auf, bei Geishas handele es sich um Prostituierte. Die Frauen müssten eine fünfjährige Ausbildung absolvieren, mindestens ein Instrument spielen und die „Literatur hoch- und runterkennen“.