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Stadtarchiv Behütete Quellen bergen so manchen Schatz

Die erste Führungen durch das Zerbster Stadtarchiv waren sehr gut besucht. Der Tag der Archive bot den Rahmen dazu.

Von Daniela Apel 08.03.2016, 11:00

Zerbst l Noch immer liegt der Staub vergangener Jahrzehnte auf so manchem Dokument, das in den Kirchenarchiven von St. Bartholomäi ruht. „Der Schimmelpilz in der Lunge ist eine Archivarskrankheit“, erzählt Hannes Lemke. Er selbst blieb trotz aller Vorsicht davon nicht verschont. „Einige Akten sind noch völlig unberührt“, schildert er der interessierten Runde zugleich das Faszinierende, was seine Arbeit ausmacht. Immer wieder entdeckt er neue spannende Quellen. Denn das Pfarr- und Gemeindearchiv sowie das Stiftsarchiv St. Bartholomäi und das Superintendenturarchiv sind bislang nur zum Teil verzeichnet. „Wir erleben immer wieder Überraschungen“, erklärt Hannes Lemke mit leuchtenden Augen.

Die Wurzeln der Kirchenarchive liegen wohl hier im 13. Jahrhundert, beginnt er seine Erläuterungen unmittelbar in der Bartholomäikirche. „Die Ursprünge kennen wir nicht“, berichtet er von den erwähnten Gewölben, in denen das Archiv lagerte. Für das Gotteshaus selbst sind keine Kellergewölbe nachgewiesen. Fakt wiederum ist, dass die Anfänge der Anhaltischen Landeskirche in Zerbst liegen, der schriftliche Beleg findet sich in einem Ordinationsbuch von 1578. Das ins Schweinsleder eingefasste, noch unrestaurierte Dokument gehört zu den Stücken, die Hannes Lemke in einer kleinen Ausstellung im Pfarrhaus zusammengetragen hat. Anlass ist der Tag der Archive, der am Wochenende deutschlandweit begangen wird.

Eingebettet in die 51. Zerbster Kulturfesttage öffnet auch das Historische Stadtarchiv im Rathaus am Sonnabend seine Türen. Verteilt über den Tag werden vier Führungen angeboten, die insgesamt 104 Besucher anlocken. Von Juliane Bruder erfahren sie Wissenswertes aus der Geschichte des Archivs, dessen Bestände beim Luftangriff auf Zerbst 1945 zu 80 Prozent verlorengingen. Erhalten blieben rund 500 Pergament- und 500 Papierurkunden, Stadthandbücher und Bauschulzeichnungen sowie 200 wissenschaftliche Bücher. „Die Schoß-Register, die Steuerregister sozusagen, sind interessant, weil darin Namen und Straßen auftauchen“, bemerkt die junge Archivar. Nicht weniger spannend seien die Stadthandbücher, da sie die Ausgaben verzeichneten. „Von daher wissen wir, wann Luther in Zerbst war, denn er hat ein Bier als Geschenk bekommen“, erzählt Juliane Bruder. Ihr Lieblingsstück, die prunkvolle dreibändige Cranachbibel, hat sie zwar nicht aus dem Tresor hervorgeholt. Stattdessen bestaunen die Gäste eine zusammengenähte Urkundenrolle oder auch einen spätmittelalterlichen Kerbzettel, eine Art geteilte Urkunde, wobei beide Vertragsparteien je einen Teil erhielten. Schließlich geht es hinab in den Magazinraum, in dem ebenfalls neuzeitliche Akten wie die Klassenbücher der Zerbster Oberschulen schlummern. Rasch kommen Fragen auf, wie jene nach der Digitalisierung der Dokumente. „Momentan ist das weder personell noch finanziell machbar“, gesteht Juliane Bruder. Begrenzt ist derzeit auch der Platz, was sich allerdings ändern soll. So sollen im einstigen Frauenkloster auf die Breite zusätzliche Archiv- und Magazinflächen für das Museum hergerichtet werden, wie Bürgermeister Andreas Dittmann anmerkt. Er nimmt an der ersten der beiden Vormittagsführungen teil, an die sich das Angebot von Hannes Lemke anschließt, ihm quer über die Schloßfreiheit zu folgen, um einen Blick in die Bartholomäiarchive zu werfen. Von der Reformation bis heute reiche die Aktenlage, erklärt er mit Blick auf die Familienforschung, die auch Juliane Bruder gern betreibt. „Es ist am befriedigensten, wenn man Menschen bei der Suche nach ihren Vorfahren helfen kann“, findet sie.

Eine Wiederholung der Archivöffnungen wird es übrigens bei passender Gelegenheit geben.