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Flüchtlinge Berührungsängste abbauen

Bereits zum vierten Mal trafen im Willkommenscafé der Trinitatisgemeinde Flüchtlinge und Zerbster aufeinander.

Von Daniela Apel 16.04.2016, 07:00

Zerbst l „Unbegründete Ängste, die in der Bevölkerung bestehen, lassen sich hier ausräumen“, erklärt Romy Specht von der Trinitatisgemeinde. Lächelnd lässt sie den Blick durch den Vorraum der Kirche schweifen. Das nun zum vierten Mal angebotene Willkommenscafé hat sich inzwischen etabliert. Mittlerweile finden die alle zwei Monate durchgeführten Treffen in Kooperation mit Karin Zander, der Flüchtlingsbeauftragten der Diakonie, statt.

Bei Kaffee und Kuchen begegnen sich Asylsuchende und Deutsche. 47 Erwachsene und 18 Kinder sind es am Donnerstagnachmittag, die in geselliger Runde neue Kontakte knüpfen. Trotz Sprachschwierigkeiten ist die Verständigung nicht zuletzt dank Übersetzern kein Problem. Offen und freundlich gehen die Teilnehmer aufeinander zu, plaudern und lachen miteinander. Die unterschiedlichen Kulturen eint der spürbare Wunsch, sich gegenseitig kennenlernen zu wollen.

Das ist etwas, was Karin Zander zufrieden beobachtet. Denn zu oft existieren noch Hemmschwellen. „Einfach auf die Flüchtlinge zugehen, sie in Freizeitaktivitäten einbinden, mal auf eine Fahrradtour mitnehmen oder bei den Hausaufgaben helfen“, motiviert sie die Bevölkerung. Gern ist die Diakoniemitarbeiter da als Vermittlerin tätig. Sie selbst plant eine gemeinsame Aktion von Asylsuchenden und Anwohnern zum Internationalen Mülltag, die in Nedlitz stattfinden soll. Dort sind derzeit 60 Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht, 119 weitere in Zerbst. Es handelt sich um Familien wie der von Belal Alhussein, der seit fünf Monaten mit seiner Frau und der neunjährigen Tochter in der Rolandstadt lebt. „Zerbst ist sehr schön“, erklärt der Syrer auf Deutsch.

Auch Amina Al Fawaz beklagt sich nicht. Die vierfache Mutter möchte rasch einen Sprachkurs machen, um alles zu verstehen. „Die Zukunft hier ist besser“, sagt sie, obwohl sie nach Syrien zurückkehren möchte, wenn der Krieg dort vorbei ist. Ihr Sohn Abdullah Alkalel sitzt neben ihr. Er besucht die Integrationsklasse der Ganztagsschule Ciervisti. „Ich will Informatiker werden“, verrät er lächelnd und gesteht, dass er seine syrischen Freunde und Nachbarn vermisst. Zwar handelt es sich bei der Mehrheit der Flüchtlinge um Syrer, aber auch Afghanen und eine indische Familie hoffen auf Asyl.

„Wir müssen gucken, dass wir die Flüchtlinge in Arbeit bringen, dass sie in die Unternehmen hineinschnuppern können“, schildert Karin Zander eine anstehende Herausforderung. Unterdessen wird es musikalisch in der Trinitatiskirche. Während Gudrun Meyer zur Gitarre greift, zücken Pfarrer i.R. Heinz Lischke und Sibylle Flietel ihre Mundharmonikas. Fröhlich stimmen sie eines der bekanntesten deutschen Frühlingslieder an: „Alle Vögel sind schon da“. Kurz darauf tönt der Kuckuck durch das Gotteshaus, in dem sich Stimmengewirr mit Lachen paart.

Für den Nachwuchs gibt es gleich mehrere Überraschungen. Zum einen kommt Kerstin Tettenborn nicht mit leeren Händen zum Treffen. Die ehrenamtliche Helferin hat viele Spielsachen von der Spielzeugbörse des VHS-Bildungswerkes dabei, die in selbstbedruckten Stoffbeuteln verstaut sind. Jedes Kind darf sich aus der Fülle Geschenke aussuchen. Derweil hat Monika Grund aus Lübs zu Nadel und Faden gegriffen und Kuschelkissen mit liebevoll applizierten Motiven genäht, welche die Mädchen und Jungen ebenfalls dankbar entgegennehmen. So nimmt eine gelungene Veranstaltung ihren Verlauf, die nicht die letzte ihrer Art gewesen sein wird.

Zur Vermittlung von Hilfsangeboten können sich Interessierte an Karin Zander (03923/48 79 55) oder auch Christian Nels (039248/940 59) vom Runden Tisch zur Flüchtlingshilfe wenden.