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Heimatvereine Herzlichkeit von Anfang an

30 Jahre Freundschaft zwischen den beiden Heimatvereinen in Zerbst und Jever. Wie sich eine Freundschaft entwickelt.

Von Petra Wiese 28.08.2020, 06:00

Zerbst l Kontakte nach Jever hat es schon seit der Gründung des Zerbster Heimatvereins 1992 gegeben. „Auf kleiner Ebene“, so die Vereinsvorsitzende Irene Stephan. Im Jahre 2000 war es dann eine größere Delegation aus Zerbst, die im September zur 500-Jahrfeier Fräulein Maria an die Nordseeküste reiste. Fräulein Maria war die letzte Regentin des friesischen Kleinstaates, die im Jahr 1575 gestorben war.

Aus diesen Gedenkfeierlichkeiten ist quasi die Freundschaft zwischen den beiden Heimatvereinen erwachsen. Bei der Gelegenheit ergaben sich persönliche Gespräche zwischen den Vertretern des Jeverländischen Altertums- und Heimatvereins und denen des Zerbster Heimatvereins. Gegenseitige Besuche wurden geplant. Diese schliefen aber bald wieder ein.

2010 kam dann die Anfrage aus Jever, die Kontakte wieder aufzufrischen. Das ehemalige Vorstandsmitglied Klaus Homola war zum Heimatfest 2010 in Zerbst und suchte den Kontakt zum Heimatvereinsvorstand in Zerbst. Eine intensivere Zusammenarbeit lag im Interesse beider Vereine und sollte nun angegangen werden.

Im Mai 2011 waren der Zerbster Vereinsvorstand und interessierte Mitglieder nach Jever eingeladen. Irene Stephan erinnert sich an ein umfangreiches Programm bei dem dreitägigen Besuch. Die Zerbster lernten die Stadt und die Umgebung kennen, eine Schlossführung gehörte natürlich dazu. 2012 folgte der Gegenbesuch. Auch die Zerbster gaben sich alle Mühe, den Gästen ihre Stadt und Umgebung umfassend zu präsentieren.

In den Folgejahren wurden die wechselseitigen Besuche fortgesetzt. Für die Besuche findet sich beiderseits auch immer wieder etwas Neues, was es zu entdecken und zu zeigen gibt. Im vergangenen Jahr waren die Jeveraner zuletzt in Zerbst. Im Oktober ist der Gegenbesuch wieder in Jever geplant. Der Erfahrungsaustausch steht bei den Zusammentreffen im Vordergrund. Beidseitig wird vom Vereinsleben berichtet, von den durchgeführten Veranstaltungen, aber auch von den Sorgen.

Der Jeverländische Altertums- und Heimatverein hat dem Zerbster natürlich einige Jahre Erfahrungen voraus. Der Verein entstand aus dem 1886 gegründeten Altertumsverein Jever und dem 1920 gegründeten Heimatverein durch Zusammenschluss im Jahre 1923. Das Aufgebot an Mitgliedern und auch die Aufgabengliederung des Vereins unterscheiden sich. Während fehlender Nachwuchs in Zerbst Sorgen bereitet, haben auch die Jeveraner ihre Probleme.

Zu den Gemeinsamkeiten in den Vereinen zählt unter anderem die Mundartpflege. In Jever gibt es einen plattdeutschen Gesprächskreis und in Zerbst gehören Mundartlesungen mit Heidrun Franke zum Programm. „Wir versuchen auch immer, was Plattes einzubringen, wenn die Gäste da sind“, so Irene Stephan.

Etwas, was die Zerbster von den Jeveranern gelernt haben, ist das Boßeln. Die Friesen hegten schon die Hoffnung, dass sich diese Sportart in Zerbst etablieren könnte. Boßelkugel, Kraber – eine Art Kescher – und Schild gab es als Gastgeschenk für die Zerbster. Am Boneschen Weg fand man eine geeignete Strecke, um nach dem Besuch der Kegelbahn zu boßeln. Der Spaß wurde wegen Regen abgebrochen. Das Boßeln fasste in Zerbst nicht Fuß...

Durchweg aufgeschlossen tritt man sich stets gegenüber. Von Ossi-Wessi-Mentalität war nie etwas zu merken, erinnert sich Irene Stephan an die Anfangszeit. „Eher war Anerkennung dafür zu spüren, womit wir klar kommen mussten“, erzählte sie – keine Arroganz, nur Herzlichkeit von Anfang an. Inzwischen kennt man sich so gut, dass private Freundschaften gepflegt werden. Es wird telefoniert und anderweitig korrespondiert.

Die Besucherdelegationen bestehen in der Regel aus dem erweiterten Vorstand des Vereins. Übers Wochenende finden die Besuche meist statt. Mit dem Zug geht es auf die Reise. Die Aktivitäten trägt immer der Gastgeberverein. Nicht immer einfach ist es, den Transport der Gäste vor Ort zu organisieren. Doch die Begegnungen möchten die Vereine nicht missen. Auch werden die Delegationen immer von den jeweiligen Bürgermeistern empfangen. „Darin sieht man die Wertigkeit der Partnerschaft“, sagt Vorstandsmitglied Hartmut Luschgy.

Sehen sich die Jeveraner und Zerbster das nächste Mal wieder, wird wohl Corona ein Thema des Austausches sein. Die Pandemie hat auch den Heimatverein in bestimmten Dingen zurück geworfen, abgesehen von Veranstaltungen, die in den vergangenen Monaten nicht stattfinden konnten. Hier waren zum Beispiel Aktivitäten mit den Schulen auf Eis gelegt. Die Zusammenarbeit soll nämlich wieder ausgebaut werden. Anliegen ist es, das Interesse der Kinder und Jugendlichen für die Heimatgeschichte zu wecken und Wissen zu vermitteln.

Inzwischen ist der Zerbster Heimatverein, der 49 Mitglieder zählt und sich über jeden neuen Mitstreiter freuen würde, auch auf Facebook zu finden. Im nächsten Schritt ist eine eigene Internetseite geplant, um bekannter zu werden. Hier erhofft man sich Unterstützung durch das Gymnasium.