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Archäologie Abfall zeugt von fürstlichem Genuss

Austern gehörten zu den Lieblingsspeisen der Zerbster Fürsten. Das zumindest lassen die archäologischen Funde in Zerbst vermuten.

Von Daniela Apel 02.09.2020, 01:01

Zerbst l Exquisiten Gaumenfreuden gegenüber waren die Zerbster Fürsten ganz offensichtlich nicht abgeneigt. Neben Rind, Schwein und Geflügel ließen sie sich wohl recht häufig Meeresfrüchte wie Austern, Krabben und Miesmuscheln zu süffigen Weinen schmecken. Das zumindest lassen die Funde vermuten, die im Vorfeld der Sanierung des Westflügelweges im Schlossgarten ans Licht kamen.

In den Schächten zur Umverlegung der Elektrokabel entdeckte Frank Besener so manches Relikt vergangener Zeiten, das Aufschluss über die Speisetafel am Hofe gibt. Aber auch greifbare Zeugnisse zur Besiedlung der Stadt fanden sich. Details stellte der Grabungsleiter gemeinsam mit Dr. Dietlind Paddenberg vor Ort vor. Die zuständige Gebietsreferentin vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie war spürbar begeistert von den Funden und Befunden, die in den gut vier Wochen dokumentiert werden konnten. „Das Besondere ist immer wieder, dass selbst bei kleinen Schnitten enorme Erkenntnisgewinne möglich sind“, erklärte Dietlind Paddenberg. Sie geriet regelrecht ins Schwärmen hinsichtlich des Einblicks in verschiedene Epochen der Zerbster Geschichte, „so dass sich das Bild langsam verdichtet“.

Gut 3000 Jahre alte spätbronzezeitliche Spuren ließen sich genauso nachweisen wie zwei slawische Grubenhäuser, die ins 9./10. Jahrhundert datieren. Frank Besener erzählte von einem gestampften Fußboden in einem der in die Erde eingetieften Wohnbauten, in dem er Holzkohlereste fand, die auf eine Feuerstelle hindeuten könnten.

Erst später entstand an der Stelle eine Ringburg mit umfließenden Wassergraben. Ziegelreste der Anlage vermischt mit anderem Bauschutt ziehen sich bis heute in einer Planierschicht quer durchs Erdreich. „Das ist richtig fest und hart“, zeigte Frank Besener auf eine mit rötlichen Brocken durchsetzte Linie, die sich im Bodenprofil deutlich absetzt. Auffällig ist auch das freigelegte Kopfsteinpflaster, das allerdings nicht dem Mittelalter entspringt, sondern vom zu DDR-Zeiten angelegten Weg unterhalb der Böschung zum Schlosshof zeugt.

Die meisten Hinterlassenschaften stammen jedoch aus der Fürstenresidenz, für die 1681 die Grundsteinlegung erfolgte. Der benötigte Kies fand sich unmittelbar an der Baustelle. Etwa 40 Mal 20 Meter umfasst allein die Grube, die Frank Besener im Rahmen der Grabung erfassen konnte und die ursprünglich „feinsten Sand“ enthielt. Und das nicht weit entfernt von der Ziegelbrennerei, die sich damals dort befand, wo jetzt die Stadthalle steht, wie Dirk Herrmann, Vorsitzender des Fördervereins Schloss Zerbst, anmerkte.

Nun erwies sich genau dieses Kieslager als wahre Schatzgrube, denn es diente sozusagen als Müllhalde. Vor allem Küchenabfälle landeten darin. Die ausgehobene Erde war voll mit Austernschalen und Tierknochen, die Rückschlüsse auf die fürstliche Speisetafel zulassen.

Aber auch unzählige Glas- und Keramikscherben holte Frank Besener aus dem Füllmaterial hervor, wobei es sich unter anderem um Reste von Weinflaschen, Öllampen und Kacheln sowie Fayencen aus der Zerbster Manufaktur handelte. Ein verrostetes Hackmesser und Tonpfeifen mit eindeutigen Schmauchspuren sowie mehrere Münzen – darunter ein Mariengroschen von 1550 und ein Stadtpfennig von 1730 – traten ebenfalls zu Tage.

Zu den einzigartigen Stücken, die präsentiert wurden, gehörten ein zierlicher Silberring und ein zusammengebogener Silberlöffel. Rätsel gibt derweil noch der gefundene Gewehrbeschlag auf, der vielleicht von einer Spielzeugwaffe stammen könnte.