1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Zerbster verfasst Historie Anhalts

Ausstellung Zerbster verfasst Historie Anhalts

Einem vielseitig gebildeten Zerbster widmet das Museum der Stadt eine Ausstellung. Johann C. Beckmann verlegte 1710 die Historie Anhalts.

Von Daniela Apel 23.05.2017, 07:00

Zerbst l „Viele der Quellen, auf die Beckmann zurückgreifen konnte, existieren heute nicht mehr“, sagt Andreas Dittmann. Längst sei die von ihm verfasste „Historie des Fürstentums Anhalts“ zu einer Primärquelle für Historiker geworden, geht der Bürgermeister bei der Ausstellungseröffnung am Sonntagnachmittag auf die Bedeutung des gebürtigen Zerbsters ein.

Johann Christoff Beckmann sei ein vielseitig und umfassend gebildeter Gelehrter gewesen, erklärt Agnes-Almuth Griesbach. Neben alten Sprachen studierte er Geschichte und Theologie. Dank eines Stipendiums des brandenburgischen Kurfürsten konnte er sich zudem auf eine fast fünfjährige Reise durch Europa begeben. Während er in Amsterdam seine besondere Leidenschaft für den jüdischen Talmud entdeckte, tauchte er in London und Oxford in das Bibliothekswesen ein. Daneben berichtet die Museumsleiterin, wie er als Lehrender polnische Studenten unter seine Fittiche nahm. Das belegt unter anderem die Dissertation, die ein gewisser Andre Gregorius de Obori Oberski bei ihm 1679 einreichte und die in der Ausstellung zu sehen ist.

Im Mittelpunkt steht allerdings die 1710 in Zerbst verlegte „Historie des Fürstentums Anhalt“, die Beckmann über 15 Jahre beschäftigte. „Das opulente, dreibändige Werk setzt sich aus sieben Teilen zusammen“, verweist die Museumsleiterin auf eine private Leihgabe, die in einer der Vitrinen ruht. 1695 begann Beckmann mit seinem ehrgeizigen Projekt, für das er die anhaltischen Fürsten begeistern konnte. Der Briefwechsel mit ihnen ist erhalten und lagert im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz.

Genauso wie die standardisierten Fragebögen, die der Historiker erstellte und an kirchliche und fürstliche Verwaltungsbeamte zum Ausfüllen schickte. „Hier wird die Grundlage seines wissenschaftlichen Arbeitens deutlich“, erklärt Griesbach. Akribisch recherchierte Beckmann Fakten und Ereignisse und bezog sich in seinen Darstellungen auf wichtige Urkunden, die im Laufe der Zeit – nicht zuletzt in Folge der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg – verloren gegangen sind.

Recht geschwärzt haben die Kupferstichdruckplatten im Zerbster Schloss den Bombenangriff am 16. April 1945 überlebt, wie die Museumsleiterin mit Blick auf das reich illustrierte Geschichtswerk anmerkt. Porträts von Fürsten oder auch Stadtansichten konnten ergänzend zu den reinen Textbänden erworben werden, erzählt Agnes-Almuth Griesbach. Einige ausgewählte Kupferstiche, die durch ihren Detailreichtum bestechen, werden in der Ausstellung gezeigt. Aber auch originale Druckplatten können betrachtet werden.

Hinzu kommen Leichenpredigten aus der historischen Zerbster Francisceumsbibliothek, die ein Bild von der Persönlichkeit Beckmanns zeichnen, der mit 76 Jahren verstarb. „Gemeinsam mit seiner Frau hatte er 14 Kinder, von denen aber nicht alle das Erwachsenenalter erreichten“, schildert Griesbach.

Sie erzählt von dem recht umfangreichen Nachlass des Historikers, der sich bis heute erhalten hat. „Das sind etwas mehr als fünfeinhalb laufende Meter“, berichtet die Museumsleiterin. Allerdings sind einige Dokumente dringend zu restaurieren, weshalb sie nicht alle ausleihen konnte, die Zerbst betreffen.

Doch manch bedeutender Schatz hat den Weg aus den Archiven von Berlin beziehungsweise Frankfurt/Oder in die Sonderausstellung gefunden. Dazu zählt das originale Manuskript über die Geschichte der Chur- und Mark Brandenburg, die Beckmann im Auftrag des preußischen Königs Friedrich I. verfasste. Ihre Veröffentlichung erlebte er allerdings nicht mehr.

Die Sonderausstellung anlässlich des 300. Todestages von Johann Christoff Beckmann läuft bis zum 30. Juli und kann dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr besichtigt werden. Wer mag, kann eine Kunstdruckmappe mit den Stadtansichten der anhaltischen Residenzen aus Beckmanns Historie im Museum erwerben.