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Bahnhof Fremdenfeindlicher Übergriff?

Ein Vorfall auf dem Zerbster Bahnhof beschäftigt Polizei und Staatsanwaltschaft.

Von Daniela Apel 14.07.2016, 06:00

Zerbst l Zurückhaltend und gefasst steht der 34-Jährige auf dem Bahnsteig. Seine schwarzen Haare und der dunklere Hautton verraten seine ausländische Herkunft. Der junge Mann stammt aus Pakistan. Seit drei Jahren lebt er in Deutschland, arbeitet als Leiharbeiter in Zerbst und wohnt in einem Dorf im Umland. Seinen rechten Arm kann er noch nicht richtig belasten. Grund ist ein Vorfall, den er nicht wieder vergessen wird. „Versuchter Totschlag“ lautet der Tatvorwurf. Zugleich ermittelt der Staatsschutz wegen eines fremdenfeindlichen Motivs, wie Sebastian Opitz, Pressesprecher der Polizeidirektion (PD) Ost, bestätigt.

In gebrochenem Deutsch schildert der 34-Jährige, was sich am 30. Juni kurz vor Mitternacht zugetragen hat. Bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich hatte Portugal gerade über Polen gesiegt, als er an jenem Donnerstag nach der Spätschicht mit dem Zug wieder in seinen Wohnort fahren wollte. Auf Gleis 1 wartete er auf die Regionalbahn in Richtung Magdeburg. „Ich habe allein hier gesessen“, zeigt er auf den Unterstand am nördlichen Eingang. Dann tauchte eine Gruppe von vier Personen auf – drei Männer zwischen circa 20 und 25 Jahren sowie eine jüngere Frau mit einem kleinen Hund an der Leine. Sie gingen auf Gleis 2 hinüber. Als sie den 34-Jährigen schräg gegenüber sahen, kamen zwei der Männer zu ihm herüber.

„Sie begannen eine Unterhaltung“, schildert er, wie das Gespräch rasch einseitig wurde und sie ihn beleidigten. Einer der beiden habe eine Flasche zerschlagen, da sei er vor Angst weggelaufen. Doch er stolperte und fiel hin. Er berichtet, wie sie ihn schlugen und traten, als er am Boden lag. Bis zum Ende des Bahnsteiges trieben sie ihn. Waren es zunächst nur die Zwei, kam später auch der dritte junge Mann zu ihnen gelaufen. Als sich der Angriff schließlich auf die Gleise verlagerte, näherte sich die Regionalbahn. Als er den Zug kommen sah, schaffte es der 34-Jährige noch, schnell aufzustehen. So hatte er Glück im Unglück. „Meine Schulter ist gebrochen.“ Er erzählt ebenfalls von Verletzungen an Knie und Ellenbogen. Die Wunde über dem linken Auge musste genäht werden. Fünf Tage dauerte sein Aufenthalt im Krankenhaus. Der Lokführer hatte den Notruf gewählt und blieb mit dem Zug auf dem Bahnhof, bis der Krankenwagen eintraf.

Wohin die mutmaßlichen Täter verschwunden sind, ist unklar. Vielleicht fuhren sie mit dem Zug in Richtung Leipzig, vielleicht kehrten sie auch in die Stadt zurück. Womöglich hat jemand die Gruppe in Zerbst beobachtet oder auf ihrem Weg zum Bahnhof gesehen.

Staatsanwaltschaft und Polizei bitten jeden, der Angaben zu den beteiligten Personen oder dem Vorfall machen kann, sich unter der Telefonnummer 0340/600 02 91 oder per E-Mail an lfz.pd-ost@polizei.sachsen-anhalt.de an die PD Ost zu wenden.